Korruption in Weiß:Lauterbach und der Pranger

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Wenige Problemstellen oder gängige Praxis? SPD-Mann Lauterbach geht gegen die Ärzte-Korruption vor. Seine Idee: Mediziner sollen Kollegen anonym verpfeifen.

Als Gesundheitsökonom ist der SPD-Karl Lauterbach recht gut mit den verworrenen, teils dubiosen, Beziehungen zwischen Ärzten und Krankenhäusern betraut. Die " Fangprämien", die seit Tagen durch die Öffentlichkeit geistern, sind daher ein gefundenes Fressen für den Politiker, gerade in Wahlkampf-Zeiten.

SPD-Politiker Karl Lauterbach will stärker gegen korrupte Ärzte vorgehen. Sein Vorschlag: Ein Pranger per Telefon. (Foto: Foto: dpa)

Jetzt hat sich der Gesundheits-Experte im Deutschlandfunk zu Wort gemeldet und drastische Maßnahmen gegen die Ärzte-Korruption gefordert. Ein Pranger soll die illegalen Absprachen zwischen Medizinern und den Spitälern künftig unterbinden - oder zumindest im Zaum halten.

Diese Meldestelle sollte bei den Landesbehörden angesiedelt sein und Krankenhausärzten die Möglichkeit geben, sich anonym zu melden und Missstände mitzuteilen. Man solle sich nicht zu sehr auf die Selbstverwaltung der Mediziner verlassen, sagte Lauterbach: "Das Problembewusstsein scheint nicht ausreichend ausgeprägt zu sein."

Wie umfangreich das Problem sei, wisse er nicht, sagte der SPD-Mann. Allerdings ist sich Lauterbach sicher, "dass es sich nicht um Einzelfälle handelt".

Krisentreffen in Berlin

Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler, hatte eingeräumt, dass es in Einzelfällen Ärztebestechung durch Kliniken in Form von "Motivationsprämie, Fangprämie, Kopfpauschale" gebe. Die Spitzen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), der Bundesärztekammer und der KBV wollen bei einem Treffen am Freitagmittag in Berlin über ein gemeinsames Vorgehen gegen dieses Problem beraten.

Der Lauterbach-Pranger steht dabei nicht auf der Tagesordnung. Vielmehr gehe es darum, "Problembewusstsein und Handlungsfähigkeit" zu beweisen sowie "Lösungsmöglichkeiten" zu erarbeiten, sagte ein DKG-Sprecher. Das Ziel des Treffens: Die "wenigen Problemstellen" zwischen Ärzten und Kliniken sollten geklärt werden.

Wie fatal es tatsächlich wäre, wenn Patienten ohne Grund in Klinken eingeliefert würden, darüber streiten sich die Experten. Lauterbach hat vor großen Risiken, etwa für Krebspatienten, gewarnt. Würden sie in ungeeignete Kliniken eingewiesen, könne dies sogar "den Tod des Patienten zur Folge haben". KBV-Chef Köhler sagte dagegen, dies sei "Quatsch". Patienten würden durch derartige Aussagen massiv verunsichert.

Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Theodor Windhorst, sagte dem Westfalen-Blatt, in erster Linie würden Patienten "verkauft", die in der Urologie, Orthopädie und Chirurgie behandelt würden.

"Viel Missbrauch im Busch"

Bestechung gibt es aber anscheinend nicht nur im Dunstkreis von Ärzten und Krankenhäusern. Auch Sanitätshäuser und Hörgeräteakustiger bedienen sich anscheinend dubioser Geschäftspraktiken.

Manche Anbieter hätten "die Gebiete regelrecht unter sich aufgeteilt", sagte die Chefermittlerin der Krankenkasse KKH-Allianz, Dina Michels, der Frankfurter Rundschau. Manche zahlten den Ärzten die Kosten für eine Arzthelferin oder die Auto-Leasingrate der Frau. Der Bestechungs-Paragraf 299 des Strafgesetzbuches müsse so geändert werden, dass er auch auf Ärzte angewendet werden könne, verlangte Michels.

Die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International kritisierte: "Wir wissen seit Jahren, dass da viel Missbrauch im Busch ist und die Kassenärztlichen Vereinigungen ihrer Aufsichts- und Kontrollpflicht nicht nachkommen." Auch bei Aufträgen zwischen Internisten und Röntgenärzten oder Zahnärzten und -laboren werde gekungelt, sagte Vorstand Anke Martiny dem Tagesspiegel.

DKG-Chef Rudolf Kösters sieht das anders. Er wies Darstellungen zurück, wonach rund fünf Prozent der rund 14 Millionen Einweisungen in Kliniken unkorrekt seien. Vielmehr könnten fünf Prozent der Kliniken betroffen sein. Und für Ärztechef Köhler ist die ganze Debatte sowieso unsinnig: "Das ist der Mutterkuchen des Sommerlochs."

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