Investieren in Bonuszertifikate:Teure Geschenke in verführerischer Verpackung

Lesezeit: 3 min

Die Anbieter werben mit hoher Rendite bei geringem Risiko. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.

Philipp Mattheis

Selten können Investmentzertifikate beides bieten: Schutz vor Verlusten und eine erhöhte Gewinnchance. Nur Bonuszertifikate scheinen hier eine Ausnahme zu bilden.

Die noch relativ jungen Produkte gehören mittlerweile zur gefragtesten Gruppe unter den Zertifikaten und haben mit einem Marktanteil von rund 33 Prozent sogar den sogenannten Discountzertifikaten den Rang abgelaufen. Bonuszertifikate bieten sowohl eine Kapitalgarantie als auch eine höhere Chance auf Profit. Das klingt nach eierlegender Wollmilchsau, funktioniert aber tatsächlich - sofern man bereit ist, auf Dividenden zu verzichten und das eingesetzte Kapital bis zum Ende der Laufzeit zu binden.

Möglich wird dies über zwei eingebaute Schwellen, die Barriere und das Bonuslevel. Bleibt der Kurs einer Aktie oder eines Indizes während der nächsten zwei Jahre innerhalb dieser beiden Schwellen, kommt es zu einer Bonuszahlung. So gewinnen Anleger auch dann, wenn der Basiswert, gewöhnlich eine Aktie oder ein Index, leicht gefallen ist. Sollte die Barriere einmal unterschritten werden, wandelt sich das Papier in ein Partizipationszertifikat um, das Kursänderungen im Basiswert eins zu eins abbildet. Damit ist das Risiko also nicht höher, als wenn man die Aktie oder den Index direkt gekauft hätte.

Auf die Schwellen achten

Ein Beispiel: Die Aktie notiert aktuell bei 105 Euro. Ein Bonuszertifikat auf die Aktie könnte folgendermaßen ausgestattet sein: Die Barriere liegt bei 75 Euro, die Bonusschwelle bei 200 Euro. Das Zertifikat kostet genauso viel wie die Aktie, also 105 Euro. Die Laufzeit endet am 2. Juli 2012. Drei Szenarien sind möglich:

1. Die Aktie fällt leicht und notiert am Ende der Laufzeit über 75 Euro, aber unterhalb von 200 Euro. Zu keinem Zeitpunkt wurde die Bonusschwelle bei 75 Euro unterschritten. In diesem Fall greift der Bonusmechanismus. Der Anleger erhält in jedem Fall 200 Euro ausbezahlt - auch wenn die Aktie lediglich bei 80 Euro steht.

2. Die Aktie fällt stark und hat während der Laufzeit die Bonusschwelle bei 75 Euro unterschritten. Das Zertifikat hat sich dadurch in ein normales Partizipationspapier verwandelt. Der Gewinn beziehungsweise Verlust orientiert sich jetzt eins zu eins am Kurs der Aktie. Steht sie bei 60 Euro, werden 60 Euro ausbezahlt; steht die Aktie bei 150 Euro, werden 150 Euro ausbezahlt.

3. Die Aktie ist stark gestiegen und notiert über der Bonusschwelle von 200 Euro. Auch in diesem Fall hat sich das Produkt in ein Partizipationspapier verwandelt. Ausbezahlt wird jetzt einfach der Kurs der Aktie. Die Rendite entspricht der eines Direktkaufs der Aktie - abzüglich der Dividenden. Der Preis des Bonus: Dividenden werden einbehalten.

Das Beispiel zeigt, dass Bonuszertifikate zunächst kein größeres Risiko als Direktinvestments aufweisen. Dazu kommt aber der Bonusmechanismus, der auch gute Renditen in Seitwärtsphasen ermöglicht. Wenn die Zertifikate also kein höheres Risiko als der direkte Kauf von Aktien aufweisen, dafür aber zusätzliche Chancen - warum nicht nur noch Bonuszertifikate kaufen? Zwei Dinge sprechen dagegen: Zuerst einmal werden vom Emittenten die Dividenden einbehalten. Mit diesem Geld wird die Bonusstruktur finanziert.

Außerdem greift der Mechanismus nur, wenn die Papiere bis zum Ende der Laufzeit gehalten werden. ,,Wir können die exakten Charaktereigenschaften eines Zertifikates nur verbindlich zum Laufzeitende beschreiben.'', sagt Heiko Weyand, Zertifikate-Experte bei der HSBC Trinkaus & Burkhardt. ,,Daher sollten Anleger Produkte mit sehr langen Laufzeiten genau beobachten.'' Wird die Barriere unterschritten, kann ein vorzeitiger Verkauf sinnvoll sein. Mit dem Geld kann dann zum Beispiel die Aktie direkt gekauft werden, um wenigstens die Dividenden zu erhalten. Hinzu kommt, dass die Laufzeiten der Bonuszertifikate oft im Bereich von mehreren Jahren liegen. Im Beispielsfall sind es fünf Jahre - in dieser Zeit kann auch bei Standardwerten viel passieren.

Auf den Puffer achten

Seit einiger Zeit werden auch immer häufiger Abwandlungen der ursprünglichen Bonuszertifikate emittiert: Sogenannte Bonus-Pro-Zertifikate funktionieren genauso wie die Originale - mit dem Unterschied, dass die Barriere nicht während der ganzen Laufzeit aktiv ist, sondern nur während der letzten drei Monate vor dem Fälligkeitstermin. Sogenannte Cap-Bonus-Zertifikate eignen sich besser für vorsichtigere Anleger: Bei dieser Variante ist der Gewinn nach oben begrenzt, dafür fällt der Risikopuffer aber größer aus.

Bonuszertifikate eignen sich insgesamt dann gut, wenn Anleger einer Aktie zwar grundsätzlich Gewinne zutrauen, aber keine Rally erwarten. Durch die Bonusstruktur können sogar Verluste zu einer sehr guten Rendite führen. Trotzdem sollte man Papiere bevorzugen, deren untere Barriere möglichst weit vom aktuellen Kurs entfernt liegt. ,,Große Risikopuffer sollten meines Erachtens bei der Auswahl im Vordergrund stehen. Anleger können in diesem Fall auch dann ruhiger schlafen, wenn die Aktienmärkte stärker fallen'', meint Weyand.

Denn wird die Barriere einmal unterschritten, nützt auch der attraktivste Bonus nichts mehr. Außerdem sollte man in erster Linie dann zugreifen, wenn die Produkte gerade frisch auf den Markt gekommen sind, da die Struktur zu diesem Zeitpunkt am leichtesten nachvollziehbar ist. Von Papieren, deren Barriere schon einmal unterschritten wurde, sollte man in jedem Fall die Finger lassen. Bonuszertifikate gibt es auf nahezu alle Anlageklassen - Indizes und einzelne Standardwerte (Tabelle), außerdem beispielsweise Rohstoffe und Währungen.

Wie bei allen Zertifikaten fallen auch bei Bonuspapieren Kosten in Form des Spreads, der Spanne zwischen An- und Verkaufspreis, an. Wie sich der Wert eines Zertifikats bemisst, ist im Allgemeinen schwer nachzuvollziehen, weil die Konstruktion oft sehr komplex ist. Man hat bei den meisten Titeln die Alternative, sie entweder außerbörslich über den Emittenten oder über eine Börse zu ordern. Marktführer bei den Börsen ist die Euwax in Stuttgart.

© SZ vom 30.06.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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