Mobilfunk in München:Weniger Strahlung auf Privat-Dächern

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Die Stadt versucht, die Belastung der Münchner durch Mobilfunk-Strahlung zu verringern: Sie erlaubt Handy-Firmen, die Masten künftig bevorzugt auf städtischen Gebäuden zu errichten.

(SZ vom 4.6.2003) Die Stadt versucht, die Belastung der Münchner durch Mobilfunk-Strahlung zu verringern, indem sie es den Netzbetreibern erlaubt, die Masten künftig bevorzugt auf städtischen Gebäuden zu errichten. Der Umweltschutzausschuss beschloss gestern fast einstimmig (gegen das Votum der ÖDP-Stadträtin Mechthild von Walter) das Münchner Vorsorgemodell für Handymasten auf städtischen Liegenschaften.

Betreiber mit Kontroll-Pflicht

Kernpunkt des neuen Modells ist eine Immissionsprognose in Form eines 3D-Modells, die von den Netzbetreibern vorgelegt werden muss. Sie sollen ihre Handymasten nur dann auf ein städtisches Gebäude setzen dürfen, falls diese Prognose beweist, dass dadurch die Strahlung für die Anlieger und die Nutzer des städtischen Objekts minimiert wird.

Künftige Standorte

Voraussetzung dafür ist, dass das Gebäude die umliegende Bebauung deutlich überragt.

Städtische Gebäude, die von Kindern und Jugendlichen genutzt werden, stehen für Handymasten grundsätzlich nicht zur Verfügung.

Ausnahmen sind nur dann möglich, wenn dies alle wünschen (also beispielsweise die Schule selbst). Damit trägt die Stadt auf Initiative der CSU-Stadträtin Ursula Sabathil dem so genannten Duisburger Modell Rechnung, das darauf setzt, dass direkt unter dem "Strahlenschirm" solcher Antennen die Strahlenbelastung am geringsten ist.

Grenzwerte umstritten

Gesundheits- und Umweltschutzreferent Joachim Lorenz (Grüne) sagte gestern, mit diesem Beschluss sei München "auf dem richtigen Weg im Rahmen unserer lokalen Möglichkeiten". Es ist nämlich so, dass die Stadt keine Handhabe hat, den Mobilfunk-Betreibern Grenzwerte für ihre Antennen vorzuschreiben. Die 26. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz legt derzeit für ganz Deutschland einen Grenzwert für hochfrequente elektromagnetische Felder fest, der sich zwar nach den Empfehlungen der Internationalen Strahlenschutzkommission richtet, von vielen Kritikern aber als zu hoch eingestuft wird.

Der SPD-Stadtrat Sven Thanheiser, Sprecher seiner Fraktion im Umweltschutzausschuss, nannte den deutschen Grenzwert "astronomisch hoch". Angesichts der Tatsache, dass München diese Werte nicht vorschreiben könne, sei jedoch schon viel gewonnen, dass die Betreiber beziffern müssten, welche Strahlung von ihren Anlagen ausgeht, dass dies durch Kontrollen überprüft werde und dass man die Strahlung minimieren könne, indem man die geeigneten Gebäude suche.

Appell zum Mitmachen

Er appellierte an den Freistaat, der seine Gebäude bisher ohne Auflagen für Antennen vermietet, sowie an den Haus- und Grundbesitzerverein, beim Münchner Modell mitzumachen.

Alte Ablehnung der Stadt

Der Stadtrat hat sich schon des öfteren mit dem Thema Mobilfunk befasst und im November 2001 beschlossen, städtische Gebäude nur dann für Handymasten zur Verfügung zu stellen, wenn der Netzbetreiber nachweist, dass er den Münchner Vorsorgewert (ein Zehntel des deutschen Grenzwertes) einhält. Das akzeptierten die Mobilfunkfirmen jedoch nicht und wichen auf private Dächer aus, was die Belastung der Anwohner erhöhte.

So wurden die Antennen am Harlachinger Krankenhaus abgebaut und auf ein Privatgebäude gesetzt, von wo sie jetzt in einen privaten Kindergarten strahlen. Ähnliche Fälle gab es in Johanneskirchen und in Aubing.

Wohngebiete schonen

Zur Sprache kam im Stadtrat auch das Beispiel der Nachbargemeinde Gräfelfing, wo man ohne Antennen in Wohngebieten auskommen will. Es lässt sich allerdings kaum auf München übertragen, weil Gräfelfing nur 15 Antennen-Standorte hat, München aber jetzt schon etwa 790 Standorte mit mehr als 6000 Einzelanlagen benötigt.

Diskutiert wurde auch, ob die Zahl der Antennen nicht dadurch reduziert werden kann, dass man höhere Masten aufstellt. Dies hätte aber zur Folge, dass dann die Handys mehr strahlen und die Antennen mit höherer Sendeleistung arbeiten müssten, um den Empfang zu sichern. Diese Variante scheitert auch daran, dass zu viele Münchner zu oft zum Handy greifen und den Netzbetreibern jeden Tag 13 Millionen Verbindungen bescheren. Das Geld übrigens, das die Stadt durch die Vermietung ihrer Dächer einnimmt, soll nicht den Haushalt sanieren. Man will damit Projekte finanzieren, mit denen die Strahlungsbelastung der Münchner reduziert wird.

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