Lärm:Das Ohr wohnt mit

Lesezeit: 3 min

Krach macht krank. Und gerade deshalb soll es in den eigenen vier Wänden ruhig zugehen. Aber das ist nicht so einfach: Mal donnert ein Jumbo-Jet übers Dach, mal wird nachts über dem Schlafzimmer geduscht.

Von Lars Klaaßen

Er ist eine der stärksten Umweltbelastungen, er nervt alle - und alle produzieren ihn: Lärm. Mit dem Industriezeitalter wurde er zur allgegenwärtigen Begleiterscheinung des Alltags.

Das geht ins Ohr: Lärmstufen und ihre Wirkung. Angaben in Dezibel. (Foto: SZ-Grafik: Mainka/ Quelle: DAL.)

Schon die preußische Gewerbeordnung von 1869 enthielt Vorschriften zu seiner Bekämpfung. An vielen Orten haben wir uns an hohe Geräuschpegel gewöhnt. Und deshalb soll es gerade in den eigenen vier Wänden möglichst ruhig zugehen. Aber das ist nicht so leicht zu haben: Dem einen donnert ein Jumbo-Jet im Landeanflug übers Dach, beim anderen wird in der Etage über dem Schlafzimmer zur Unzeit geduscht.

Was als Lärm empfunden wird, ist nicht nur von der Lautstärke der störenden Quelle abhängig. Ob etwas mehr oder weniger laut scheint, wird auch vom Grundgeräuschpegel beeinflusst. Das ist jene Geräuschkulisse, die uns Tag und Nacht umgibt, die wir meistens gar nicht mehr bewusst hören und die wir als Ruhe empfinden. Da dieser Grundgeräuschpegel in der Nacht abnimmt, erscheint das gleiche Geräusch in der Nacht lauter als am Tag.

Ein klassischer Streitfall ist Musik aus der Stereoanlage: Da geht es auch um Geschmack - und was wir gerade tun. Ob ein Geräusch als Lärm empfunden wird, hängt nicht nur von der Lautstärke, sondern auch von der subjektiven Einstellung des Hörers ab.

Ganz objektiv kam eine aktuelle Studie des Umweltbundesamtes (UBA) zu dem Ergebnis, dass Lärm krank macht: Das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden steigt bei Männern um rund 30 Prozent, wenn sie in Gebieten mit hohem Verkehrslärm wohnen. An der Studie nahmen mehr als 4100 Patienten teil.

Herzinfarktpatienten wurden zu Lärm-Störungen in ihrem Umfeld und zur Lage und Beschaffenheit der Wohnung befragt. Eine Folge von Lärm: "Der Körper wird unter Dauerstress gesetzt, so dass zum Beispiel der Blutdruck oder die Cholesterinwerte steigen", so Wolfgang Babisch vom Umweltbundesamt.

Besonders Menschen, die an großen Verkehrsstraßen leben, sind von starkem Lärm betroffen. Doch neben der Lautstärke habe auch die Wohndauer an lauten Straßen einen negativen Einfluss auf die Gesundheit. Babisch: "Das Risiko steigt bei denen besonders an, die schon seit Jahren chronischem Umwelt-Lärmstress ausgesetzt sind."

Der Lärmwirkungsforscher rät: "Sofern es die Raumaufteilung hergibt, sollten die Schlafräume in den der Hauptstraße abgewandten Teil verlagert werden."

Besonders nachts sollten Fenster, die in Richtung Hauptstraße liegen, geschlossen werden. Zudem könnten Ohrstöpsel dazu beitragen, dass "ruhig und stressfreier" geschlafen werde.

Mit der richtigen Bauweise ist es möglich, sich den Lärm vom Leib halten. Dabei wird zwischen Außen- und Innenlärm unterschieden. Gegen ersteren wird das Haus an der Hülle gewappnet. Mindestdämmwerte sind für entsprechende Bauteile vorgeschrieben. Darüber hinaus gilt: Je schwerer das Material einer massiven Außenmauer ist, desto effektiver wird die Schallübertragung gebrochen. Bei mehrschaligen Wänden kann ein spezieller Dämmstoff eingebaut werden. Wenn die Schalen einen größeren Abstand haben und unabhängig voneinander schwingen können, wird auch der Schall stärker geschluckt. Ergänzt werden sollten die gedämmten Wände durch Schallschutzfenster. Wichtig ist ein fugenfreier Einbau. Rollläden vor den Fenstern dämmen zusätzlich nur dann, wenn sie mindestens zehn Zentimeter vom Fenster entfernt sind. Bei alten Wohnungstüren hilft es, die Spalten zwischen Türblatt und -stock abzudichten.

Auch in Häusern und Wohnungen selbst entsteht Lärm: etwa durch elektrische Geräte, durchs Gehen, durch die Fließgeräusche in den Wasserleitungen. Das alles wird als Innenlärm bezeichnet. Er breitet sich durch die Zwischenwände in andere Räume und Wohnungen aus. Durch Boden und Decke sucht er sich seinen Weg zu den Nachbarn in die Wohnungen, die über oder unter der eigenen liegen.

Die häufigste Schallquelle in den Räumen ist der Trittschall. Der richtige Bodenaufbau kann da Abhilfe schaffen: Bei massiven Decken sollte der Bodenbelag auf schwimmendem Estrich verlegt und zur Wand eine Fuge belassen werden. Bei gefliesten Boden wird diese wiederum mit Silikon gefüllt.

Bei Treppen gilt: konstruktiv von Mauern und Decken trennen.

Vor allem Küchen und Bäder sind Lärmquellen. Wannen und Duschen sollten schalldämmend aufgestellt werden. Auch Dämmstoffe an den Wänden sind empfehlenswert. Waschmaschinen und Geschirrspüler älteren Datums machen ebenfalls viel Lärm und sollten auf elastischem Material sowie mit Abstand zur Wand aufgestellt werden.

Rohrleitungen und Einbauschränke leiten ebenfalls Geräusche durchs Haus weiter. Dämmstreifen an Befestigungspunkten und Auflagen schaffen Abhilfe.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: