Mieter und Eigentümer:Alle müssen blechen

Lesezeit: 4 min

Von 1. Januar an steigt die Mehrwertsteuer auf 19 Prozent und somit werden auch die Wohn-Nebenkosten teurer.

Andrea Nasemann

Das Leben wird teurer: Die Mehrwertsteuererhöhung von 16 auf 19 Prozent kommt zum 1. Januar 2007. Werden dann auch die Mieten steigen?

Wohnen wird teurer. (Foto: Foto: ddp)

"Wohnungsmieten sind mehrwertsteuerfrei, deshalb kann der Vermieter die Miete wegen der gestiegenen Mehrwertsteuer nicht erhöhen", sagt Frank-Georg Pfeifer, Verbandsdirektor beim Landesverband Haus und Grund Westfalen. Dies gelte auch für eine Bruttomiete, die bereits die Nebenkosten enthält. "Das Risiko, dass die Betriebskosten steigen, trägt bei einer Bruttomiete der Vermieter", erläutert Pfeifer.

Werden die Nebenkosten dagegen auf den Mieter monatlich umgelegt, machen sich die durch die Mehrwertsteuer gestiegenen Betriebskosten bei der Jahresabrechnung bemerkbar.

"Die Mehrwertsteuererhöhung wird für alle, Hauseigentümer und Mieter, das Wohnen teurer machen, weil gerade die kostenintensiven Betriebskosten, wie Gas, Öl und Strom mit der Mehrwertsteuer belastet sind", sagt Pfeifer.

Theoretisch kann der Vermieter zwar die Vorauszahlungen steigern. Davon jedoch rät Pfeifer ab. Statt einer umständlichen Erhöhung der Vorschüsse sollten Mieter freiwillig fünf bis zehn Euro mehr im Monat für die Nebenkosten zahlen. Dann sei wenigstens am Ende des Jahres keine höhere Nachzahlung zu erwarten.

Bei der Geschäftsraummiete spielt die erhöhte Mehrwertsteuer eine größere Rolle als im Wohnraummietrecht. Der Mieter muss die Mehrwertsteuer nur zahlen, wenn dies ausdrücklich im Geschäftsraummietvertrag vereinbart wurde und der Vermieter zur Umsatzsteuer optiert hat. Enthält der Gewerberaummietvertrag beispielsweise die Klausel: "Neben der Miete zahlt der Mieter die Umsatzsteuer in der jeweils gesetzlich gültigen Höhe", ist der Mieter auch zur Zahlung des erhöhten Mehrwertsteuersatzes verpflichtet.

Enthält der Mietvertrag eine Formularklausel, wonach der Vermieter die Mehrwertsteuer nachträglich verlangen kann, wenn er für die Umsatzsteuer optiert, ist dies nur wirksam, wenn der Mieter zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Deshalb ist auch eine Formularklausel wirksam, die den vorsteuerabzugsberechtigten Mieter dazu verpflichtet, die jeweilige gesetzliche Mehrwertsteuer zu zahlen.

Folge: Der Vermieter kann 19 statt 16 Prozent Mehrwertsteuer verlangen. "Stellt sich nachträglich heraus, dass der Vermieter nicht umsatzsteuerpflichtig ist oder widerruft der Vermieter seine Option, muss der Mieter den Steueranteil nicht weiterzahlen", sagt Dietmar Wall vom Deutschen Mieterbund in Berlin.

Unterwirft der Vermieter dagegen erst nach dem Abschluss des Mietvertrags seine Mieteinnahmen der Mehrwertsteuer, kann er diese nur dann an den Mieter weitergeben, wenn er darüber eine klare und eindeutige Vereinbarung getroffen hat zum Beispiel durch diese Vertragsklausel: "Bei Option des Vermieters zur Umsatzsteuer ist der Vermieter berechtigt, vom Mieter die Zustimmung zur Erhöhung der Miete um den jeweiligen Steuerbetrag zu verlangen. Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter rückwirkend, entsprechend den Steuervorschriften, zur Umsatzsteuer optiert."

Auf der nächsten Seite: Worauf Bauherren und Hauskäufer achten sollten.

Hauskäufer und Bauherren werden die Erhöhung der Mehrwertsteuer im nächsten Jahr am Geldbeutel merken: Ein Haus, das jetzt noch 200.000 Euro kostet, schlägt dann allein durch die Umsatzsteuererhöhung mit weiteren 6000 Euro zu Buche. Die erhöhte Mehrwertsteuer wird für alle Leistungen fällig, die nach dem 31. Dezember fertiggestellt und abgenommen werden. Thomas Penningh, Vorsitzender des Verbandes Privater Bauherren (VPB) warnt jedoch vor Schnellschüssen. "Bauherren sollten keinen Vertrag unterschreiben, ohne ihn vorher genau prüfen zu lassen".

Dies gilt auch für Käufer eines Altbaus: Weil diese in aller Regel nicht der Umsatzsteuer unterliegen, besteht für den Kaufentschluss kein Grund zur Eile. Vor allem Anbieter von schlüsselfertigen Häusern werben derzeit damit, dass sich durch den Abschluss des Vertrages noch in diesem Jahr drei Prozent Mehrwertsteuer sparen ließen.

Dies setzt allerdings die Vereinbarung eines Festpreises voraus, der bereits die Umsatzsteuer enthält. Was aber tun, wenn man jetzt mit einer umfangreichen Baumaßnahme beginnen will, diese aber heuer nicht mehr fertigstellen kann? "Wird mit der Bauleistung noch 2006 begonnen, diese aber erst Anfang 2007 abgeschlossen, fällt der erhöhte Steuersatz nicht nur anteilig, sondern auf den gesamten Rechnungsbetrag an," sagt Rudolf Stürzer, Vorsitzender von Haus und Grund München.

Dies könne auch nicht dadurch umgangen werden, dass die ausführende Firma die Rechnung für die gesamte Leistung noch in diesem Jahr ausstellt.

Abgesehen davon, dass der Auftraggeber ein hohes Risiko eingeht, wenn er mehr zahlt, als es dem Baufortschritt entspricht, wird eine vorgezogene Rechnungsstellung von den Finanzbehörden ebenso wenig anerkannt, wie vorgezogene Teil- oder Abschlagszahlungen. Diese müssen dann unter Umständen nachversteuert werden. Stürzer empfiehlt, die Baumaßnahme in verschiedene Abschnitte zu gliedern und Teilleistungen zu vereinbaren.

Vorteil: Bis Ende 2006 gilt für jede Teilleistung der alte Steuersatz. "Damit die Teilleistung vom Finanzamt anerkannt wird, muss nach jedem fertigen Bauabschnitt eine Teilabnahme erfolgen", rät Bauherrenberater Penningh.

Jede Teilleistung sollte geprüft werden, da nach der Abnahme die Gewährleistungsfrist zu laufen beginnt. Die Beweislast für Baumängel kehrt sich dann um und geht auf den künftigen Hauseigentümer über.

Arbeitet der Bauunternehmer unsolide, können diese Nachteile den angestrebten Kostenvorteil überwiegen. Erst von Jahresbeginn 2007 an wird für die noch nicht realisierten Bauabschnitte und Teilleistungen die erhöhte Umsatzsteuer fällig. Voraussetzung ist, dass die Werkleistung teilbar ist und für die Teilleistung ein gesondertes Entgelt vereinbart wurde.

Auf der nächsten Seite: Infos zur Mehrwertsteuer

Infos zur Mehrwertsteuer

Acht Jahre hat der Damm gehalten: Seit dem 1. April 1998 liegt der Mehrwertsteuersatz bei 16 Prozent, der ermäßigte Satz für einige Produkte des täglichen Gebrauchs bei sieben Prozent. Die letzte Erhöhung hatte noch CDU-Kanzler Helmut Kohl zu verantworten, sein Nachfolger Gerhard Schröder (SPD) handelte nach dem Motto: "Finger weg."

Nun legt die große Koalition auf 19 Prozent zu, weitere Erhöhungen werden damit wahrscheinlicher. Schließlich liegt Deutschland international im Mittelfeld, viele EU-Staaten haben höhere Sätze, Schweden und Dänemark sogar je 25 Prozent; Japan allerdings verharrt bisher bei gerade einmal fünf Prozent.

Für den Staat ist diese Einnahmequelle lukrativ, die zur Gruppe der indirekten Steuern gehört, weil sie beim Kauf oder der Nutzung von Produkten gleichsam nebenbei entsteht. Etwa jeder dritte Steuer-Euro in Deutschland wird derart von den Verbrauchern aufgebracht, 2006 etwa140 Milliarden Euro.

© mbe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: