Manipulationen:Affäre um Aktienoptionen erschüttert die USA

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Die amerikanische Börsenaufsicht ermittelt in 80 Fällen wegen Betrugs und Insiderhandels. Das hat auch die Debatte um exorbitante Managergehälter in den USA angeheizt.

Andreas Oldag

Die Liste der Sünder wird von Tag zu Tag länger: Bereits mehr als 30 Technologie-Firmen im kalifornischen Silicon Valley sind betroffen, jüngster Fall ist die Anklage gegen ehemalige Führungskräfte der kalifornischen Datenspeicherfirma Brocade Communications Systems.

Zwei Ex-Managern der Firma Brocade Communications Systems wird die Rückdatierung von Optionen vorgeworfen. (Foto: Foto: AP)

Beschuldigte sind der einstige Unternehmenschef Gregory Reyes und die frühere Personalleiterin Stephanie Jensen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, durch das Rückdatieren von Optionen Mitarbeiter beim Kauf von Aktien zu einem günstigeren als dem aktuellen Kurs begünstigt zu haben.

20 Jahre Gefängnis

Den beiden Ex-Managern wird Wertpapierbetrug und Insiderhandel vorgeworfen. Ihnen drohen bis zu 20 Jahre Gefängnis und Geldstrafen von bis zu fünf Millionen Dollar.

Aktienoptionen geben einem Empfänger das Recht, zu einem festgelegten Kurs später Anteilsscheine des betreffenden Unternehmens zu erwerben. Üblicherweise entspricht der zukünftige Bezugspreis dem Aktienkurs am Tag der Gewährung der Option. Steigen die Kurse später, macht der Optionsbesitzer entsprechende Gewinne. Dies soll ein Anreiz insbesondere für Manager sein, sich für ihr Unternehmen zu engagieren und den "Shareholder-Value" zu steigern.

Die Vergütung durch Aktienoptionen ist in den USA weit verbreitet und keineswegs illegal. Besonders im kalifornischen Silicon Valley setzen Computer- und Internetfirmen überdurchschnittlich stark auf Mitarbeiteroptionen.

Aktienoptionen als Lockmittel

Dies hat verschiedene Gründe: Erstens konkurrieren die Unternehmen um hochqualifizierte Fachkräfte, die durch solche Programme angelockt werden sollen. Zweitens mangelt es insbesondere jungen Firmen häufig an Liquidität, um die anspruchsvollen Manager zu bezahlen.

Durch Rückdatierung von Aktienoptionen auf einen Tag, an dem der Aktienkurs eines Unternehmens besonders niedrig war, erhalten die Empfänger sofortige Papiergewinne. Experten vergleichen dies mit einer Wette bei einem Pferderennen, das bereits abgelaufen ist, aber auf das man dennoch in Kenntnis des Siegers setzen kann. Diese Praxis verstößt nach Auffassung der SEC gegen Insiderregeln, weil sie dem normalen Anleger nicht zugänglich ist.

Zudem ermitteln die Behörden wegen Verstoßes gegen die Steuergesetze. Denn bei der Bezahlung durch Aktienoptionen werden in den USA Steuervorteile gewährt, die aber entfallen, wenn die Optionen zum Zeitpunkt der Ausgabe über dem Stichtagskurs liegen.

Die Behörden prüfen auch, ob die Optionen entsprechend neuen SEC-Regeln als Kosten in der Bilanz verbucht worden sind. So musste Brocade nach Darstellung der Behörden die Gewinnausweise zwischen 1999 und 2004 bereits stark korrigieren.

Der Skandal um fragwürdige Praktiken bei der Vergabe von Aktienoptionen hat auch bekannte Firmen wie Microsoft, Apple Computer und die Baumarktkette Home Depot erfasst. Experten rechnen damit, dass bislang nur die Spitze eines Eisberges aufgedeckt worden ist.

So berichtete die Zeitung USA Today, dass in einer Studie der Universitäten von Indiana und Iowa festgestellt worden sei, dass 29 Prozent von 7774 amerikanischen Firmen Rückdatierungen oder Manipulationen von Aktienoptionen an Manager vorgenommen hätten.

Sonderteam

Die kalifornische Staatsanwaltschaft hat indes ein Sonderteam eingesetzt, um die Ermittlungen zu forcieren. Anleger-Organisationen drohen bereits mit teuren Schadensersatzklagen gegen die Unternehmen.

Unter Druck geraten ist SEC-Chef Christopher Cox. Er hat sich verschiedentlich für mehr Transparenz bei der Managervergütung eingesetzt. Doch Kritiker kreiden ihm an, dass er zu wenig gegen die überzogene Bezahlung von Top-Managern tue.

Im vergangenen Jahr stiegen die Vorstandsvergütungen in großen US-Unternehmen um durchschnittlich 25 Prozent. Dagegen stagnieren die Löhne für die große Masse der Beschäftigten.

Ohnehin sind Aktienoptionen wegen der Bilanzskandale von Enron, Worldcom und Tyco in Verruf geraten. Gewissenlose Manager konnten dadurch nach Ansicht von Kritikern Unternehmen zum Schaden der Anleger ausplündern.

© SZ vom 26.7.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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