Mietschulden:Langer Prozess

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Zahlt der Mieter keine Miete, kann der Vermieter kündigen. Bis zum Auszug vergehen nochmals neun Monate.

Seit Monaten bleibt die Miete aus, aber die Kosten für Versicherungen und die Müllabfuhr laufen weiter. Wenn Mieter nicht zahlen, bringt das ihren Vermieter oft in Bedrängnis. Im Extremfall entgehen ihm mehrere Monate lang die Einnahmen, bis es zur Räumung der Wohnung kommt.

Vermieterbund: Unwillige Mieter

Dem Wohnungseigentümer-Verein "Haus&Grund" in Berlin zufolge sind nicht immer finanzielle Engpässe der Grund für die Mietschulden: "Oft handelt es sich dabei um zahlungsfähige, aber unwillige Mieter", sagt Rüdiger Dorn, der Präsident des Vereins.

Mieterbund: Statistik mit Bedenken

Wie hoch die Zahl der Mietschuldner genau ist, lässt sich nach Angaben des Deutschen Mieterbundes (DMB) in Berlin allerdings nicht ermitteln: "In den Bilanzen über den Mietrückstand sind zum Beispiel auch diejenigen Mieter erfasst, die wegen Bauarbeiten nur eine verminderte Miete zahlen", erläutert DMB-Sprecher Ulrich Ropertz.

Gerichtsvollzieher: Gleichbleibende Zahl

Auch der Deutsche Gerichtsvollzieher Bund (DGVB) in Berlin führt keine Statistik über die Zahl der Zwangsräumungen - und damit indirekt über die Zahl der säumigen Mieter. Der "Mann mit dem Kuckuck" schaltet sich erst ein, wenn beim zuständigen Amtsgericht Räumungsklage eingereicht wurde. DGVB-Bundesgeschäftsführer Gerhard Heinze in Köln hat in seiner Arbeit als Gerichtsvollzieher nicht den Eindruck gewonnen, dass die Zahl der säumigen Mieter steigt.

Stillstand nach der ersten Miete

Dennoch bereitet in jedem Einzelfall der säumige Mieter dem Besitzer des Wohnraums Probleme. Nach Darstellung des Hamburger Grundeigentümerverbands geben viele Mieter dabei nicht einmal ein Motiv an, wenn sie plötzlich ihre Zahlungen einstellen. Nicht selten komme es vor, dass der Mieter nur die Kaution und die erste Miete überweist: "So einen Fall haben wir mindestens ein Mal pro Woche", sagt Peter Uhlenbroock, Sprecher des Hamburger Verbandes.

Jahrelanger Prozess

Für den Wohnungsbesitzer beginnt dann oft ein langer Papierkrieg, verbunden mit hohen finanziellen Verlusten. Die Prozedur, bis der Mieter schließlich Haus oder Wohnung räumt, kann ein bis zwei Jahre dauern. Die lange Dauer des Verfahrens habe aber nichts mit dem Mietrecht, "sondern mit der Arbeitsbelastung der Gerichte zu tun", sagt Ropertz.

Grundsätzlich könne der Vermieter den Vertrag fristlos kündigen, wenn die Miete für zwei Monate nicht bezahlt wurde. "Wenn der Mieter dann nicht auszieht, kann beim Amtsgericht Klage eingereicht werden."

Zeitplan bis zum Auszug

Das Verfahren kann beispielsweise so ablaufen: Der Mieter bleibt die Juli-Miete schuldig. Nach zwei Wochen erfolgt die Mahnung, nach sechs Wochen die fristlose Kündigung.

Anfang September wird die Räumungsklage eingereicht. Der Gerichtstermin wird auf Anfang Dezember festgesetzt, zu dem der immer noch säumige Mieter jedoch nicht erscheint. Gegen das Versäumnisurteil wird Einspruch eingelegt. Mitte Januar gibt es einen neuen Gerichtstermin. Der Einspruch wird verworfen, und das Urteil wird rechtskräftig.

Anfang März soll der Gerichtsvollzieher kommen. Dieser verlangt einen Vorschuss von 3000 Euro für das Abholen der Möbel. Eine Woche vor der Räumung stellt der Mieter einen Schutzantrag wegen sozialer Härte. Dieser wird schließlich abgelehnt und die Wohnung Anfang April geleert. In diesem Fall steht der Vermieter einer Wohnung mit 70 Quadratmetern Fläche mit einem Verlust für entgangene Miete, Gerichtsverfahren und Gerichtsvollzieher von 7000 Euro da.

Polster ansparen oder Staat zur Hilfe holen

"Soweit muss es aber nicht kommen", sagt Ropertz. "Zum einen sollte sich jeder Mieter ein Polster von drei Monatsmieten anlegen, damit ihn zum Beispiel plötzliche Arbeitslosigkeit nicht völlig aus dem Sattel wirft."

Wenn es trotzdem zu Engpässen kommt, sollten sich Mieter an das Wohnungs- und Sozialamt wenden: "Das Wohnungsamt kann zum Beispiel bei der Überbrückung und der Wohnungssuche helfen, wenn Mieter aus einer teuren Wohnung ausziehen müssen", so Ropertz.

Dies ist auch im Sinne der Vermieter. Peter Uhlenbroock verweist darauf, dass für den Fall einer unverschuldeten und vorübergehenden Zahlungsunfähigkeit die Vermieter meist eine gütliche Regelung mit den Betroffenen anstrebten. Für Arbeitslose zahle das Sozialamt die Miete, wenn die Wohnung in der Größe und preislich angemessen sei. Es komme aber häufiger vor, dass Arbeitslose nicht den Weg über das Sozialamt gehen, sondern einfach nicht zahlen. Die Eigentümerverbände fordern deshalb vor allem eine Abkürzung der langen Prozeduren: Die Gerichte und die Gerichtsvollzieher müssten schneller arbeiten.

Zahlungsfähigkeit prüfen

Die Eigentümerverbände empfehlen allen Wohnungsbesitzern, sich möglichst genau über die Zahlungsfähigkeit und -moral eines neuen Mieters zu informieren. Dazu gehören eine Selbstauskunft, eine freiwillige Schufa-Auskunft und eventuell ein Telefonat mit dem vorherigen Vermieter des Wohnungsbewerbers. Sollte der Vermieter dagegen später bei Problemen eigenmächtig vorgehen, selbst die Tür aufbrechen und die Möbel des säumigen Mieters auf die Straße stellen, so macht er sich strafbar. Vor solchen "Wild-West-Methoden" warnen die Eigentümerverbände daher eindringlich.

(sueddeutsche.de/ dpa)

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