Interview:Falsche Beratung

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Provisionen verlocken Vermittler, sagt Lilo Blunck. Sie ist Geschäftsführerin des Bundes der Versicherten, einer gemeinnützigen Verbraucherschutz-Organisation mit Sitz in Hamburg.

SZ: Sie kritisieren, dass das derzeitige Provisionssystem bei der Vermittlung von Altersvorsorgeangeboten falsche Anreize setzt. Was meinen Sie damit?

Die Vermittlung von für den Kunden unvorteilhaften Anlageprodukten werden häufig mit hohen Provisionszahlungen belohnt. (Foto: Foto: ddp)

Blunck: Die Vermittler erhalten Provisionen von den Anbietern der Produkte und haben dadurch ein Interesse, möglichst viele Produkte zu vermitteln und von den Anbietern, die die höchsten Provisionen zahlen. Eine faire und geeignete Vergütungsstruktur sollte dagegen die Interessen sowohl der Verbraucher als auch der Vermittler angemessen berücksichtigen. Die anstehende Gesetzesreform zum Versicherungsvertragsrecht böte eine gute Gelegenheit, zumindest für die Versicherungsvermittler ein verbrauchergerechtes Vergütungssystem vorzuschreiben.

SZ: Fühlten Sie sich wohler mit dem derzeitigen Provisionssystem, wenn die Verbraucher klipp und klar über die Entlohnung ihrer Berater bei der Vermittlung informiert würden?

Blunck: Ja, das ist schon mal ein Schritt in die richtige Richtung. So will es der Gesetzgeber ja auch bei dem neuen Versicherungsvertragsgesetz ab 1. Januar 2008 vorschreiben. Wir meinen aber, die Verbraucher müssen in verständlicher Form über die verschiedenen Aspekte der ihnen gemachten Angebote aufgeklärt werden. Und zwar ausnahmslos über alle Aspekte. Nur so können sie abwägen und vergleichen und das für sie günstigste Angebot auswählen.

SZ: Wie müsste die Entlohnungsstruktur ausschauen, um Fehlberatungen entgegenzuwirken?

Blunck: Eine Selbstverständlichkeit ist, dass der Vermittler für gute Arbeit auch eine gute Entlohnung erhält. Somit könnte eine bedarfsgerechte Beratung sicher auch von Vermittlern im Rahmen einer Honorarberatung erfolgen. Dabei darf die Prämienhöhe in keinem Fall bei der Vermittlung keine Rolle spielen.

SZ: Kann man einer Preis- und Kostenfalle überhaupt entkommen? Und welche Fragen sollten Verbraucher vor dem Abschluss eines Vorsorgeprodukts ihren Vermittlern tunlichst stellen?

Blunck: Eine unabhängige Beratung gibt es heute schon. Und zwar bei Organisationen wie dem Bund der Versicherten oder den Verbraucherzentralen beziehungsweise den Versicherungsberatern als Berufsgruppe. Die Kosten dabei sind akzeptabel. Letztlich sollten sich Verbraucher bei einem Vermittler immer nach dessen Berufsausbildung, Erfahrung und seinem Status - ob er nun ein Firmenvertreter, Mehrfachagent oder Makler ist - erkundigen. Nach der Bedarfsanalyse sollte der Verbraucher die Vor- und Nachteile der einzelnen Angebote und die damit verbundenen Risiken und Kosten abfragen. Darüber ist dann ein Protokoll zu erstellen, das von dem Kunden und dem Vermittler unterschrieben werden sollte. Wichtig: Kunden sollten keinesfalls sofort einen Vertrag abschließen.

© SZ vom 28.04.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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