"Mietnomaden":Bloß nicht dem schönen Schein vertrauen

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Wenn Mieter einfach nicht zahlen wollen, kann das für Eigentümer teuer und nervtötend werden. Deshalb sollte man sich schon vor Schlüsselübergabe gut über die Kandidaten informieren.

Menschen, die in betrügerischer Absicht ihre Miete nicht mehr zahlen, können Vermieter ruinieren. Privateigentümer mit nur ein oder zwei Wohnungen sind häufige Opfer solcher "Mietnomaden", die von Juristen "Einmietbetrüger" genannt werden.

"Kleine Vermieter trifft es hart, weil sie ihre Immobilie oft zur Altersvorsorge angeschafft haben", sagt der Sprecher des in Berlin ansässigen Eigentümerverbands Haus & Grund, Stefan Diepenbrock. Bleiben Einnahmen aus, "gerät der Vermieter im schlimmsten Fall in die Insolvenz." Ein prüfender Blick auf potenzielle Mieter kann Ärger ersparen.

Handfeste Auskünfte statt protzigem Auftreten

"Möglichst viele Informationen einholen" plus "gesundes Misstrauen" hält Stefan Diepenbrock für einen guten Weg zum Selbstschutz. Vermieter dürften sich nicht ausschließlich auf Angaben oder Auftreten von Interessenten verlassen. "Ein dickes Auto ist kein Zeichen von Seriosität", sagt der Haus & Grund-Sprecher.

Allerdings vertrauten Hausbesitzer immer wieder dem Augenschein und fühlten sich hinterher wie vor den Kopf geschlagen. Diepenbrock baut auf handfeste Auskünfte, zum Beispiel über finanzielle Verhältnisse und Zahlungsmoral. Fragen nach Problemen mit früheren Vermietern und Einträge in Schuldner-Verzeichnissen können genauso helfen wie ein Mieter-Solvenz-Check.

2,2 Milliarden Euro Schaden allein in diesem Jahr

Solche Listen bieten verschiedene Verbände - meist in Kooperation mit Wirtschaftsauskunfteien - an. Nach Angaben des Eigentümerverbands entsprechen die Fragen den Datenschutzrichtlinien. In Berlin ist die Mieter-Selbstauskunft gang und gäbe. Darin bescheinigt der frühere Vermieter, dass die Miete vertragsgemäß bezahlt wurde und keine Rückstände aufgelaufen sind.

Die Einnahmeausfälle durch säumige Mieter beziffert Haus & Grund für dieses Jahr auf 2,2 Milliarden Euro; dem stehen Mietzahlungen von 114 Milliarden Euro gegenüber.

Die meisten Fälle im Ruhrgebiet und in Ostdeutschland

"Einmietbetrüger" seien "kein Massenphänomen". Sie tauchen überwiegend in Ostdeutschland und im Ruhrgebiet auf - Regionen, in denen viele Wohnungen leer stehen und Vermieter "froh sind, wenn sie Mieter bekommen." Oft sind es "recht pfiffige Leute, die sich mit der Rechtslage gut auskennen und Lücken ausnutzen." Sie wissen, dass es lange dauert, bis sie rausgeklagt sind", sagt die Rechtsanwältin Bettina Schmidt aus Frankfurt/Main.

"Kündigt ein Vermieter fristlos, weil zwei Monate die Miete ausblieb, und widerspricht der Mieter mit Hilfe eines Anwalts, vergehen bis zur Zwangsräumung unter Umständen Jahre." Auch ohne Anwalt können sich Gerichts- und Räumungsverfahren bis zu einem Jahr hinziehen. Geld bekommt der Vermieter in der Zeit nicht. Im Gegenteil: "Er muss die Räumungskosten vorfinanzieren. Gericht, Gerichtsvollzieher, die Spedition, die die Wohnung leer räumt und die Einrichtung einlagert, Renovierung", zählt Schmidt auf.

Vermieter sollten Geld für Notfälle zurücklegen

Insgesamt können Haus & Grund zufolge Kosten um die 20 000 Euro auflaufen. Es besteht wenig Aussicht, diese von den Mietern zurückzuholen. Deshalb rät Bettina Schmidt, beim Gerichtsvollzieher ein Vermieterpfandrecht anzumelden: Alles was verwertbar ist, kann der Wohnungsbesitzer dann nach einer bestimmten Frist zu Geld machen. Um die eigenen finanziellen Verpflichtungen trotzdem zu erfüllen, sollten Vermieter sicherheitshalber eine Jahresmiete auf die Seite legen.

Gegenüber säumigen Mietern plädiert die Anwältin für rigoroses Ausschöpfen der gesetzlichen Möglichkeiten: "Einmal nicht gezahlt, sofort mit Zahlungsaufforderung abmahnen und mit Kündigung drohen." Danach sollten beide Parteien miteinander reden und - falls der Mieter in echte Finanznot geraten ist - einen Ausweg suchen. Das könnte zum Beispiel ein Antrag auf Wohngeld sein. Der Vorteil für den Vermieter: Der Staat zahlt regelmäßig.

Tapezieren schreckt Mietnomaden ab

Auch Kaution und Bankbürgschaft dienen der Absicherung des Besitzers. "Die Kaution hilft, Kosten zu decken", sagt Haus & Grund-Sprecher Stefan Diepenbrock. Ratsam sei, vor der Schlüsselübergabe möglichst den Eingang des Geldes abzuwarten. Generell gilt: "Den Schlüssel erst nach Vertragsunterzeichnung abgeben." Anwältin Schmidt erwartet eine Bankbürgschaft - die "Einmietbetrüger" erfahrungsgemäß nicht vorweisen. Wer die Renovierungskosten niedrig halten will, vermietet "nackt, aber sauber." Denn die Vorstellung, selbst zu tapezieren, schreckt "Mietnomaden" ab.

Für sie hat der Deutsche Mieterbund kein Verständnis. "Miete wird vereinbart und muss bezahlt werden", stellt Pressesprecher Ulrich Ropertz in Berlin klar. Er weist jedoch darauf hin, dass Mieter das Recht haben, die Miete etwa auf Grund von Mängeln oder unklarer Nebenkostenabrechnungen zu mindern. Sie deswegen einfach auf die Straße zu setzen, sei nicht möglich.

Bloß keine Selbstjustiz

Selbsthilfe bei "Mietnomaden" ist strafbar. Schlösser auszutauschen oder das Wasser abzudrehen, ist illegal, warnt Stefan Diepenbrock vom Eigentümerverband Haus & Grund in Berlin. Die Wohnung während der Abwesenheit des Mieters zu räumen, erfüllt den Tatbestand der Nötigung. Das Einzige, was helfe, sei eine fristlose Kündigung. Die ordentliche Kündigung sollte zur Schadensbegrenzung gleich parallel nachgeschickt werden. Der Einsatz von "Entmietungs-Dienstleistern" bewegt sich hart am Rande der Legalität. "Rollkommandos sind ein Fall für den Staatsanwalt", urteilt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund in Berlin. "An der Tür klingeln und sagen, dass sie die Miete zahlen sollen, geht. Sobald Druck ausgeht, ist es Nötigung."

(dpa/Monika Hillemacher)

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