Investieren in den Boom:Von der Handy-Hysterie profitieren

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Mit der Begeisterung für das iPhone steigen die Aktien des Herstellers Apple - und auch die Kurse von Branchen-Konkurrenten.

Thorsten Riedl

Eigentlich ist doch nur ein neues Handy auf den Markt gekommen. Doch Schätzungen zufolge haben sich am ersten Verkaufswochenende mehr als einen halbe Million Amerikaner das neue Gerät geholt: Das iPhone, das erste selbst entwickelte Mobiltelefon des Computerherstellers Apple, hat eine Hysterie ausgelöst.

(Foto: Foto: AFP)

Tage vor dem Verkaufsstart in Nordamerika am vergangenen Freitag standen die ersten Käufer vor den Läden von Apple und des Mobilfunkbetreibers AT&T, der das Gerät exklusiv in den Vereinigten Staaten anbietet. Der Überschwang um das neue Telefon wirft ein Schlaglicht auf die Branche: Die Hoffnung der Anleger ruht darauf, dass von der iPhone-Hysterie neben den Apple-Aktien auch andere Papiere profitieren.

80 Millionen Smartphones

Mit dem iPhone können die glücklichen Besitzer telefonieren - und darüber hinaus E-Mails schreiben, ihre Adressen organisieren, Termine verwalten, Bilder schießen oder Musik hören. Daher gilt das Telefon von Apple im Fachjargon als Smartphone, also als Gerät, das mehr drauf hat als ein konventionelles Handy.

Laut einer Analyse des Marktforschungsinstitutes IDC werden die Zuwachsraten über die nächsten Jahre in dieser Kategorie bei 54 Prozent jährlich liegen. Vor allem in Unternehmen werden solche Geräte genutzt, heißt es in der Studie. 2011 sollen dann mehr als 80 Millionen Smartphones im Einsatz sein - ein vergleichsweise kleiner Anteil am Markt für Mobiltelefone, der in diesem Jahr zum ersten Mal die Marke von einer Milliarde verkauften Geräten knacken wird.

Steve Jobs, der Chef von Apple, zielt mit dem neuen Gerät und seiner einfachen Steuerung über einen berührungsempfindlichen Bildschirm daher auf breite Käuferschichten. "Heute erfindet Apple das Handy neu", sagte er am 9. Januar in San Francisco.

Die Anleger schenkten diese Worten Vertrauen: Seit der Vorstellung des Gerätes notiert die Aktie von Apple beinahe 50 Prozent im Plus. Die Mehrzahl der Analysten ist sicher, dass sich diese Entwicklung fortsetzt: 27 Beobachter listet der Finanzinformations-Dienst Reuters auf, und 21 von ihnen empfehlen die Aktie zum Kauf.

Die euphorische Stimmung mag daran liegen, dass Apple derzeit kaum etwas falsch machen kann: Ob Optionsskandal um Steve Jobs, Produktionsmängel bei den Computern oder Vorwürfen von Verbraucherschützern, was den Internetmusikshop iTunes angeht - alles wird dem kalifornischen Unternehmen verziehen.

Nicht nur telefonieren

Eine aktuelle Untersuchung zeigt jedoch auch, dass Apple gutes Geld verdient mit dem iPhone. Die Marktforscher von iSuppli haben das Gerät demontiert: Demnach summieren sich die Kosten für die Komponenten auf 265,83 Dollar - der Kaufpreis des iPhone mit einem Speicher von acht Gigabyte liegt im Handel bei 599 Dollar. Selbst ohne Blick auf die Entwicklungkosten oder die Ausgaben für die Logistik bleibt da einiges in der Kasse von Apple.

Wer nicht allein auf die Apple-Aktie setzen will, sondern auch an den Erfolg der Zulieferer glaubt, kann in ein Zertifikat der Fondsgesellschaft DWS investieren. Die Deutsche-Bank-Tochter haben für das "i-Phone TR Index Zertifikat" (ISIN: DE000DWS0G73) einen Aktienkorb kreiert.

Dass das Zertifikat mit dreijähriger Laufzeit seit Erstnotiz am 2. Mai schon um mehr als 20 Prozent gestiegen ist, liegt auch an der starken Gewichtung der Apple-Aktie, die anfänglich ein Drittel des i-Phone-Index und damit auch des Zertifikats ausmachte. Mit deutlich geringerem Gewicht kommen Werte wie die Chip-Lieferanten Infineon, Broadcom oder Samsung vor.

"Die Ergebnisse sind umwerfend - was soll das Gerede um das iPhone?" Mit diesen Worten kommentierte ein Analyst den jüngsten Quartalsbericht von Research in Motion (RIM). Das kanadische Unternehmen stellt das E-Mail-Handy Blackberry her und gilt eigentlich als einer der Hauptrivalen von Apple.

Wie die Kalifornier wenden sich die Kanadier seit kurzem mit ihren Produkten an solche Konsumenten, die mit dem Handy mehr machen wollen als telefonieren. Im Gegensatz zu Apple arbeitet RIM weltweit schon mit rund 300 Mobilfunkgesellschaften. Die Investmentbank Goldman Sachs schätzt, dass in diesem Jahr mehr als drei Millionen Nutzer einen Blackberry ihr eigen nennen werden.

Weniger gut sind die Analysten für Palm gestimmt. 14 von 17 Experten empfehlen, die Aktie zu halten, zwei raten zum Verkauf. Nur einer glaubt an einen Umschwung im Geschäftsergebnis. Ende der neunziger Jahr hatte die Firma die Gerätekategorie der Kleincomputer massentauglich gemacht - dann aber wichtige Trends verpasst. Palm-Chef Ed Colligan erwartet für das laufende Quartal einen Verlust, weil die Kunden nach seiner Ansicht lieber zu einem iPhone greifen werden. Die Beteiligungsgesellschaft Elevation Partners soll frischen Wind in die Firma bringen und hat bereits einen neuen Produktverantwortlichen angeheuert: Jon Rubinstein, ehemals zuständig bei Apple für den Musikspieler iPod.

Zehn Millionen Handys will Apple im nächsten Jahr verkaufen. Das sind so viele, wie der Marktführer Nokia in weniger als zwei Wochen an die Kundschaft bringt. Nach Ansicht der Analysten von der schweizerischen Bank UBS wird das Unternehmen in den nächsten Monaten von seinem starken Produktportfolio profitieren; darunter befinden sich auch Handys, die wie das iPhone für das Abspielen von Musik ausgelegt sind. Seit Jahresbeginn ist die Aktie von Nokia um mehr als 40 Prozent gestiegen. Und von 51 Analysten glauben 33, dass sich die Erfolgsstory der Finnen fortsetzt.

© SZ vom 05.07.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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