Interview mit Experten:Bibliothek am Bahngleis

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Der Architekt Willy Kniese spricht über seine Erfahrungen bei der Umwandlung in einen Kulturbahnhof mit Bücherei und Restaurant.

Interview: Joachim Göres

Die Werkgemeinschaft Kniese Reinecke aus Wolfenbüttel war in ihrer Stadt für die Sanierung und den Umbau eines der ältesten deutschen Bahnhofsgebäude verantwortlich. Der Architekt Willy Kniese spricht über seine Erfahrungen bei der Umwandlung in einen Kulturbahnhof mit Bücherei und Restaurant.

SZ: Wie war die Bausubstanz, die Sie vorfanden?

Kniese: Das erste Bahnhofsgebäude in Wolfenbüttel von 1838 stand nur kurz und wurde abgerissen, an dieser Stelle entstand 1850 ein erweitertes Empfangsgebäude. Nach mehrjährigem Leerstand vor der Sanierung war der Zustand schlimmer als wir dachten. Die Dächer der seitlichen Anbauten mussten völlig erneuert werden. Die Kosten für die Sanierung plus Anbau lagen bei fünf Millionen Euro.

SZ: Das Gebäude steht unter Denkmalschutz. Wie hat sich das bei der Sanierung ausgewirkt?

Kniese: Die äußere Erscheinung musste gewahrt werden, sodass wir uns auf die Reinigung der Fassade beschränkt haben. Die Natursteine wurden dadurch aufgefrischt. Beim Einbau neuer Fenster haben wir uns an alten Fotos orientiert und so den Charakter des Gebäudes wiederhergestellt. Der Büchereianbau ist ein roter Flachdachkubus. Durch einen Zwischenbau hebt er sich vom Empfangsgebäude ab, wobei der Giebelteil des Bahnhofs erkennbar bleibt. Im Dachgeschoss des Bahnhofsgebäudes gab es früher nur Abstellflächen, wir haben dort Büroflächen geschaffen. Im Inneren des Empfangsgebäudes haben wir die kleinteilige Aufteilung verändert, um größere Raum-Zusammenhänge zu schaffen. Die Geschosshöhe der Räume mit etwas mehr als vier Metern blieb erhalten, ebenso die Holzbalkendecke. Den Tunnelzugang zu den Gleisen haben wir geschlossen und so in dem einstigen Wartesaal Platz für eine Halle gewonnen, in der Vorträge, Theater und Konzerte stattfinden.

SZ: Könnte man so ein Gebäude auch zu einem Wohnhaus umbauen?

Kniese: Das finde ich problematisch. Die Gesamtfläche ist so groß, dass hier eine Vielzahl an Wohnungen entstehen könnten. Dafür fehlt aber die nötige Infrastruktur. Und auch wegen des Zuglärms ist die Lage für Wohnungen nicht optimal. Ich denke, die Nutzung als Kulturbahnhof ist ideal. Er bleibt auf diese Weise der Öffentlichkeit zugänglich, das halte ich angesichts der Geschichte dieses Gebäudes für wichtig.

SZ: Ist das Ihr erster Bahnhofsumbau?

Kniese: Ja, so ein Projekt macht man nicht so oft. Das ist eine besondere Herausforderung, die sich schon alleine wegen ihrer Größe von der Sanierung anderer alter Gebäude unterscheidet.

© SZ vom 19. 12. 2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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