Manipulationsverdacht:Großbanken verknappen künstlich Anleihen

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Die amerikanische Börsenaufsicht ermittelt gegen eine Hand voll Großbanken, die das Angebot an US-Staatsanleihen künstlich verknappt hätten. Auch die Schweizer UBS ist im Visier der Fahnder.

Andreas Oldag und Simone Boehringer

Die amerikanische Börsenaufsicht SEC ermittelt wegen illegaler Transaktionen mit US-Staatsanleihen. Der Vorwurf lautet auf Preismanipulation durch die künstliche Verknappung des Angebots an Staatspapieren am Markt. Betroffen sind auch die Großbanken UBS und Credit Suisse First Boston.

Auch die Schweizer Großbank UBS ist mit Vorwürfen konfrontiert. (Foto: Foto: afp)

UBS in Zürich bestätigte am Montag, dass derzeit eine Untersuchung laufe. Die Bank sicherte zu, mit den Ermittlern zusammenzuarbeiten. Angaben zum Gegenstand der Ermittlungen machte sie nicht.

UBS kooperiere mit der SEC, um mögliche Manipulationen im Anleihenhandel aufzudecken, hieß es dazu in Bankkreisen. Nach einem Bericht des Wall Street Journal hat ein Anleihehändler der Credit Suisse First Boston die Bank im Zusammenhang mit Vorwürfen wegen Insiderhandels bereits verlassen.

Markt von vier Billionen Dollar

Der US-Staatsanleihenmarkt hat ein Volumen von etwa vier Billionen Dollar. Das US-Finanzministerium ist besorgt über mögliche Manipulationen im Handel an diesem riesigen Markt für seine Wertpapiere. "Es geht um das Vertrauen in einen gigantischen Markt. Wird dies unterhöhlt, könnte es zu Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten führen", heißt es in Wall-Street-Kreisen.

Konkret geht es um den Vorwurf an einige Banken, sie hätten über das Normalmaß hinaus US-Staatspapiere auf ihre eigenen Bücher genommen und damit das Angebot an diesen Anleihen künstlich verknappt. Um welche Volumina es dabei genau geht, war bis Montag abend zunächst nicht bekannt.

Einige Händler bezweifelten jedoch, dass einzelne Geldinstitute einen solch riesigen Markt überhaupt in ihrem Sinne beeinflussen könnten. Eine Möglichkeit, bestehende Trends zu verstärken, bestehe jedoch.

Seit Monaten liegt die Rendite für zehnjährige Anleihen am amerikanischen Markt unter der kurzfristiger Zinstitel. "Wenn Primary Dealers trotz entsprechender Nachfrage US-Anleihen in ihren Büchern behalten statt sie an potentielle Käufer weiterzugeben, wirkt das kurstreibend mit entsprechend negativen Folgen für die Rendite", erklärt ein Chefanleihenhändler einer großen Bank dazu.

Als Primary Dealers werden die Händler von 22 großen internationalen Banken bezeichnet, die mit der platzierenden US-Notenbank Federal Reserve direkt die Staatstitel handeln. Einen Teil der Papiere nehmen sie dabei normalerweise vorübergehend in das eigene Depot auf, um es nach und nach an Anleger in aller Welt zu verkaufen.

Vor allem asiatische Banken gehören zu den größten Aufkäufern von US-Anleihen. Sie finanzieren damit das Leistungsbilanz- und das Budgetdefizit der USA. Außerdem verwendet die amerikanische Notenbank die Papiere, um Geldpolitik zu betreiben.

Die Vorwürfe der SEC konzentrieren sich auch auf die Frage, ob Händler einige Kunden bevorzugt beliefert haben. Noch ist allerdings unklar, ob es den Beschuldigten um eigene finanzielle Vorteile gegangen sei, oder ob die betreffende Bank von den Manipulationen profitiert habe, heißt es bei der SEC. Die Ermittlungen stünden noch am Anfang.

Scharfe Kontrollen nach Skandalen

Der US-Anleihemarkt gilt bislang als sehr effizient und gut abgesichert gegen illegale Transaktionen. Dieses ist auch eine Folge verschärfter Aufsichtsregeln, welche die SEC in den vergangenen Jahren erlassen hat.

Anfang der 90er hatte die Börsenpolizei bei der Bank Salomon Brothers einen großen Skandal mit dem Handel von Staatsanleihen aufgedeckt. Mehrere Top-Manager des Kreditinstituts wurden daraufhin entlassen. Ein Händler von Goldman Sachs musste sich 2001 wegen Insiderhandels mit US-Staatsanleihen vor Gericht verantworten.

Im vergangenen Monat hatte sich James Clouse, ein Staatssekretär für Bundesfinanzen im US-Finanzministerium, offenbar besorgt über mögliche Unregelmäßigkeiten im Handel mit Anleihen und Schuldscheinen an der Terminbörse und anderen Marktbereichen geäußert.

Die SEC und die für den für die Überwachung des Terminhandels zuständige Aufsichtsbehörde CFTC (Commodity Futures Trading Commission) ist nach Angaben Clouses eingeschaltet worden. Am 6. November wollen sich Vertreter der Federal Reserve Bank of New York mit den 22 Primary Dealers treffen, um mögliche Gegenmaßnahmen zu diskutieren. "Die SEC muss ihre Insider-Regeln weiter verschärfen, um Manipulationen zu verhindern", heißt es an der Wall Street.

© SZ vom 30.10.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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