Immobilienmarkt Ostdeutschland:Aufkauf Ost

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Rolf Elgeti kauft von London aus ostdeutsche Immobilien und verspricht den Briten ein gutes Geschäft.

Andreas Oldag

Der Kontrast könnte größer nicht sein: Die weite mecklenburgische Landschaft gegen die Großstadt London. Doch Rolf Elgeti kann mit diesen Extremen gut umgehen. Der Kontrast habe seinen Verstand geschärft, sagt der sportliche 1,90-Meter-Mann. Er habe gelernt, die Dinge mit einer gewissen Gelassenheit zu betrachten, dann aber auch schnell und klar Schlussfolgerungen zu ziehen.Vielleicht muss man dazu aufgewachsen sein in einem Landstrich, den Otto von Bismarck einst so beschrieb: "Wenn die Welt untergeht, dann gehe ich nach Mecklenburg, denn dort geht sie 50 Jahre später unter". Elgeti hat den umgekehrten Weg genommen: Er ist aus dem kleinen Nest Broderstorf nahe Rostock in Europas Finanzmetropole gekommen, um den unternehmerischen Erfolg zu suchen.

Elgeti, 31, geht mit Jeans und offenem Hemd ins Büro nahe dem Londoner Piccadilly Circus. Dort hängt ein Stadtplan von Berlin, auf dem er interessante Straßen mit Stecknadel markiert. Elgeti hofft auf Preissteigerungen in Berliner Hinterzimmern wie Wedding und Neukölln, auch wenn das dauert: "Der Immobilienmarkt ist ein Tanker, kein Schnellboot", sagt er. (Foto: Foto: old)

Locker und leger

Ein glänzendes Messingschild in der Dover Street nahe des Piccadilly Circus weist auf die Immobilien-Investmentgesellschaft Elgeti Ashdown hin. Rolf Elgeti, 31, residiert in einem eleganten Bürohaus. Doch die Arbeitsatmosphäre ist locker und leger. Der Firmengründer trägt ein offenes Hemd und Jeans und sagt dann Sätze wie: Es sei spannend, den "brutalen angelsächsischen Kapitalismus" mit ostdeutschen Immobilien zusammenzubringen.

Elgeti deutet auf einen Berliner Stadtplan, der an der Wand in seinem Büro hängt. Mit Stecknadeln hat er seine "Claims", seine Schürfstellen, markiert. Eine Menge roter Plastikköpfe verteilt sich über die deutsche Hauptstadt. Es sind nicht die neureichen Viertel in Berlin-Mitte, die ihn interessieren, sondern die Berliner Hinterzimmer wie Neukölln und Wedding. Dort, zwischen Currywurst-Buden, Billigläden und TV-Satellitenschüsseln, sucht er nach Immobilienschätzen. Die bündelt Elgeti in Fonds und bietet britischen Investoren Anteile an.

Gerade nicht die besten Lagen

Während die meisten Branchenexperten "Lage, Lage, Lage" predigen, argumentiert Elgeti dagegen an: "Ich schaue mir an, was künftig zu einer erstklassigen Lage werden kann. Es gibt viele interessante Objekte in weniger bekannten Lagen, die ein erhebliches Wertsteigerungspotenzial haben", sagt er. Den schnellen Euro könne man so nicht machen. Doch Elgeti setzt auf langfristige Rendite: "Der Immobilienmarkt ist ein Tanker, kein Schnellboot", sagt er.

Und so startet der Investor regelmäßig zu Erkundungstouren in ostdeutsche Städte. "Da lassen sich interessante Objekte finden, die noch zum Quadratmeterpreis von 500 Euro zu haben sind", sagt er. Ein Schnäppchen für seine gutbetuchte Londoner Kundschaft, die es gewohnt ist, an der Themse leicht das Zehn- oder Zwanzigfache für den Quadratmeter zu zahlen. Doch während der Markt in Großbritannien nach einem beispiellosen Aufschwung seit Beginn der 90er Jahre nun vor einem Einbruch steht, sieht Elgeti gerade in Deutschland gute Chancen für Immobilieninvestitionen.

"In vielen Regionen droht auf lange Sicht Wohnungsknappheit. Noch sind deutsche Wohnungen erschwinglich. Sie zu kaufen, kostet im Durchschnitt weniger, als neue zu bauen. Das allein ist schon ein Grund zum Kauf", sagt er. Und offenbar sieht das seine Klientel ebenso: 30 Millionen Pfund habe sein erster Fonds bereits eingesammelt, sagt Elgeti. Und es soll nicht der letzte sein.

Kaninchenzucht im Garten

Elgeti redet in kurzen Sätzen. Überflüssiges hasst er. Mit seinem kühlen Pragmatismus kommt er gut an in der angelsächsischen Finanzszene, in der Deutsche eher eine marginale Rolle spielen. Viele "Germans" seien zu umständlich, aber auch zu wenig praxisorientiert, sagen britische Banker. "Kapitalismus gefällt mir. Es ist die effizienteste Art zu wirtschaften", sagt Elgeti. Er gehört damit auch zu einer jungen Generation Ostdeutscher, die den realen Sozialismus allenfalls noch aus ihrer frühen Kindheit kennen.

Schon früh entwickelt der Sohn eines Vorsitzenden einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) einen Hang zum Perfektionismus. Als Achtjähriger betreibt er im elterlichen Garten eine Kaninchenzucht und mäht noch vor der Schule den Rasen. Beim Matheunterricht ist ihm eine Zwei nicht gut genug. Er belegt freiwillig fünf Leistungskurse in der Oberstufe. Das Abi besteht er mit der Bestnote 1,0. Nach dem Militärdienst bei den Fallschirmjägern studiert er Wirtschaftswissenschaften an der Universität Mannheim und später an der Ecole de Commerce in Paris.

"Rolfnator" schafft es

Elgeti treibt es in das Haifischbecken der Londoner Finanzbranche. Er weiß, dass dort die Konkurrenz gnadenlos ist. Doch er schafft es. "Rolfnator" nennen ihn seine Freunde, weil er seine Ziele ebenso unverdrossen verfolgt wie der Film-Terminator Arnold Schwarzenegger. Seine Karriere startet er bei der Schweizer UBS und der Commerzbank, später wird Elgeti bei der niederländischen Großbank ABN Amro in London zum gefragten Aktienstrategen.

Er hetzt von einem internationalen Investorentreffen zum anderen um die Welt, kennt Flughäfen bald besser als seine eigene Wohnung. "Irgendwann habe ich das Herumreisen satt gehabt", sagt er. Das war der Anlass, seine eigene Firma zu gründen. Und wenn ihm London doch mal zu hektisch ist, entspannt sich Elgeti mit seiner Familie in seinem Ferienhaus auf der Halbinsel Darß an der Ostsee.

© SZ vom 14. 08. 2008/jw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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