Investor Christopher Hohn:Der Wegzauberer

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Der Hedge-Fonds-Manager Christopher Hohn sieht aus wie der Bruder von Harry Potter. Wo er auftritt, verschwinden mitunter ganze Konzerne.

Andreas Oldag

"Wir machen uns mit dem, was wir tun, nicht immer Freunde", sagt Christopher Hohn. Das ist eine leichte Untertreibung. Hohn und der von ihm gegründete britische Hedge-Fonds The Children's Investment Fund (TCI) sind längst zum Synonym für skrupellose Firmenjäger geworden, die vor nichts zurückschrecken. So hat der aggressive Investor wesentlich zur anstehenden Zerschlagung der niederländischen Großbank ABN Amro beigetragen, deren Tradition 183 Jahre zurückreicht.

Das begann mit einem Brief Hohns im April 2006 an ABN-Aufsichtsratschef Arthur Martinez: Darin war von verfehlten strategischen Entscheidungen die Rede, ebenso wie vom zu schwachen Abschneiden an der Börse. Über die Reaktion des bedächtigen Martinez ist nichts bekannt. Hohn jedenfalls ließ nicht locker. Obwohl sein Fonds nur drei Prozent der ABN-Anteile besaß, forderte er die Aufspaltung der Bank und die Entlassung ihres Chefs Rijkman Groenink.

Hoher Gewinn für TCI

Am Ende einer spektakulären Übernahmeschlacht, in dessen Verlauf Groenink erfolglos versuchte, unter das Dach der britischen Großbank Barclays zu schlüpfen, ist Hohn Sieger. ABN wird jetzt von einem Konsortium unter Führung der Royal Bank of Scotland (RBS) übernommen und zerschlagen. TCI kann einen hohen Gewinn einstreichen: Als Hohn Anfang des Jahres Groenink direkt angriff, stand die ABN-Aktie bei 25 Euro. Nachdem RBS den Plan zur größten Bankübernahme der Geschichte präsentierte, kostet sie 37,81 Euro.

Das wird Hohns Ehefrau Jamie freuen, die die gemeinnützige Kinder-Hilfsorganisation Children's Investment Fund Foundation (CIFF) führt. Ein Drittel der Managementgebühren-Einnahmen überweist TCI automatisch an die Stiftung, die damit unter anderem aidskranke Kinder in der Ditten Welt unterstützt.

Geburtsort Jamaika

Was treibt den Mann an, der mit seinen Attacken gegen ABN nach eigener Aussage sogar Todesdrohungen von Bankmitarbeitern in Kauf genommen hat? Die britische Zeitung Times nannte ihn einen "ruchlosen Philanthropen", der 150-prozentig von seiner Mission überzeugt sei. Andere britische Medien stilisieren ihn zum Zaubermeister eines neuen Finanz-Kapitalismus. Vielleicht auch, weil der 40-Jährige mit seinen verstrubbelten, schwarzbraunen Haaren und der randlosen Brille ausseht wie der große Bruder von Harry Potter.

Doch der schüchterne und öffentlichkeitsscheue Hedge-Fonds-Manager betreibt keine schwarze Magie, sondern verfolgt eine geschickt ausgetüftelte Investmentstrategie. Damit gelingt es ihm immer wieder, als rebellierender Anteilseigner Schwachpunkte von großen und schwerfälligen Firmen anzugreifen. Eine Strategie, die er bereits vor zwei Jahren praktizierte, als er gegen die Pläne der Deutschen Börse zur Übernahme der Londoner Börse (LSE) zu Felde zog und den damaligen Börsenchef Werner Seifert aus dem Amt jagte.

Damals hat man den komischen Kauz aus London, der stundenlang auf seinem Blackberry herumtippen kann, noch unterschätzt. Kaum jemand kannte Hohn, der in Jamaika als Sohn eines Automechanikers geboren wurde. Die Familie wanderte nach Großbritannien aus und ließ sich in der Grafschaft Sussex nieder. Nach dem Studium an der Universität Southampton ergatterte Hohn ein Stipendium an der berühmten Harvard Business School in den USA. Mitte der 90er Jahre kam er zurück nach Großbritannien und startete eine Karriere beim Hedge-Fonds Perry Capital. 2003 gründete er seinen eigenen Fonds.

Britische Börsenaufsicht ermittelt

"Unsere Sicht ist, dass Anteilseigner als aktive Eigentümer handeln sollten. Das ist für viele Unternehmensvorstände ungewöhnlich", sagt Hohn, dessen Vermögen mittlerweile auf mehr als 120 Millionen Euro geschätzt wird. Der Finanzspekulant selbst betont immer wieder, dass er sich streng an die Aktiengesetze hält. Doch es gibt auch Kritiker, die das in Zweifel stellen.

Kein Zufall, dass die britische Börsenaufsicht FSA die Praxis von Hedge-Fonds unter die Lupe nimmt, sich bei Angriffen auf Firmen abzusprechen. Das könnte an Marktmanipulation grenzen, heißt es bei der FSA. TCI etwa hat nach Medienberichten einen 18-prozentigen Anteil am Fonds Parvus. In beide Fonds hat die legendäre Bankiersfamilie Rothschild investiert. Eines ihrer Mitglieder zählt außerdem zum Führungsteam des US-Hedge-Fonds Atticus.

Atticus und TCI verhinderten gemeinsam die Übernahme der LSE durch die Deutsche Börse. Zwar betont Hohn, dass alle unabhängig voneinander handeln. Doch es gehört zu den brisanten Details, dass er vor kurzem seinen Aufsichtsratsposten im Investmentrust RIT der Rothschilds aufgegeben hat, offenbar um den Eindruck von Interessenkollisionen zu vermeiden.

"Hohn ist ein geschickter Strippenzieher. Doch er könnte auch mal kräftig auf die Nase fallen", sagt ein Londoner Banker.

© SZ vom 10.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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