Kündigung:Plötzlich unselbständig

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Muss der Mieter unverhofft ins Altersheim wechseln, hat er ein Sonderkündigungsrecht.

Nicht selten leben heute alte Menschen bis zum 80. oder 90. Lebensjahr noch selbständig in ihrer Mietwohnung. Doch von einem Tag auf den anderen kann sich ihr Gesundheitszustand dramatisch verschlechtern und ein Umzug ins Altenheim nötig werden. In solch einer Lage darf der Vermieter nicht automatisch auf einer langen Kündigungsfrist bestehen, sondern muss flexibler als im Normalfall reagieren. So das Urteil des Amtsgerichts Osnabrück.

Eine alte Dame, bislang durchaus rüstig, stürzte nach ihrem 91. Geburtstag schwer. Auch nach der ärztlichen Behandlung erholte sie sich nicht mehr so gut, dass sie in ihrer Mietwohnung hätte bleiben können. Sie musste in ein Seniorenheim umziehen, wo sie besser betreut werden konnte. "Zum nächstmöglichen Termin", so schrieb sie ihrem Vermieter, wolle sie die Wohnung kündigen. Sie nannte dem Eigentümer zusätzlich auch die Namen und Anschriften von sieben Nachmietern, die sich für die Wohnung interessierten. Doch der Vermieter zeigte sich kompromisslos. Er bestand darauf, dass die alte Dame ihre einjährige Kündigungsfrist einhalte. Schließlich sei das im Vertrag so vereinbart gewesen.

Das Amtsgericht Osnabrück stellte sich auf die Seite der 91-jährigen Frau. Müsse ein betagter Mieter aus gesundheitlichen Gründen ins Altenheim umziehen, habe er einen Anspruch auf vorzeitige Entlassung aus dem Vertrag - zumindest dann, wer er auch noch mehrere Nachmieter anbieten könne. Der Eigentümer müsse dann seine eigenen Interessen zurückstellen und Rücksicht auf die besondere Situation der Vertragspartnerin nehmen. Der Richter warf dem Vermieter in diesem Zusammenhang vor, dass er sich über ein halbes Jahr nach der Kündigung nicht um die ihm genannten Nachmieter gekümmert habe. Ergebnis im konkreten Fall: Die Frau durfte nach Ablauf von drei Monaten ihre Mietzahlungen einstellen.

Aktenzeichen: Amtsgericht Osnabrück 66 C 66/00.

(sueddeutsche.de/ LBS)

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