Jubel an der Börse:Dax kratzt am Rekordhoch aus dem Jahr 2000

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Der Deutsche Aktienindex (Dax) hat zeitweise seinen bisher höchsten Schlussstand aus dem Jahr 2000 übertroffen. Die gute Konjunktur und die große Zahl von Fusionen und Übernahmen treiben die Kurse. Doch Experten sehen erste Wolken aufziehen.

Martin Hesse

Der Dax stieg am Mittag bis auf 8095 Punkte. Lediglich am 10. März 2000 notierte der Leitindex mit 8136 Zählern zeitweise noch höher. Nie schloss er bislang bei mehr als 8065 Punkten (7. März 2000). Auch am Montag konnte sich der Dax nicht ganz auf diesem Niveau halten und lag zum Handelsschluss bei 8036 Zählern (+0,07 Prozent).

Seit Jahresbeginn haben die 30 größten deutschen Konzerne an der Börse 22 Prozent an Wert gewonnen. Größte Gewinner sind der Lkw-Konzern MAN (+61 Prozent), der Autohersteller DaimlerChrysler (+47 Prozent) und Siemens (+40 Prozent). Lediglich Aktien der Lufthansa, des Stromkonzerns RWE sowie des Software-Herstellers SAP haben in diesem Jahr moderat an Wert verloren.

Trotz der rasanten Kursentwicklung sprechen bislang wenige Experten von einer spekulativen Blase, sie verweisen auf die gute Konjunktur. Matthias Jörss, Aktienstratege bei der Privatbank Sal. Oppenheim, sagte, der Durchschnitt der Wachstumsprognosen der Banken für Deutschland sei binnen drei Monaten von zwei Prozent auf 2,7 Prozent gestiegen.

"Das ist schon eine sehr starke Bewegung.'' Sie spiegle sich auch in den Gewinnschätzungen für die Unternehmen und damit in den Aktienkursen wider. Auch mehrere Wirtschaftsforschungsinstitute hatten zuletzt ihre Wachstumsprognosen hochgeschraubt, zuletzt am Montag das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) von 2,3 auf 2,5 Prozent.

Als weiterer Kurstreiber gelten Fusionen und Übernahmen. 2007 kauften Finanzinvestoren und Konzerne bis Mitte Mai weltweit Firmen im Wert von mehr als zwei Billionen Euro. In vielen Aktien seien Preisaufschläge enthalten, die die Hoffnung auf Übernahmen widerspiegeln, sagte Jörss.

Finanzinvestoren lauern in der Deckung - noch

"Das ist sicher ein sehr starker Treiber, ohne den die Kurse um etwa fünf Prozent niedriger notieren würden.'' Als Beispiel nennt er Continental: Jeder wisse zwar, dass eine Übernahme nicht unmittelbar bevorstehe, doch sei die Wahrscheinlichkeit groß, dass bei einem Kursrückgang interessierte Finanzinvestoren aus der Deckung kämen.

Philipp Vorndran, Aktienstratege bei Credit Suisse, sieht dagegen keinen Übernahme-Aufschlag im Dax, die Kurse seien in den vergangenen zwölf Monaten im Gleichschritt mit den Gewinnen gestiegen, die Bewertungen hätten sich daher gemessen an den Erträgen nicht erhöht und seien voll durch diese gedeckt.

Bei allem Optimismus wächst bei Investoren die Nervosität. An den Terminbörsen, wo Anleger auf steigende aber auch auf fallende Kurse spekulieren können, ist das Verhältnis von Verkaufs- zu Kaufsoptionen - so heißen diese Wetten - für den Europa-Index Euro-Stoxx-50 auf den höchsten Wert seit 2002 gestiegen.

"Die Investoren haben sich also in Erwartung der Marktkorrekturen schon ein Schutzschild zugelegt'', sagt Ulrike Pfuhl von der Fondsgesellschaft J.P. Morgan Asset Management. Sorgen bereitet Aktionären die Aussicht, die US-Notenbank könnte die Zinsen hoch halten oder sogar weiter anheben.

Vorndran glaubt jedoch, dass steigende Zinsen erst dann negativ auf die Börse wirken werden, wenn die Verzinsung langfristiger US-Staatsanleihen auf mehr als sechs Prozent steigt. Derzeit werfen US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit 5,14 Prozent ab.

"Die hohen Zinsen könnten dem Dax bald das Genick brechen'', sagte dagegen Frank Mella, der vor 20 Jahren den deutschen Leitindex Dax erfand, im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung.

© SZ vom 19.06.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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