Lokale Währung:Eine ganz eigene Note

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Skurriles England: Die Gemeinde Lewes druckt Geldscheine, die nur im Ort gelten. So will sie die lokale Wirtschaft unterstützen - und das Klima retten.

Wolfgang Koydl

An Monopoly erinnern die lindgrünen Scheine ganz und gar nicht. Sie sehen aus wie richtiges Geld, und ästhetisch stellen sie wahrscheinlich die faden Euro-Noten in den Schatten. Sie sind auf echtem Banknotenpapier gedruckt - komplett mit Wasserzeichen und hitzeempfindlichen Fasern. Bezahlen kann man mit dem neuesten Geld der Welt nur in einer Kleinstadt südlich von London: Mit den Lewes Pounds will die gleichnamige Gemeinde in der Grafschaft East Sussex die lokale Wirtschaft ankurbeln.

Lokales Geld der britischen Ortschaft Lewes: Mit der eigenen Währung ausgeklingt. (Foto: Foto: oh)

Vorläufig bis August nächsten Jahres sollen zehntausend Ein-Pfund-Noten in Umlauf bleiben. Dann wollen die Organisatoren entscheiden, ob das Experiment auf Dauer festgesetzt werden soll. Lewes folgt dem Beispiel der Gemeinde Totnes in der Grafschaft Devon, die seit März vergangenen Jahres eigenes Geld druckt - offensichtlich mit Erfolg.

Es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte des Ortes, dass sich Lewes mit seiner eigenen Währung ausgeklinkt hätte. Zwischen 1798 und 1896 druckte die örtliche Bank of Lewes ihr eigenes Geld. Generell war es bis zum Ende des 19. Jahrhunderts keine Seltenheit, dass britische Gemeinden eine eigene, lokale Währung hatten. Großbritannien hat auch landesweit kein Problem mit einer Vielzahl von Pfundnoten: Schottland, Nordirland, die Isle of Man und die Kanalinseln drucken eigene Banknoten.

Beitrag zum Klimaschutz

In Lewes mit seinen mehr als 16.000 Einwohnern haben sich mehr als 70 Geschäfte dem neuen Vorhaben angeschlossen: von der Brauerei Harvey über den Fischhändler Terry und Bill Collisons Gemischtwarenladen bis hin zum Akupunkteur Roger Murray wollen alle das Lewes Pound als Zahlungsmittel akzeptieren. "Wir wollen damit so viele Menschen wie möglich dazu ermuntern, lokal einzukaufen", erklärte Bürgermeister Michael Chartier den Plan. "Lewes blickt auf eine lange Tradition kleiner Läden zurück; bei uns gibt es kaum Geschäfte großer nationaler Ketten."

Nebenbei will die Stadt einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, wie der aus Holland zugewanderte Mit-Organisator des Projektes, Oliver Dudok van Heel, erläuterte: "Wer lokal einkauft, der kauft lokal produzierte Waren, die nicht über lange Strecken herantransportiert werden mussten", sagt er, "und außerdem führt es die örtliche Gemeinschaft enger zusammen."

Ein Porträt der Königin prangt nicht auf dem neuen Geldschein. Im traditionell obrigkeitsfeindlichen Lewes hat man sich stattdessen für ein Bild des amerikanischen Revolutionärs und Buchautors Thomas Paine entschieden. Er hatte kurze Zeit in Lewes gelebt, bevor er 1774 nach Amerika emigrierte und dort mit seinem Pamphlet "Common Sense" maßgeblich die Unabhängigkeitsbewegung anfeuerte. Ein Zitat aus der Feder Paines vervollständigt die Banknote: "Wir haben es in der Hand, die Welt wieder von Neuem aufzubauen." Wenn es sein muss, dann auch Pfundnote für Pfundnote.

© SZ vom 11.09.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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