Immobilienkrise:"Hauskäufer sind zu emotional"

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Immobilienfonds-Manager Thomas Beyerle über die aktuelle Krise, die Marktentwicklung - und die Fehler der Deutschen

Interview: Markus Zydra

Immobilienkrise in den USA und auch in Spanien. Wie ist die Lage eigentlich in Deutschland?

Immobilienfonds-Manager Thomas Beyerle (Foto: Foto: oh)

Die SZ sprach mit Thomas Beyerle, Chefstratege der Deutschen Gesellschaft für Immobilienfonds (Degi). Er sieht das Eigenheim als Verzehrprodukt, nicht als Wertanlage.

SZ: Die Preise für deutsche Immobilien steigen im Durchschnitt nicht mehr. Ändert sich das?

Thomas Beyerle: Wo es wirtschaftlich boomt, wie im Raum Main-Rhein, München und Hamburg, steigen die Preise weiter, und zwar deutlich stärker, als wir erwartet haben. Bis 2012 werden wir auch das Thema Wohnungsnot in diesen Ballungszentren wieder auf der Agenda haben.

SZ: Wo steigen die Preise, wo nicht?

Beyerle: Die Lage entscheidet. Jenseits der Speckgürtel hinter der letzten S-Bahn-Station, 20 bis 30 Kilometer außerhalb der Stadt, stagnieren die Preise jetzt schon oder fallen um fünf bis zehn Prozent. Die Spannbreite der Preise wird größer.

SZ: Woran liegt das?

Beyerle: Hintergrund ist, dass sich Arbeits- und Privatleben mehr vermischen. Deshalb braucht es kurze Wege. Der Trend in die Städte ist da, vor allem bei hochqualifizierten Arbeitskräften.

SZ: Wie erkennt der Privatkäufer, wie hoch der Wert eines Familienhauses wirklich ist?

Beyerle: Das Problem ist: Immobilienmärkte sind sehr lokal organisiert und von Emotionen beeinflusst. Es gibt zudem keinen wahren Marktpreis im Sinne einer fortlaufenden Wertermittlung, sondern immer nur zwei einzelne Kaufleute, die sich unter bestimmten Voraussetzungen auf einen Preis einigen.

SZ: Wie viel Luft gibt es zwischen Preisangebot und Endpreis?

Beyerle: Niemand kennt die Preise, zu denen letztlich verkauft wird. Man merkt aber nach längerer Beobachtung der Märkte, dass eine Immobilie nach einem halben Jahr am Markt rund 20 Prozent billiger angeboten werden kann.

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SZ: Was machen deutsche Hauskäufer falsch?

Beyerle: Sie verstehen die Immobilie nicht als klassisches Wirtschaftsgut, da ist noch zu viel Emotion drin. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Immobilie ein Verzehrprodukt ist, das - mit Ausnahme des Bodenwerts - endlich ist. Das ist schwer zu verstehen, weil uns 50 Jahre lang eingebläut wurde, dass die Häuser automatisch immer mehr wert werden.

SZ: Damit ist es vorbei?

Beyerle: Man muss sich immer vor Augen halten: Wenn ich in zehn Jahren noch hier wohne, muss ich renovieren. Das kostet Geld, das muss - wie bei anderen Anlageentscheidungen auch - theoretisch in den Kaufpreis mit eingerechnet werden.

SZ: Erklären Sie die Subprime-Krise!

Beyerle: Das Problem der US-Häuserkrise liegt in den Verbriefungen der Kredite. Die Häuser stehen ja noch, sie haben einen Wert, der nicht auf null fallen kann. Doch die Finanzprodukte setzten darauf, dass der Preis immer weiter steigt. Der Automatismus in dieser Wertsteigerungsphilosophie war falsch.

© SZ vom 17. 4. 2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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