Modernisierung:Domizile des Wirtschaftswunders

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Viele Häuser aus den Fünfzigern und Sechzigern wechseln derzeit die Besitzer - und müssen umfangreich modernisiert werden.

Von Lars Klaaßen

Die Nachkriegsarchitektur steht zum Verkauf. "Immer mehr junge Familien kaufen Bungalows und Siedlungshäuser aus den fünfziger und sechziger Jahren. Viele übernehmen sie auch von ihren Eltern und Großeltern und möchten die Immobilien zeitgemäß sanieren", sagt Bernhard Riedl vom Regionalbüro München und Umland des Verbands Privater Bauherren (VPB). Wer wissen will, was dabei ansteht, sollte schon bei der ersten Besichtigung einen Bausachverständigen hinzuziehen. "Erfahrungsgemäß müssen 40 Prozent der Kaufsumme zusätzlich in Modernisierungsarbeiten investiert werden, bevor ein Haus aus dieser Zeit technisch auf dem heutigen Stand ist", schätzt Riedl.

Dämmung? Energieeffizienz? In den Nachkriegsjahren - im Bild eine Münchner Baustelle 1950 - waren das Fremdwörter. Die Außenwände waren meist nur 24 Zentimeter dick - da geht viel Energie verloren. (Foto: Foto: SZ-Archiv)

Ein kritischer Blick auf die Außenwände ist unerlässlich: Als die Häuser der Nachkriegszeit gebaut wurden, war von Energiekrise oder Umweltstandards noch keine Rede. Die Außenwände sind in der Regel nur 24 Zentimeter dick, hinter den Heizkörpern sind die Wände noch dünner, dort geht viel Energie verloren. Ein weiteres Problem der dünnen Wände ist die Kondensation: Wird nicht genug gelüftet, lässt die warme und feuchte Luft des Innenraums sich am kältesten Punkt des Raumes nieder. Liegt der an einer ungedämmten Außenwand, kann sich Schimmel bilden.

Aus diesem Grund ist auch Vorsicht bei der Fenstersanierung geboten: Wer Einscheibengläser durch Isolierscheiben ersetzt, greift massiv in das bauphysikalische Gefüge des Hauses ein. Waren bislang die gering gedämmten Fenster die kältesten Flächen im Innenraum, auf deren Scheibe sich die Feuchtigkeit bildete, können es dann Teile der Außenwand sein, die kühler sind als das neue Fenster. Laut Energieeinsparverordnung entsprechen Einscheibengläser zwar nicht mehr den heutigen Anforderungen und müssen ausgetauscht werden - aber nicht im selbstgenutzten Einfamilienhaus. In vielen Fällen tut es auch schon die Instandsetzung.

Wer richtig dämmen will, sollte über die Außenwände das Dach nicht vergessen. Die meisten Häuser aus den Fünfzigern krönen schlichte Satteldächer mit Speichern. Oft hat man sie als Abstell- oder Trockenraum genutzt, eben weil es dort so schön luftig war. Genau das ist heute ein Problem: Dämmung fehlt völlig. Wer den Speicher belassen möchte, wie er ist, kann aber mit einfachen Mitteln Abhilfe schaffen. Ist der Boden des Dachgeschosses gut gedämmt, wird verhindert, dass die Wärme aus den unteren Etagen ins ungeheizte Dach verpufft. Die Energieeinsparverordnung schreibt das inzwischen verbindlich vor.

Das Original nicht vernachlässigen - das Auge wohnt mit

Bei aller Modernisierung sollte der Stil des Originals nicht vernachlässigt werden, das Auge wohnt schließlich mit. Und ästhetisch haben viele Häuser aus der Nachkriegszeit einiges zu bieten. Das gilt auch für Mietwohnungen, die immerhin ein Viertel des Bestandes in Deutschland ausmachen. Nicht nur Eigenheimbesitzer, auch die deutschen Wohnungsunternehmen und ihre Mieter wissen Wohnhäuser aus der Nachkriegszeit zu schätzen: "Die Gebäude liegen meist günstig innenstadtnah und sind schon deswegen beliebt", sagt Ingrid Vogler, wissenschaftliche Mitarbeiterin für die Bereiche Energie, Technik und Normung beim Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW). Weitere Vorteile: Sie haben in der Regel nicht allzu viele Geschosse, und ihre Außenanlagen sind begrünt. "Ökologisch und ökonomisch rechnet sich oft eine umfassende Renovierung dieser Immobilien", meint Vogler. Die Mitglieder des GdW lassen sich das zwischen 500 und 1000 Euro pro Quadratmeter kosten. Über die Hälfte davon geht in die "Wohnwertverbesserung", also in die Sanierung von Balkons, Sanitäranlagen oder Grundrissänderung. Der Rest fließt in Dämmung und Erneuerung der technischen Ausstattung. Ein Vorteil bei der Sanierung: Die meist einfache Struktur der Gebäude lässt die Vorhaben kostengünstiger ausfallen als bei Immobilien aus früherer oder späterer Zeit.

Beim Verband Privater Bauherren ist der "Leitfaden für die Modernisierung eines Hauses aus den 1950er oder 1960er Jahren" erhältlich. Weitere Informationen: www.vpb.de

© SZ vom 9.5.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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