Kreditwirtschaft in Not:Banken unter Wasser

Lesezeit: 2 min

Fachleute rechnen vor, dass deutsche Kreditinstitute wegen der Rezession womöglich auf Jahre ohne Gewinn wirtschaften. 180.000 Jobs sind bedroht.

Martin Hesse

Die Krise der Banken wird sich in den nächsten zwei Jahren nach Einschätzung von Fachleuten noch verschärfen. So rechnet die Unternehmensberatung Bain & Company damit, dass die gesamte Branche in Deutschland 2010 im laufenden Geschäft zwei Milliarden Euro Verlust erwirtschaften wird, während sie dieses Jahr wegen guter Ergebnisse der Volksbanken und Sparkassen noch 15 Milliarden Gewinn mache.

"Es wird sehr große Unterschiede zwischen den Banken geben, die Schere zwischen Gewinnern und Verlierern geht weiter auf" (Foto: Foto: AP)

"Nicht 2009, sondern 2010 wird operativ das schwierigste Jahr für die Banken", sagt Stefan Frank von Bain. Dabei könnten bis 2012 150.000 bis 180.000 Arbeitsplätze verlorengehen. Auch bei Anlegern schwindet die Hoffnung, die Banken könnten sich rasch erholen. Am Mittwoch verlor die Aktie der Deutschen Bank zeitweise mehr als neun Prozent. Als Grund galten schlechte Zahlen der Konkurrenz und eine investorenfeindliche Entscheidung der Bank.

Am Mittwoch meldete die US-Bank Morgan Stanley für das vierte Quartal einen Verlust von 2,2 Milliarden Euro. Die BNP Paribas räumte überraschend hohe Verluste im Investmentbanking ein, die Aktie stürzte zeitweise um mehr als 15 Prozent ab. Für die Deutsche Bank rechnen Analysten im vierten Quartal mit einem Minus von fast 900 Millionen Euro.

"Es sieht rabenschwarz aus"

Doch all das ist womöglich nur der Anfang. "Für 2009 sieht es rabenschwarz aus", sagt Konrad Becker, Analyst bei Merck Finck. Die Unternehmensberatung Bain erwartet erst ab 2011 eine Erholung. Walter Sinn vom Konkurrenten Boston Consulting Group (BCG) verweist jedoch auf die Unsicherheit der Prognosen. 2009 werde schwierig. Ob sich die Entwicklung 2010 verschärfe, sei aber nicht seriös zu prognostizieren.

"Es wird sehr große Unterschiede zwischen den Banken geben, die Schere zwischen Gewinnern und Verlierern geht weiter auf." Bain rechnet vor, deutsche Banken hätten im Zuge der Finanzkrise bislang 53 Milliarden Euro abgeschrieben. Weitere 20 bis 30 Milliarden Euro seien zu erwarten - ohne jene Wertberichtigungen, die infolge der Rezession notwendig werden. Der wirtschaftliche Abschwung aber ist die Hauptsorge der Experten.

"Er wird dazu führen, dass die Abschreibungen auf Firmen- und Konsumentenkredite drastisch ansteigen", glaubt Becker. Würde beispielsweise die Deutsche Bank für eine ähnlich hohe Quote ihrer Kredite eine Risikovorsorge bilden wie in der letzten Rezession 2002, würde das eine Rückstellung von 3,2 Milliarden Euro bedeuten.

Kostensenkungen und Personalabbau

Banken verweisen darauf, dass die Firmen jetzt besser dastünden als vor der letzten Rezession, außerdem managten Banken ihre Risiken besser. "Aber wie hoch die Kreditausfälle sein werden, hängt vor allem davon ab, wie stark der wirtschaftliche Abschwung in einzelnen Sektoren wird", sagt BCG-Manager Sinn. Die Ratingagentur Standard & Poor's legte eine Prognose vor, nach der die Kreditausfallraten bei Firmen bis Ende 2010 auf mehr als 20 Prozent steigen könnten. In den nächsten zwölf Monaten könnten sich die Ausfälle auf bis zu 25 Milliarden Euro summieren.

Für die Banken sieht S&P daher schwarz, "da sich ihre Profitabilität verschlechtert, die Verluste aus dem Kredit-geschäft zunehmen, und die Refinanzierung auch nach den kürzlich angekündigten Rettungspaketen verschiedener Regierungen knapp und teuer bleibt". Becker nennt weitere Argumente gegen die Banken. In der Rezession werde die Nachfrage nach Dienstleistungen in allen Bereichen sinken.

Dies werde die Banken auszehren und manches Institut in Existenznot bringen. "Die Banken werden darauf mit Kostensenkungen und sicher auch Personalabbau reagieren", erwartet BCG-Manager Sinn. Allerdings dürften die Banken damit beim Bund auf wenig Verständnis stoßen, der zahlreiche Institute mit staatlichem Geld unterstützt. Becker erwartet, dass der Staat 2009 verstärkt darauf drängen wird, dass Banken ihr Eigenkapital stärken - zur Not mit Hilfe der Regierung.

© SZ vom 18.12.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: