Kreditkrise:Die Woche der Wahrheit

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In der derzeit schwelenden Kreditkrise werden die Nerven der Anleger erneut auf die Probe gestellt: Vor den in dieser Woche erwarteten Quartalszahlen amerikanischer Investmentbanken warfen Anleger Finanzaktien über Bord.

Martin Hesse

Wegen der seit Wochen schwelenden Kreditkrise fürchten Investoren, die Gewinne der Banken könnten einbrechen. Die Citigroup nährt diese Erwartungen. Die Aktionäre sind auch deshalb so nervös, weil in dieser Woche vier der führenden amerikanischen Investmentbanken Zahlen für das dritte Quartal vorlegen, das bei ihnen am 31. August endete. An der Wall Street spricht man daher von einer Woche der Wahrheit.

Die Deutsche Bank werde im Gesamtjahr 2007 15 Prozent weniger verdienen als bislang erwartet, schätzt Citigroup-Analyst Jeremy Sigee. Im kommenden Jahr drohe sogar ein Gewinneinbruch um 18 Prozent.

Das Kursziel für die Bank senkte Sigee um 28 Prozent auf jetzt 82 Euro und riet zum Verkauf. Anleger folgten der Empfehlung und drückten die Deutsche-Bank-Aktie bis zum Nachmittag um 1,7 Prozent auf 88,43 Euro.

Besonders exponiert im Geschäft mit Rentenpapieren

Sigee argumentiert, die Deutschen Bank sei besonders exponiert im Geschäft mit festverzinslichen Wertpapieren und deshalb von der Kreditkrise stärker betroffen als andere Banken.

Auch Kian Abouhossein von J.P. Morgan sieht unter den europäischen Investmentbanken die Deutsche Bank besonders stark betroffen von den Turbulenzen an den Kreditmärkten.

Der Analyst rechnet damit, dass die Bank für Übernahmekredite in der Bilanz Wertberichtigungen in Höhe von 625 Millionen Euro vornehmen muss. Die Deutsche Bank hat nach Angaben der Ratingagentur Fitch etwa 32 Milliarden Euro an Krediten in den Büchern, die sie an Finanzinvestoren für Firmenkäufe vergeben hatte und nicht in dem erhofften Umfang an Investoren weiterreichen konnte.

Die Citibank senkte auch die Schätzungen für die Schweizer Großbanken UBS und Credit Suisse deutlich, riet hier jedoch nicht zum Verkauf der Aktien.

Skepsis über Ertragsaussichten der UBS

Fitch äußerte sich kritisch zu den Ertragsaussichten der UBS und senkte den Ausblick für ihr Bonitätsrating auf negativ. Dagegen empfahlen die Citi-Analysten auch Hypo Real Estate und Depfa Bank zum Verkauf, die vor kurzem ihre Fusion angekündigt hatten. Beide Aktien gerieten unter Druck.

Auch Commerzbank und Postbank gehörten zu den Verlierern im Dax, wenngleich die Citigroup die Commerzbank für weniger betroffen von der Kreditkrise hält und weiterhin zum Kauf empfiehlt.

J.P. Morgan rät Anlegern generell dazu, sich derzeit eher an Banken zu halten, die ihre Erträge überwiegend im Massenkundengeschäft und nicht im Investmentbanking erzielen, etwa die italienische Unicredit, die französische Société Générale oder die spanische Santander.

US-Institute veröffentlichen Quartalszahlen

Zunächst aber richtet sich in den nächsten Tagen das Interesse der Anleger auf die amerikanischen Investmentbanken. Am Dienstag wird zunächst Lehman Brothers Quartalszahlen vorlegen. Am Mittwoch und Donnerstag folgen Morgan Stanley, Goldman Sachs und Bear Stearns.

Bereits vergangenen Freitag hatte der Konkurrent Merrill Lynch gewarnt, Abschreibungen infolge der Kreditkrise könnten das Quartalsergebnis belasten. Die Bank präsentiert jedoch erst im Oktober die Vierteljahreszahlen.

Analysten kritisierten, dass Merrill keinerlei Angaben zum Ausmaß der Wertberichtigungen machte. Die Bank ist einer der größten Anbieter von zweitklassigen Hypothekenkrediten (Subprime-Darlehen) in den USA und kündigte am Montag an, in diesem Bereich Stellen abbauen zu wollen.

Gewinnrückgang erwartet

Lehman Brothers hatte bereits im August einen Großteil des Hypothekengeschäftes geschlossen. Analysten erwarten bei der Bank im Durchschnitt einen Gewinnrückgang um etwa fünf Prozent.

Bei Morgan Stanley rechnen die Experten damit, dass der Gewinn um elf Prozent schrumpft. Am stärksten dürfte mit Bear Stearns jene Investmentbank leiden, die im Frühsommer zwei Hedge-Fonds wegen Verlusten am Subprime-markt schließen musste. Erst danach hatte sich die Kreditkrise rapide auf andere Märkte ausgeweitet.

Bei Goldman Sachs könnten Verluste großer Hedge-Fonds das Ergebnis belasten. Ein Sonderertrag aus dem Verkauf der Firma Horizon Wind Energy dürfte jedoch unter dem Strich für einen Gewinnanstieg sorgen.

Schwer zu prognostizieren

Insgesamt lassen sich die Ergebnisse der Investmentbanken jedoch nur schwer prognostizieren und noch schwerer vergleichen. Zum einen nutzen sie Spielräume bei der Bewertung von Wertpapierbeständen unterschiedlich aus.

Deutsche-Bank-Chef Ackermann hatte deshalb vor kurzem gefordert, die Bewertungsansätze zu vereinheitlichen. Außerdem endet bei einigen amerikanischen und allen europäischen Investmentbanken das Quartal erst zum 30. September. In diesem Monat hatten sich die Marktbedingungen noch einmal verschlechtert.

© SZ vom 18.03.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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