Kreditkrise:Kater nach dem Kaufrausch

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Die internationale Kreditkrise bremst die Finanzinvestoren aus. Davon könnten nun offene Immobilienfonds profitieren, die bisher oft das Nachsehen hatten.

Corinna Nohn

Einst war es Deutschlands begehrteste Adresse. Jetzt werden Daimler und Sony wohl Probleme haben, gute Preise für ihre milliardenschweren Immobilien am Potsdamer Platz in Berlin zu erzielen.

Denn die internationale Finanzkrise und ihre Folgen bremsen den Kaufrausch auf dem deutschen Immobilienmarkt. "Es wird nicht mehr alles durchfinanziert, was auf den Markt kommt", sagt Wolf Schumacher, Vorstandsvorsitzender der Aareal Bank, die Immobilienfinanzierungen in mehr als 25 Ländern anbietet und dem Mittelwerte-Index MDax angehört. "Die Auswahl ist härter geworden: Es gibt wieder eine klare Fokussierung auf die Qualität der Kunden und der Objekte."

Zwar schien die Stimmung der Investoren auf der größten europäischen Gewerbe-Immobilienmesse Expo Real, die am Mittwoch in München zu Ende ging, ungetrübt. "Es ist bestimmt das geschäftsintensivste Quartal, das wir in den vergangenen Jahren auf dem Gewerbeimmobilienmarkt hatten", sagt James Lapushner, der das Immobiliengeschäft der US-Investmentbank Morgan Stanley in Deutschland verantwortet.

Finanzinvestoren haben das Nachsehen

Doch im Wettbewerb der Banken um die besten Kunden haben offenbar insbesondere Finanzinvestoren das Nachsehen. Sie waren es gewohnt, bei ihren Geschäften bis zu 95 Prozent Fremdkapital einzusetzen - diese Zeiten sind vorbei.

"Die Banken sind vorsichtiger geworden, und die Kreditkosten sind gestiegen", sagt Lapushner. So seien die Zinsen im Schnitt um etwa 0,10 bis 0,60 Prozentpunkte in die Höhe geklettert - abhängig von der Bonität der Schuldner und den Investitionsobjekten. Hintergrund: Die Banken selbst können ihre Geschäfte zurzeit nur zu höheren Kosten refinanzieren. Denn der Markt für Verbriefungsprodukte, über den sich Banken normalerweise refinanzieren, ist ausgetrocknet.

"Nun müssen Investoren in der Regel ein Viertel der Anlagesumme an Eigenkapital aufbieten, unter 15 Prozent geht meist gar nichts", sagt Lapushner. "Die steigenden Kosten und die härtere Auswahl durch die Banken verringern natürlich den Kreis der potentiellen Käufer."

Davon könnten wiederum die offenen Immobilienfonds, die auch bei Privatanlegern beliebt sind, profitieren. Die Fondsgesellschaften hatten bei größeren Immobilienverkäufen in den vergangenen Jahren oft das Nachsehen, weil sie mit den Angeboten der Finanzinvestoren nicht mithalten konnten. Da die Banken nun wieder verstärkt darauf achten, dass Schuldner auch Eigenkapital in die Finanzierung mit einbringen, können die offenen Immobilienfonds punkten: Ihr Portfolio darf ohnehin maximal zur Hälfte auf Fremdkapital basieren, doch die meisten Gesellschaften bleiben deutlich unter dieser Grenze.

"Der Konkurrenzkampf und die Preistreiberei der vergangenen Jahre haben die offenen Immobilienfonds oft benachteiligt", sagt auch Sonja Knorr, Fondsanalystin bei der Ratingagentur Scope, die als einzige Agentur die Bonität aller offenen Immobilienfonds in Deutschland bewertet. "Jetzt nimmt der Risikoappetit der Investoren wieder ab, was den Fonds zum Vorteil gereichen kann."

Auch auf die Preise der Gewerbeimmobilien wirkt sich die Finanzkrise indirekt aus. Bei hochwertigen Immobilien in 1-A-Lage habe sich zwar nichts verändert, sagt Lapushner. "Aber für zweit- oder drittklassige Immobilien oder große Portfolios sind die Preise um bis zu 15 Prozent gefallen." Generell gelte: "Je größer die Immobilie und je schlechter die Qualität, desto stärker der Preiseinbruch."

Teuerste Stadt für Büros: Frankfurt

Diese Tendenz geht auch aus dem jüngsten Preisspiegel für Gewerbeimmobilien des Immobilienverbands IVD hervor. Nach Jahren fallender Preise weist das Branchenbild, das auf Marktpreisen aus dem zweiten und dritten Quartal 2007 basiert, zwar insgesamt auf steigende Büromieten hin. Der Durchschnitt wird aber in erster Linie von steigenden Preisen in Top-Lagen in Großstädten in die Höhe getrieben. "Hochwertige Büroflächenangebote in gefragten Lagen registrieren eine deutlich gestiegene Nachfrage und steigende Mieten", sagt Michael Schick, Vizepräsident und Sprecher des Branchenverbands.

In Städten mit weniger als 100.000 Einwohnern oder in schlechteren Lagen seien die Mietpreise hingegen weiter gesunken. Mit Spitzenmieten von bis zu 35 Euro pro Quadratmeter bleibt Frankfurt am Main die teuerste deutsche Stadt für Büros. Den deutlichsten Preisanstieg im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet München, wo die Kaltmiete für Büros der Kategorie "guter Nutzwert" um durchschnittlich knapp 18 Prozent auf 18,50 Euro pro Quadratmeter kletterte.

Ein Aspekt, der bei Investitionen in Gewerbeimmobilien ständig an Bedeutung gewinnt, ist die Verwaltung der Gebäude und Grundstücke sowie das aktive Management der Portfolios. "Die Manager-Qualitäten sind sehr wichtig geworden", erklärt Analystin Knorr. Man sehe es auch an der Entwicklung bei den offenen Immobilienfonds: "Die Portfolios werden besser verwaltet, die Manager präsentieren klare Anlagestrategien und überprüfen ihre Portfolios ständig auf diese Zielvorgaben hin."

Aareal-Chef Schumacher sieht die Entwicklungen im Finanzierungsbereich generell positiv. Es stelle sich zwar die Frage, ob die Weltwirtschaft nun in eine durchgreifende Krise rutschen könne. "Ich glaube allerdings, dass es ein reinigendes Gewitter war", sagt Schumacher. In einigen Märkten seien die Risiken einfach nicht mehr adäquat bewertet gewesen.

Wichtig sei nun, dass die Banken untereinander wieder Vertrauen aufbauen. "Ich gehe davon aus, dass sich der Markt für Verbriefungen im Laufe des kommenden Jahres wieder erholen wird." Seine Bank setze weiterhin auch auf Pfandbriefe, die erneut ihre Krisenfestigkeit und Qualität bewiesen hätten. "Wir emittieren ohne Probleme ständig kleinere Tranchen von Pfandbriefen."

© SZ vom 11.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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