Investieren in Publikumslieblinge:Die Milliardenfonds

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Zahlreiche Aktienfonds sind gleich mehrere Milliarden Euro schwer. Doch die langjährigen Publikumslieblinge haben derzeit zu kämpfen.

Jochen Hägele

Murdo Murchison könnte viele Aktien kaufen: Zum Beispiel alle an der Börse gehandelten Papiere der Deutschen Post, oder sämtliche Aktien von Adidas, Lufthansa und MAN zusammengenommen.

Die großen Fonds streuen international: Der Großteil liegt in der Wall Street, es folgt die LSE, doch auch die deutsche Börse spielt eine Rolle. (Foto: Foto: AFP)

Murchison managt den Templeton Growth Fund - mit 25,4 Milliarden Euro der größte aller in Deutschland zum Vertrieb zugelassenen Aktienfonds. Auf den Plätzen zwei und drei folgen der Fidelity European Growth Fund und der JP Morgan Europe Strategic Value. Zu den Klassikern deutscher Fondshäuser zählen etwa der DWS Vermögensbildungsfonds I oder der Arideka (Tabelle).

Die langjährigen Publikumslieblinge haben es derzeit aber nicht leicht: So flossen aus dem Templeton Growth Fund in diesem Jahr netto 169 Millionen Euro ab, das DWS-Vorzeigeprodukt Vermögensbildungsfonds I verlor gar mehr als eine Milliarde Euro an Anlagegeld. Doch Experten sehen durchaus Vorteile für die Riesenfonds:

Das Anlagespektrum:

Bei den Schwergewichten können die Fondsmanager in der Regel die Aktien aus einem großen Spektrum auswählen. So hatte der Templeton Growth Fund Ende Oktober rund 41 Prozent in den USA angelegt, 16 Prozent in Großbritannien und 6,2 Prozent in Deutschland.

Die Folgen dieser Streuung: Die Kursschwankungen fallen meist geringer aus, Anlegern werden zugleich weltweite Chancen eröffnet. Fonds wie der HSBC Indian Equity oder der World Mining von Merrill Lynch, die es ebenfalls auf Milliardengröße bringen, konzentrieren sich dagegen auf bestimmte Themen. Hier ist zwar das Kurspotential höher, dafür aber auch das Rückschlagsrisiko und die zu erwartenden Wertschwankungen.

Die Anlagestile:

Neben dem Anlagespektrum unterscheiden sich die Fonds nach Art der Titelauswahl. So setzt der DWS Vermögensbildungsfonds I vor allem auf größere Unternehmen, sogenannte Blue Chips, und das weltweit. Der JP Morgan Europe Strategic Value favorisiert Substanzwerte, also Aktien etablierter Firmen mit günstiger Bewertung - in Abgrenzung zu Wachstumswerten.

Der Fidelity European Growth konzentrierte sich lange vor allem auf kleinere Firmen - sogenannte Nebenwerte. Das war kein Problem, bis das Fondsvolumen auf Grund des Erfolges immer größer wurde. Die Folge: "Teils benötigte der Fonds Wochen, eine Aktienposition ohne zu starke Auswirkungen auf den Kurs aufzubauen oder abzubauen", sagt Werner Hedrich, Direktor bei dem Fondsanalysehaus Morningstar.

Vom neuen Fondsmanager Alexander Scurlock erwartet der Analyst nun eine Abkehr von der Nebenwerte-Strategie. Bei Fonds, die allein auf Standardwerte setzen, sei die Größe dagegen kein Problem, so der Fondsexperte.

Wertentwicklung:

Viele der großen Fonds zeichnen sich durch eine überdurchschnittliche Wertentwicklung über lange Zeiträume aus. Das ist nicht selbstverständlich: "90 Prozent aller Fondsmanager schaffen es nicht, ihren Vergleichsindex zu übertreffen", sagt Experte Hedrich. Schon die Kostenbelastung durch Aktientransaktionen und Verwaltungsaufwand (Anlagelexikon) erschwert es, den Index zu erreichen.

Kosten:

Die Riesenfonds sind meist günstiger als kleinere Konkurrenten. Je größer der Fonds, auf umso mehr Anleger werden die Kosten verteilt. Das trägt zu ihrem Erfolg bei.

Währungswahl:

Aktienpositionen werden auch bei in Euro gehandelten Fonds in aller Regel nicht gegen Wechselkursveränderungen abgesichert. Eine Abwertung des Dollars wirkt sich damit immer negativ in der in Euro kalkulierten Wertentwicklung aus - egal, in welcher Währung der Fonds notiert.

Mittelabflüsse:

Die Fondshäuser betrachten die jüngsten Mittelabflüsse nicht als Folge mangelhafter Performance: "Trotz erfolgreicher Aktienjahre sehen wir seit längerem eine starke Risikoaversion der Anleger", sagt Reinhard Berben, Deutschland-Chef von Franklin Templeton.

"Dieses Phänomen betrifft nicht nur die großen Fonds", heißt es auch bei DWS. Die Tendenz der Anleger geht seit Jahren hin zu Geldmarkt- und Rentenfonds. Ein Fehler, meint Stefan Seip, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Investment und Asset Management (BVI): "Aktienfonds sind langfristig die renditestärksten Anlageinstrumente." So brachten Aktienfonds mit internationalem Schwerpunkt nach der Statistik des BVI bei einem Sparplan über 30 Jahre durchschnittlich 7,8 Prozent Rendite pro Jahr.

Anlage:

Für Privatanleger sind global und europaweit agierende Milliardenfonds durchaus als Basisinvestment geeignet, ob im Rahmen eines Sparplans oder über eine Einmalanlage. Ihre breite Streuung und die relativ geringe Kostenbelastung sind Vorteile.

Auch ihre kontinuierliche Leistung spricht meist für sie. Doch sollten Kunden nicht nur auf die Größe achten, auch für Riesenfonds gilt der rechtliche Hinweis am Ende der meisten Wertpapierprospekte: "Wertentwicklungen der Vergangenheit sind keine Garantie für künftige Erträge."

© SZ vom 02.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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