Mietvertrag:Grenzen der Individualität

Lesezeit: 2 min

Der Vermieter will sein Eigentum so weit wie möglich schützen, aber nicht jede Klausel im Mietvertrag gilt.

Andrea Nasemann

(SZ vom 14.06.2002) "Bis zu den Grenzen der Sittenwidrigkeit und Treu und Glauben ist individualvertraglich alles regelbar", so Rechtsanwalt Uwe Pel. Sogar im wesentlich reglementierteren Wohnmietrecht sei noch genügend Raum für Verhandlungslösungen.

Verantwortung abgeben

Allerdings sollte man sich in der Rechtsprechung gut auskennen, denn in der Vergangenheit wurden viele Mietvertragsklauseln in Formular- und Individualverträgen von den Gerichten kassiert.

Wer zum Beispiel die Kosten der Instandsetzung auf den Mieter abwälzen will, kann dies nur für Mängel tun, die durch den Gebrauch des Mieters entstanden sind oder zumindest aus dessen Risikobereich stammen und nicht durch einen Dritten verursacht wurden.

Auch darf es sich nicht um einen anfänglichen Mangel handeln.

Abwälzbare Kosten

Werden diese Grenzen beachtet, sind auch die Kosten für Kleinreparaturen in viel größerem Umfang per Individualvertrag auf den Mieter verlagerbar, als dies in den in Umlauf befindlichen Formularverträgen vorgesehen ist.

Streit über Vertragsklauseln

Ob Regelungen zulässig sind oder nicht, hängt in erster Linie davon ab, ob es sich um ein Gewerbe- oder ein Wohnraummietverhältnis handelt und ob die Regelungen individuell ausgehandelt oder in einem Formularvertrag vereinbart wurden.

Kommt es zum Streit, hat der Vermieter immer dann bessere Karten, wenn er nachweisen kann, dass die Bedingungen im einzelnen ausgehandelt wurden. Dafür muss er allerdings darlegen können, dass er den wesentlichen Vertragsgehalt bei den Verhandlungen tatsächlich zur Disposition des Mieters gestellt hat. Diesen Nachweis kann er nur durch Vorlage des Schriftverkehrs, handschriftliche Zusätze auf dem Vertragsexemplar oder Zeugen führen.

Beispiel Schönheitsreparaturen

Bei einem Wohnraum-Formularmietvertrag ist eine Klausel, wonach die Renovierung durch Fachhandwerker ausgeführt werden muss, nicht wirksam. Anders bei einem im einzelnen ausgehandelten Wohnraummietvertrag und bei einem Gewerbemietvertrag.

Mängel als Verhandlungssache

Der Vermieter kann dem Mieter auch dann mit der Miete entgegenkommen, wenn ihn dieser dafür im Gegenzug von der Haftung für anfängliche Mängel freistellt. Dies kann zum Beispiel bei einem Wohnraummietverhältnis wichtig sein, wenn der Vermieter nicht weiß, welche Materialien verbaut wurden und er sich deshalb vor eventuellen Schadensersatzansprüchen wegen Wohnraumgiften schützen will.

Geschäfträume mit Verzicht

Nur bei Geschäftsräumen kann vereinbart werden, dass der Mieter auf sein Mietminderungsrecht verzichtet. Der Mieter kann dann bei einem Mangel nicht automatisch die Miete einbehalten, sondern lediglich seinen Anspruch einklagen.

"Je nach Branche kann es bei Gewerbemietverhältnissen auch wichtig sein, Beweislastregelungen zu treffen", rät Pel. So komme es beispielsweise bei größeren Restaurationsbetrieben immer wieder vor, dass Fette unerlaubt über die Kanalisation entsorgt würden. Dies führe zur Verstopfung der Abflussrohre, deren Reparaturkosten dann häufig der Vermieter tragen müsse. Dies könne man mit entsprechenden Regelungen im Mietvertrag umgehen.

Bei konzessionierten Gewerben sollten Vermieter auch jegliche Gewährleistung dafür ausschließen, dass die Räume den behördlichen Vorschriften entsprechen. Solche Klauseln wurden zwar kürzlich vom Landgericht Berlin in Formularverträgen für unwirksam erklärt. Gegen deren individualvertragliche Festlegung bestünden aber keine Bedenken, so Pel.

Gesetz erlaubt nicht immer eine Abweichung

Auch wenn beim Abschluss des Mietvertrags so mancher Gestaltungsspielraum besteht, sollte man nicht vergessen, dass es bei Wohnraummietverträgen viele gesetzliche Bestimmungen gibt, von denen weder individual- noch formularvertraglich abgewichen werden kann.

Zwingend sind zum Beispiel die fristlosen Kündigungsgründe und die Mieterhöhungsmöglichkeiten sowie Regelungen über die Mietkaution.

Vereinbarungen über eine Vertragsstrafe und einen Ausschluss des Mietminderungsrechts sind unwirksam.

"Auch im einzelnen ausgehandelte Gewerbemietverträge müssen so auf den Einzelfall abgestellt sein, dass sich bei einer Vielzahl von für den Vermieter günstigen Klauseln nicht insgesamt die Sittenwidrigkeit des Vertrages ergibt", warnt Pel.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: