Mobilfunk:Strahlend Wohnen

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Acht Fragen zum Mobilfunk, acht Antworten - aber keine gesicherten Erkenntnisse.

Von Christian Mayer und Philip Wolff

(SZ vom 5.12.2001) Wenn Peter Hofmann den Fernseher einschaltet, lässt er die Jalousien runter. Der 58-jährige Frühpensionär lauscht seinen Lieblingssendungen mit einem drahtlosen Kopfhörer, doch seit auf dem Nachbargebäude des Sozialministeriums in der Winzererstraße 9 eine Mobilfunkanlage in den Himmel ragt, rauscht es im Ohr: Hofmann hört ein Summen, das immer dann stärker wird, sobald er zum Fenster tritt.

Die Antennen auf dem Dach des Ministeriums sind zwar 50 Meter Luftlinie entfernt, doch Hofmann glaubt, dass es die Masten sind, die ihm den Fernsehspaß vermiesen. "Beweisen kann ich das aber nicht", klagt er. Hofmann steht mit seinem Ärger nicht alleine.

Am Montag verhinderten 60 Pasinger bereits zum zweiten Male die Montage eines Sendemasten auf einem Hotel in der Maria-Eich-Straße. Kranwagen und Tieflader des Mobilfunkbetreibers Viag Interkom mussten unverrichteter Dinge wieder abziehen. Sind die Ängste berechtigt? Drohen Gesundheitsrisiken - und sind die neuen UMTS-Anlagen gefährlicher als die alten Masten? Die SZ hat sich bei Experten erkundigt.

Was ist das für eine Strahlung?

Beim Mobilfunk handelt es sich um eine kurzwellige, elektromagnetische Strahlung. Die Wellenlängen liegen im Zentimeterbereich. Diese Strahlung ist damit wesentlich energieärmer als das sichtbare Licht und die Wellenlängen unterhalb des sichtbaren Lichtes wie bei UV-, Röntgen- und Gammastrahlen.

Was können die Strahlen bewirken?

Nur in extrem hoher Intensität können sie zur Erwärmung der bestrahlten Umgebung führen und beim Menschen Sinnesreize auslösen - etwa in der harmlosen Variante des Hautkribbelns und zu Berge stehender Haare unter einem Starkstrommast. Über Langzeit-Effekte wie Erkrankungen - vom Kopfschmerz bis hin zum Krebs - liegen nur Studien vor, deren Beweiskraft umstritten ist.

Was ist UMTS?

Die neue Mobilfunktechnik UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) soll die bisher in Europa gängige GSM-Technik (Global Standard for Mobile Communication, in Deutschland die D- und E-Netze) ablösen. Sie ermöglicht die mobile Übertragung von Bildern, Videos, Musiktiteln und Buchtexten in Sekundenschnelle. Die Sendeleistung der UMTS-Antennen von 15 bis 30 Watt wird aber nicht höher liegen als bei der GSM-Technik. Allerdings werden mehr Masten gebraucht. In München erhöht sich ihre Zahl voraussichtlich um etwa 330 auf über tausend.

Wie weit ist der Stand der Forschung?

Über Effekte der Mobilfunkstrahlung auf die menschliche Gesundheit liegen bislang keine gesicherten Erkenntnisse vor. Aus Versuchen bekannt sind lediglich Effekte der Strahlung auf Gehirnströme, auf einzelne Zellen und auf Tiere - in wie weit sie aber auf die Gesundheit des Menschen übertragbar sind, ist umstritten. Bislang sind mehr als 20000 Studien, Forschungsberichte und Fachartikel über biologische Effekte elektromagnetischer Felder erschienen, die aber keinen wissenschaftlich gesicherten Nachweis bringen. Die größte Studie haben dänische Forscher nach einer Untersuchung von 420095Handynutzern im Frühjahr vorgelegt. Danach ergibt sich zumindest kein erhöhtes Krebsrisiko für Mobiltelefonierer.

Welche Grenzwerte gibt es?

Die deutschen Werte orientieren sich an den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das Bundesumweltministerium muss die Höchstwerte für Hoch- und Niederfrequenzanlagen bestimmen. Mobilfunkkritiker fordern seit langem die Einführung der Schweizer Grenzwerte, die um den Faktor 100 niedriger liegen als bei uns. Einige Bürgerinitiativen fordern noch extremere Grenzwerte - Mobilfunk wäre dann technisch nicht mehr realisierbar.

Wer genehmigt Mobilfunkanlagen?

Wenn die Sendestation die Höhe von zehn Metern nicht überschreitet, ist laut Bayerischer Bauordnung keine Genehmigung der Kommune notwendig. Um eine Basisstation aufzubauen, muss dann nur eine Standortbescheinigung der Regulierungsbehörde vorliegen; viele Städte und Gemeinden weigern sich indes, den Mobilfunk-Betreibern öffentliche Gebäude zur Verfügung zu stellen.

Können Anwohner eine Sendeanlage gerichtlich verhindern?

Im November 2000 scheiterte ein Anwohner vor dem Oberlandesgericht Frankfurt, der gegen eine Sendeanlage von T-Mobil geklagt hatte. Eine Gefährdung durch Elektrosmog konnte dem Gerichtsurteil zufolge nicht nachgewiesen werden.

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