Märkte & Trends:Aufbruchstimmung am Zuckerhut

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Ende April tanzte die brasilianische Börse Samba: Nachdem die Rating-Agentur Standard & Poor's das Land auf "Investment Grade" hochgestuft hatte, entzündete sich ein Kursfeuerwerk.

Der Bovespa-Index aus Sao Paulo sprang auf ein historisches Rekordhoch. Mit ihrem Votum belohnten die Analysten die Anstrengungen des südamerikanischen Staates um wirtschaftliche, fiskalische und politische Stabilität. Bisher stand Brasilien als Schwellenland oft genug im Schatten seiner Peers Russland, Indien und China, wenn sich der Blick von Anlegern auf die BRIC-Staaten richtete. Das dürfte nun ein Ende haben.

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Schwellenländer exzellent positioniert Emerging Markets wie Brasilien bieten interessantes Renditepotenzial. Der Grund dafür liegt in der ungebrochenen Wachstumsdynamik dieser Staaten, deren Gewicht in der Weltwirtschaft zusehends schwerer wird. Ihren Aufstieg verdanken sie einer Reihe von Faktoren, die zugleich zum Identifikationsmerkmal von Emerging Markets geworden sind: Als Rohstofflieferanten oder viel gefragte "Werkbänke" profitieren sie überdurchschnittlich von der Globalisierung. Zugleich führt ihr Aufschwung zu einem florierenden Arbeitsmarkt und wachsenden Realeinkommen. In Zeiten, in denen Deutschland über die "Verarmung" der Mittelschicht diskutiert, schaffen in den Schwellenländern beachtlich viele Menschen den Aufstieg. Die Binnennachfrage nach hochwertigen Lebensmitteln und Konsumgütern hat dadurch an Dynamik gewonnen und ist laut Internationalem Währungsfonds (IWF) zu einem wesentlichen Wachstumsmotor geworden. Die Hausse an den Öl-, Metall und Agrarmärkten beschert den Schwellenländern zudem sprudelnde Deviseneinnahmen. Die Staatshaushalte gelten überwiegend als saniert.

Lateinamerika mit guter Performance Die allgemeinen Beobachtungen für die Emerging Markets lassen sich anhand Lateinamerikas konkretisieren. Ein Wirtschaftswachstum von 5,6 Prozent krönte 2007 laut IWF die besten vier Jahre in Folge für Mittel- und Südamerika seit den 1970er Jahren. Die Region mit den weltweit größten Vorkommen an Kupfer, Nickel, Eisen und Roh-Aluminium profitiert vor allem von den steigenden Weltmarktpreisen für Rohstoffe. Die Ergebnisse zeigen sich an den Aktienmärkten deutlich: Der MSCI EM Latin America legte in den vergangenen zwölf Monaten um 43 Prozent zu (Stand 13.05.2008) und hängte damit den MSCI World (minus 4,2 Prozent) in Siebenmeilenstiefeln ab.

Brasilien als Musterland Brasilien ist als größte Wirtschaftsmacht der Schrittmacher und das Musterland Lateinamerikas. Diese exponierte Rolle könnte in den kommenden Monaten noch einmal wesentlich an Gewicht gewinnen. Denn es ziehen trotz der bisher makellosen Bilanz in Lateinamerika einige Wolken herauf: Mexiko verfügt noch über eine zu starke Nähe zu den Vereinigten Staaten, um sich einem dortigen Abwärtstrend nachhaltig entziehen zu können. Mit Blick auf Argentinien heben Analysten mahnend den Zeigefinger angesichts einer galoppierenden Inflation. Und in Venezuela verschreckt der als unberechenbar geltende Präsident Hugo Chavez ausländische Investoren in Scharen. Brasilien steht dagegen besser da denn je.

Der erste Blick darf dabei nicht täuschen: Zwar legte das Bruttoinlandsprodukt 2007 mit 5,4 Prozent im Vergleich zu China (11,4 Prozent) oder Indien (8,7-9,2 Prozent) eher moderat zu. Aber die Nachhaltigkeit und Stabilität des - weit über den Industriestaaten liegenden - Wirtschaftswachstums beeindruckt. Getragen wird die Entwicklung zum einen von einer äußerst robusten Binnennachfrage: Dank niedriger Zinsen und höherer Realeinkommen gaben die brasilianischen Konsumenten 6,5 Prozent mehr aus als noch im Vorjahr, die privaten Investitionen stiegen deutlich um 13,4 Prozent.

Zum anderen erzielt der brasilianische Außenhandel exzellente Werte, und dass, obwohl die Landeswährung Real gegenüber dem US-Dollar binnen eines Jahres um 17 Prozent aufwertete. Die Exporte kletterten 2007 um knapp 17 Prozent und ermöglichten der größten Volkswirtschaft Südamerikas einen Handelsbilanzüberschuss von 40 Milliarden US-Dollar. Binnen eines Jahres gelang es der Regierung unter Präsident Luiz Inácio Lula da Silva darüber hinaus, die brasilianischen Devisenreserven um das Zweieinhalbfache auf über 180 Milliarden US-Dollar aufzustocken.

Wie in allen Emerging Markets, so muss auch in Brasilien auf die Inflation geschaut werden. Doch gerade die "politische Kontinuität in der Inflationssteuerung" sahen die Analysten von Standard & Poor's als wesentlichen Pluspunkt, als sie die langfristigen brasilianischen Fremdwährungsanleihen und damit den Staat auf Investment Grade hoch stuften. Ferner habe eine "pragmatische und verlässliche Politik in den vergangenen fünf Jahren ein robusteres Fundament für weiteres wirtschaftliches Wachstum und fiskalischen Fortschritt geschaffen."

Börse mit weiterem Aufwärtspotenzial Im Jahr 2007 flossen 35 Milliarden US-Dollar ausländischen Kapitals als Direktinvestitionen nach Brasilien, fast doppelt so viel wie noch im Vorjahr. Zielbranchen waren vor allem die Sektoren Erdöl, Bergbau und Ergas. Das Gütesiegel "Investment Grade" dürfte diesen Trend weiter beflügeln und vor allem den Kapitalmärkten kräftigen Aufwärtswind geben.

Vieles spricht dafür: Das Rating öffnet institutionellen Investoren den Zugang, denen nur Anlagen im Investment Grade gestattet sind, zum Beispiel Pensionsfonds, und die folglich bisher nicht engagiert waren. Ferner werden brasilianische Unternehmen aufgrund der positiven Gesamteinschätzung zukünftig einen leichteren Zugang zu ausländischen Krediten und damit Wachstumskapital erhalten. Grundsätzlich gelten sie ohnehin wegen des lange Zeit knappen Kreditangebotes und der sehr guten Geschäftsentwicklung als exzellent kapitalisiert - die Kriegskassen für Übernahmen und Fusionen sind prall gefüllt. Und nicht zu vergessen: In Zeiten der Krise an den etablierten Märkten könnten Investoren bei ihrer Suche nach Rendite mehr und mehr in Brasilien eine Heimstatt finden und so die Kurse steigen lassen.

Die Wachstumsstory Brasilien bleibt also hoch spannend. Beleg dafür ist der Verlauf des Bovespa-Indexes in Sao Paulo, der ein Rekordhoch nach dem anderen erklimmt. Mitte Mai stellte er mit 70.503 Punkten schon zum sechsten Mal in diesem Jahr eine neue Bestmarke auf. Gegenüber dem Stand des Vorjahres mit 50.511 Punkten entspricht dies einem Plus von 40 Prozent. Und nichts deutet auf eine leiser werdende Samba hin.

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