Liechtenstein:Das weiße Paradies

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Steueroase light: Das Fürstentum Liechtenstein beugt sich dem Druck und schränkt sein striktes Bankgeheimnis ein.

Gerd Zitzelsberger

Der deutsche Druck hat gewirkt: 13 Monate nach Beginn der Zumwinkel-Affäre zieht das Fürstentum Liechtenstein Konsequenzen. Der Ministaat, in dem das Bankgeheimnis bislang so strikt galt wie nur in ganz wenigen Ländern der Welt, wird zwar nicht vom Saulus zum Paulus. Aber der Wandel ist beachtlich. Die Oase, in der reiche Bundesbürger vermutlich noch immer Milliarden vor dem Fiskus verstecken, wird nicht austrocknen, aber sie wird ungleich sauberer werden. Die Liechtensteiner agieren damit geschickter als ihre Nachbarn in Österreich und der Schweiz.

Schöne Grüße aus Liechtenstein: Vaduz wird ein legales Schlupfloch. (Foto: Foto: dpa)

Bei allem Wandel in Liechtenstein, eines bleibt: Das Fürstentum wird auch künftig ein Steuerparadies sein - aber eines für "weißes", sprich für versteuertes Geld. Industriefirmen werden dort künftig effektiv nur zwischen fünf und zehn Prozent Steuern zahlen. Briefkastenfirmen kommen sogar mit einem kleinen Pauschalbetrag davon. Die Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen, dass Vaduz zu einem legalen Schlupfloch avanciert. Deshalb wird es dem deutschen Finanzminister Peer Steinbrück nicht leichtfallen, ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Liechtenstein abzuschließen, wie Vaduz das will.

Auf der anderen Seite hat das Fürstentum mit seiner Wende die Front der Bankgeheimnis-Staaten gesprengt, und zudem bietet es an, dem deutschen Fiskus zu mehr Einnahmen zu verhelfen. Dies ist eine Anerkennung wert.

Wer nach Liechtenstein fährt, sieht ein blühendes Land. Die Banken- und Treuhandbranche hat das meiste dazu beigetragen. Doch hinter den Kulissen sind die Treuhänder inzwischen vor allem damit beschäftigt, Stiftungen zu schließen. Früher hatte das Land davon mehr als Einwohner, und die meisten dieser Stiftungen dienten als Versteck für unversteuertes Vermögen.

Wo sich so viel Halbseidenes auf engem Raum ballt, sind die Risiken hoch. Dreimal in den vergangenen Jahren haben Mitarbeiter von Treuhandgesellschaften vertrauliche Kundendaten entwendet, um auf eigene Faust Geld zu verdienen. Weitere solche Fälle sind auch bei größten Sicherheitsmaßnahmen nicht auszuschließen. Dies ist der Grund dafür, dass die größte Bank des Ländchens, die fürsteneigene LGT Group, sich mittlerweile ganz aus diesem Geschäft zurückgezogen hat. Die Kundschaft ist nach den Datendiebstählen und der heftigen Kritik aus Deutschland ebenfalls verunsichert. Die Maßnahmen, die möglicherweise die G-20-Staaten in Kürze miteinander verabreden werden, wirken in dieselbe Richtung. Ohne eine Gegenleistung dafür zu bekommen, beerdigt das Klein-Fürstentum deshalb sein bislang so striktes Bankgeheimnis.

Liechtenstein wird künftig den sogenannten OECD-Standard erfüllen. Ähnlich wie Jersey, die Jungferninseln in der Karibik und viele andere Steueroasen wird Vaduz damit ausländischen Behörden Auskunft geben, wenn diese wegen eines begründeten Verdachtsfalles anfragen. Deutschland kann zwar nicht schon morgen in Vaduz das erste Amtshilfegesuch stellen. Voraussetzung dafür ist erst noch ein bilaterales Abkommen. Das mag etwas dauern, ist aber jetzt nur noch Formsache.

Ob es um Steuerbetrug oder um Steuerhinterziehung geht, der Kleinstaat, der bislang Deutschland und anderen EU-Ländern nur in äußerst speziellen Fällen Rechtshilfe gewährte, will künftig in seiner Bereitschaft zur Zusammenarbeit weitergehen als die Schweiz und die beiden EU-Mitglieder Österreich und Luxemburg. Diese weigern sich weiterhin hartnäckig, bei Steuerhinterziehung zu kooperieren. Und den Steuerbetrug definieren sie so eng, dass in der Praxis die Mauern nahezu undurchdringlich sind. Nach dem Liechtensteiner Wandel wird es den Verweigerern und etlichen anderen verbliebenen Steueroasen jetzt schwerer fallen, auf ihren Positionen zu beharren.

© SZ vom 13.03.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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