Immobilienmärkte:Die Party geht weiter

Lesezeit: 3 min

Die Immobilienmärkte in Europa entwickeln sich prächtig. Deutschland steht im Mittelpunkt vieler Investoren. Selbst zurückhaltende Analysten sind optimistisch.

Peter Horn

Steht dem Immobilienmarkt in Europa ein weiteres Rekordjahr bevor? Sind die Ergebnisse des Jahres 2006 überhaupt noch zu überbieten? Die Entwicklung ist mit einigen Fragezeichen zu versehen, doch abermals ist ein ausgesprochen gutes Jahr zu erwarten. Erste Einschätzungen und Analysen lieferte der IIR Jahresauftaktkongress der Immobilienwirtschaft "Cimmit", der kürzlich in Frankfurt am Main stattfand.

Beeindruckende Eckdaten

Mehrere Analysten warten gleich zu Jahresbeginn mit beeindruckenden Eckdaten für die Immobilienwirtschaft auf. Fast synchron betonen sie die starke Aufwärtstendenz auf beinahe allen Immobilienmärkten.

Selbst die in ihren Prognosen ansonsten eher verhalten argumentierenden Beobachter scheinen sich der allgemeinen Euphorie nicht entziehen zu wollen. Eine davon ist Barbara Knoflach, Vorstandssprecherin der SEB Asset Management AG. Sie weist mehrfach auf die Folgen der Globalisierung hin. "Die Immobilienmärkte unterliegen einem starken Wandel. Und der wird getrieben durch Trends wie Globalisierung und Integration der Finanzmärkte", stellt sie fest.

Wohl wahr, denn die Beeinflussung der Immobilienmärkte durch die Kapitalmärkte schreitet schon seit geraumer Zeit deutlich erkennbar voran. Deshalb ist es auch kein Geheimnis, dass die Assetmanager den Immobilienmarkt voll im Visier haben. Ihre Sicht ist in der Regel international.

Neben Direktinvestitionen und dem Engagement in Immobilienfonds gibt es eine ganze Reihe weiterer Anlagemöglichkeiten. Immobilienaktien und Reits (Real Investment Trusts) etwa, ebenfalls die sogenannten Private Equity Investments.

Die immer wieder zitierte Globalisierung bringe zwar enorme Chancen für die Marktteilnehmer, berge indes Risiken, möglicherweise veranlasst durch die Politik. Darauf zielt offenbar die Bemerkung des ehemaligen Chefvolkswirts der Europäischen Zentralbank, Otmar Issing, "dass ein freier Fluss des Kapitals äußerst wichtig sei".

Ein Blick in die Statistiken der Marktforscher zeigt, wie es um den Globalisierungsgrad bestellt ist. Jones Lang LaSalle hat bei den grenzüberschreitenden Immobilien-Investitionen ein enormes Volumen ausgemacht. 2006 dürfte mit etwa 200 Milliarden Euro erneut ein Rekordniveau erreicht worden sein.

Die Party geht weiter

Den Grund nennt Manager Christian Ulbrich: "Das Rekordvolumen des Jahres 2006 hat zu einem gestiegenen öffentlichen Interesse an der deutschen Immobilienwirtschaft geführt und damit der Transparenz der gesamten Branche einen großen Schub verliehen. Das Immobilienjahr 2007 wird an dem hohen Niveau des Vorjahres anknüpfen."

Die Party geht offenbar weiter. Europa hat sich zu einem wichtigen Markt entwickelt. Und Deutschland steht in der Bewertung gleich hinter Großbritannien. Fachleute sehen die Attraktivität deutscher Standorte deshalb nicht nur als rosig an, sondern messen ihnen noch reichlich Potential bei. Kennzeichnend dabei: Die direkte Anlage wird immer mehr von der indirekten abgelöst.

Die börsennotierten Reits bieten den Zugang für Beteiligungen an Immobilienbeständen in einer Vielzahl von Ländern; auch in Deutschland. Der direkte Erwerb von Immobilien ist also nicht notwendig.

Stehen wir damit am Anfang einer neuen Entwicklung hin zu kapitalisierten Immobilienprodukten? Eine Umwälzung ist nicht zu erwarten, denn trotz aller Kapitalmarktprägung und Portfolio-Transaktionen hat die Direktinvestition auf absehbare Zeit wohl weiter ihren festen Platz.

Aber: "Strukturelle Probleme in Deutschland"

Im Vergleich der Standorte sieht Helmut Knepel, Vorstand bei Feri Finance und Geschäftsführer der Feri Rating & Research GmbH, Homburg, Deutschland zwar positiv, doch er weist zugleich auf die "strukturellen Probleme in Deutschland hin, die kurzfristig durch den unerwartet starken Aufschwung nur überlagert sind".

Immerhin scheint Deutschland als Kapitalanlagestandort offenbar äußerst geschätzt zu sein. Im Rating wird er mehr als doppelt so häufig genannt wie die USA. Andererseits orientieren sich institutionelle Investoren künftig mehr in Richtung Osteuropa, Nordamerika und die neuen Standorte in Asien und Lateinamerika. Zu Lasten deutscher Immobilienstandorte.

Interessant ist das Anlageverhalten privater Investoren. Für sie sind die offenen Immobilienfonds bevorzugtes Ziel. Die Krise dieser Anlageklasse scheint für diese Klientel kein Thema mehr zu sein. Indes stoßen geschlossene Fonds offenbar auf ein reservierter gewordenes Publikum. Im Gleichklang mit den institutionellen Anlegern präferieren private Anleger neue Investitionsziele in Asien, Fernost und mit Abstrichen auch in Osteuropa.

Hingegen haben die USA wohl an Bedeutung eingebüßt. "Das hohe Interesse an Reits könnte grundsätzlich zu einer Substitution von Aktienanlagen und offenen Immobilienfonds führen", meint Analyst Knepel. Das Thema Reits zog sich wie ein roter Faden durch die Vorträge und Podiumsgespräche der beiden Kongresstage.

Denn von der Einführung des G-Reits versprechen sich die Anlage- und Finanzexperten eine ganze Menge. International bekannt und genutzt, sollte es auch in Deutschland zu weiteren Attraktivitätssteigerungen des Marktes kommen, so die Hoffnung der Experten. Dass Immobilien weit vorn auf der Einkaufsliste vieler Investoren stehen, liegt auch an dem immensen Anlagedruck dem etwa Pensionsfonds unterliegen. Sie müssen vernünftige Renditen erwirtschaften und suchen nach weiteren Möglichkeiten, ihre Ziele zu erreichen. Dies können Reits sein, wie Wolfgang Schäfers vom Bankhaus Sal. Oppenheim und Professor für Immobilienwirtschaft an der Uni Regensburg, meint.

Unternehmen stellen inzwischen zwar wieder Personal ein, was sich zunächst positiv auf den Büroflächenbedarf auswirkt. Doch die Tendenz in deutschen Unternehmen geht eher in Richtung Flächenoptimierung. Denn hierzulande werden statistisch gesehen überdurchschnittlich viele Quadratmeter für einen Arbeitsplatz benötigt. In Industrieländern wie Frankreich, Italien oder England müssen sich die Mitarbeiter offenbar mit weniger Fläche begnügen.

(SZ vom 9.2.2007)

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: