Koalitionäre Reibereien:CSU geißelt SPD-Pläne für Reichensteuer

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Schlagabtausch in der Großen Koalition: CSU-Generalsekretär Dobrindt kritisiert die Pläne von SPD-Minister Steinbrück für eine Reichensteuer. Vielmehr gehe es um Steuersenkungen.

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt kritisierte die Steuerpläne der SPD scharf. Es sei ein "Armutszeugnis", dass Finanzminister Peer Steinbrück sich gegen die Abschaffung der kalten Progression im Steuersystem stemme, sagte er. "Es ist ein schwacher Trost für den Facharbeiter, bei dem die kalte Progression die Lohnerhöhung wegfrisst, wenn die SPD die Reichensteuer erhöhen will."

Dem einen wird ein "Armutszeugnis" erteilt, der andere sei ein "Alchimist": Was CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt (links) und SPD-Finanzminister Peer Steinbrück übereinander zu sagen haben, klingt nach wenig Harmonie. (Foto: Fotos: ddp, dpa)

Auch Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) hält an seinen Forderungen nach massiven Steuerentlastungen für Bürger und Unternehmen fest. "Wir sind der festen Überzeugung: Wir brauchen eine breite Entlastung für jedermann", sagte er in München.

Gemeinsames Wahlprogramm der Union

"Ich glaube, dass auch die Ministerpräsidenten der CDU überzeugt davon sind, dass wir im Laufe der nächsten Legislaturperiode weitere Steuerentlastungen brauchen. Und deshalb werden wir konstruktiv mit der CDU am gemeinsamen Steuerkonzept arbeiten ­ ohne Vorbedingung", sagte Fahrenschon weiter.

CDU und CSU wollen für die Bundestagswahl im September ein gemeinsames Programm vorlegen. Darin soll auch das CSU-Steuerkonzept einfließen, das die CSU bei einer Vorstandsklausur am vergangenen Wochenende beschlossen hatte.

Allerdings warnte Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) bereits vor "falschen Versprechungen" und einem "Wettbewerb der Vorschläge für Steuererleichterungen".

"Wir müssen dynamisch aus der Krise raus"

Fahrenschon bekräftigte dagegen, nur mittels Steuerentlastungen auf breiter Front könne die Grundlage für einen wirtschaftlichen Wiederaufschwung gelegt werden. "Wir müssen dynamisch aus der Krise raus und dürfen deshalb jetzt nicht wie das Kaninchen vor der Schlange in eine Schockstarre verfallen."

So müsse man über Steuersenkungen "erst einmal wieder Wachstum ins Land tragen". "Aus dem Wachstum heraus können wir dann auch die Gegenfinanzierung und die weiter notwendige Haushaltskonsolidierung vorantreiben", sagte er. Das Streichen von steuerlichen Abzugsmöglichkeiten sei im CSU- Konzept bewusst nicht zur Gegenfinanzierung vorgesehen.

Als ersten dringenden Schritt für die Zeit nach der Bundestagswahl bezeichnete Fahrenschon Nachbesserungen bei der Unternehmensteuer - falls sich Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hier vor der Wahl weiter verweigere. Zudem müsse man dann umgehend die Mehrwertsteuersystematik anpacken.

Von 45 auf 47,5 Prozent

Steinbrück hatte CSU und FDP davor gewarnt, im Wahlkampf Steuergeschenke zu versprechen. "Wer jetzt Steuersenkungen bei diesen Staatsschulden und dem Bedarf, in Bildung zu investieren, für die nächste Wahlperiode verspricht, führt die Wähler hinter die Fichte", sagte er.

Gleichzeitig sprach er sich für die Erhöhung der so genannten Reichensteuer aus. Die SPD plant offenbar eine Anhebung von 45 auf 47,5 Prozent und eine Senkung der Einkommensgrenzen, ab denen der Spitzensteuersatz gezahlt werden muss.

Lesen Sie auf der zweiten Seite, warum Finanzminister Peer Steinbrück Inflationsgefahren sieht.

So soll die Einkommensgrenze, ab der der Steuersatz greift, drastisch gesenkt werden: für Verheiratete von 500.000 Euro auf 250.000 Euro und für Singles von 250.000 Euro auf 125.000 Euro.

Darauf hat sich nach Informationen der Rheinischen Post die SPD-Spitze bei den Beratungen über das Wahlprogramm geeinigt.

Mit den Zusatzeinnahmen von etwa einer Milliarde Euro pro Jahr sollen Bildungsinvestitionen finanziert werden. Die übrigen Einkommensteuertarife von 14 Prozent bis 42 Prozent sollen beibehalten werden.

Steinbrück nannte eine Erhöhung der Reichensteuer in der Bild-Zeitung gerecht. "So könnten wir Geld für Bildung mobilisieren", sagte er.

Gegen drittes Konjunkturprogramm

Der Finanzminister verwies darauf, dass gerade Milliarden in die Bekämpfung der Wirtschaftskrise investiert würden. Geld für Steuergeschenke in der Größenordnung von 25 bis 30 Milliarden Euro sei deswegen nicht vorhanden. "Auch die Alchimisten von CSU und den Liberalen können keines zaubern."

Steinbrück stemmte sich zudem weiter gegen Forderungen nach einem dritten Konjunkturprogramm. "Wir sollten abwarten, welche Kraft unsere bereits beschlossenen Maßnahmen entfalten und nicht schon wieder zappelig werden", sagte er der Bild-Zeitung weiter. Einen "ständigen Überbietungswettbewerb" in dieser Frage lehne er ab.

Zudem fürchtet Steinbrück nach dem Ende der Wirtschaftskrise wegen der schuldenfinanzierten staatlichen Gegenmaßnahmen eine weltweite Inflation.

"Es wird so viel Geld in den Markt gepumpt, dass die Gefahr einer Überlastung der Kapitalmärkte und einer weltweiten Inflation im Wiederaufschwung drohen könnten", sagte er der Bild-Zeitung weiter.

Kurzfristig gebe es kein Inflationsproblem, betonte der SPD-Politiker. Mittelfristig müsse die enorme Liquidität aber wieder abgezogen werden. Das werde eine besondere Herausforderung für alle Zentralbanken.

Unterstützung bekam Steinbrück von Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser. Er sagte der Zeitung: "Was die Regierung bisher getan hat, kann sich sehen lassen. Es darf aber keine weiteren Konjunkturpakete geben. Das restliche Pulver muss trocken gehalten werden, um beispielsweise Entlassungen im Herbst sozial abzufedern."

"Prognose mittlerweile überholt"

Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, forderte dagegen weitere öffentliche Investitionen im Kampf gegen die Wirtschaftskrise.

Es sei nicht auszuschließen, dass die Wirtschaft so stark schrumpfe wie zuletzt 1931/32, schrieb er in einem Beitrag für die in Dresden erscheinende Sächsische Zeitung.

"Gemessen daran reichen die bisherigen Konjunkturpakete nicht aus. Als das zweite geschnürt wurde, ging die Regierung von einer Prognose aus, die mittlerweile überholt ist." Damit die Krise eingedämmt und eine schwere Depression verhindert werden könne, "brauchen wir deutlich mehr öffentliche Investitionen". "Das kostet Geld und wird kurzfristig zu neuen Schulden führen. Aber wer jetzt knausert, wird später einen wesentlich höheren Preis zahlen müssen."

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