Leserfrage:Spekulieren oder Kredit zurückzahlen?

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Ich bin 45 Jahre alt und habe ein Reihenhaus erworben. Mein Kredit beträgt 140.000 Euro. Der effektive Zinssatz ist 3,95 Prozent, die laufende Tilgung 2,00 Prozent. Zusätzlich ist eine Sondertilgung von zehn Prozent jährlich möglich. Soll ich die Sondertilgung nutzen oder meine Sparrate lieber in einen Aktienfonds investieren? Rainer S., Uelzen

Michael Huber

Die Nutzung der Sondertilgung bringt eine garantierte Nachsteuerrendite von knapp vier Prozent. Sofern die Rendite beim Aktienfondssparen höher liegt, lohnt sich der Verzicht auf die Sondertilgung, ansonsten nicht.

Ob die Rechnung aufgeht, hängt vor allem vom Anlagehorizont ab. (Foto: Foto: AFP)

Erstes Problem:

Die Kosten des Kredits kennen wir, die zukünftige Rendite der Aktien hingegen nicht. Sparpläne in internationalen Aktienfonds brachten über die letzten zehn Jahre 3,5 Prozent Rendite pro Jahr, über die letzten 15 Jahre 6,5 Prozent, und über die letzten 30 Jahre 8,4 Prozent.

Bei einem Anlagehorizont von 15 Jahren ging die Rechnung also auf. Wer nur zehn Jahre Zeit hatte, musste hoffen, auf den richtigen Fonds gesetzt zu haben. Spitzenprodukte erreichten trotz Börsenbaisse auch hier Renditen von zehn Prozent. Mit dem falschen Fonds hat der Anleger allerdings keinen Cent verdient.

Zweites Problem:

die Steuer. Von einer Vorsteuerrendite von beispielsweise acht Prozent, die sich aus sechs Prozent Kursgewinn und zwei Prozent Dividende zusammensetzt, bleiben dem Anleger nach heutiger Gesetzeslage mindestens 7,5 Prozent nach Steuern übrig (bei Einhaltung der Spekulationsfrist). Kommt die geplante Abgeltungsteuer von 2009 an, so reduziert sich die Nachsteuerrendite in unserem Beispiel auf rund sechs Prozent.

Zusammenfassung:

Ob sich das Fondssparen im Vergleich zur Sondertilgung lohnt, ist abhängig vom Anlagehorizont, der mindestens zehn Jahre betragen sollte. Das zweite Kriterium ist die Risikobereitschaft. Anleger, die nachts ruhig schlafen wollen und mit einer sicheren Nachsteuerrendite von 3,95 Prozent zufrieden sind, sollten die Sondertilgung in Anspruch nehmen, gerade vor dem Hintergrund, dass eine Bundesanleihe aktuell nur zwei Prozent Nachsteuerrendite (bei Spitzensteuersatz) bringt.

Wer die entsprechende Risikofreude hat, kann sein Geld auch in gute, internationale Aktienfonds stecken. In der Vergangenheit ging diese Rechnung häufig auf. "Möchte ich lieber den Spatz in der Hand oder die Taube auf dem Dach?" Das ist die Frage, die jeder Anleger für sich beantworten muss.

*) Michael Huber ist Direktor des VZ Vermögenszentrums in München.

© SZ vom 24.02.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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