Immobilienfonds:Neue Liebe zum Betongeld

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Offene Immobilienfonds gehören zu den Profiteuren der Kreditkrise, die Nachfrage steigt wieder - und die Erträge sind so hoch wie seit 1995 nicht mehr.

Corinna Nohn

Kaum eine Woche vergeht, in der nicht eine Bank neu entdeckte Verluste wegen der weltweiten Finanzkrise meldet; ständig ist auch die Rede von Werten, die vernichtet worden seien. Doch auch diese Krise hat Gewinner - offene Immobilienfonds. Mit einer durchschnittlichen Plus von 5,7 Prozent erwirtschafteten die Gesellschaften im vergangenen Jahr ein so gutes Ergebnis wie seit 1995 nicht mehr. Damals erzielten die Fonds im Schnitt einen Wertzuwachs von 6,3 Prozent. Und nachdem die Anbieter in den Jahren 2005 und 2006 Mittelabflüsse verzeichnet hatten, flossen im vergangenen Jahr laut dem Branchenverband BVI wieder 6,7 Milliarden in die Immofonds.

Stadtansicht Singapur. Standorte in Südamerika oder Asien sind im Kommen. (Foto: Foto: Reuters)

Risikoarme Geldmarktfonds

Offene Immobilienfonds kommen nach Ansicht von Daniel Piazolo, Geschäftsführer von Investment Property Databank (IPD), dem gesteigerten Sicherheitsbedürfnis der deutschen Anleger entgegen. Tatsächlich haben die Bundesbürger nach Angaben des BVI im Jahr 2007 14,2 Milliarden Euro aus Aktienfonds und 17,6 Milliarden Euro aus Rentenfonds abgezogen. Neben den offenen Immobilienfonds verzeichneten insbesondere die als risikoarm geltenden Geldmarktfonds mit einem Zufluss von 24,6 Milliarden Euro hohen Zuspruch bei den Investoren. Piazolo vermutet, dass die Anleger nicht allein aus Enttäuschung über Aktien in Immobilienfonds wechseln. "Sie sind von der guten Entwicklung der Fonds überzeugt und entscheiden sich bewusst für diese Investition", sagt der Experte.

Die Banken sind vorsichtiger geworden

"Offene Immobilienfonds haben von der Krise profitiert", sagt auch Andreas Wellstein, Immobilien-Analyst der Deka-Bank, die im Konzern fünf Fonds für Privatanleger führt. Hintergrund ist, dass die Fonds bei den Preisgefechten 2006 und im ersten Halbjahr 2007 oft nicht mithalten konnten. Doch seit vergangenen Sommer sind die Preise für hochwertige Büroimmobilien in Europa und in den USA gefallen. IPD-Chef Piazolo stellt deshalb fest: "Vor der Finanzkrise kamen häufig Akteure mit hohem Fremdkapitaleinsatz zum Zug, weil sie höhere, zum Teil ungerechtfertigte Preise zahlen konnten. Jetzt sind offene Immobilienfonds wieder im Vorteil." Denn die Fondsgesellschaften müssen mindestens 50 Prozent Eigenkapital aufweisen. Und die Banken sind vorsichtiger geworden. Von jenen Investoren, die mit sehr hohem Fremdkapitalanteil agieren, verlangen sie hohe Risikoaufschläge.

Außerdem "haben die Fonds die hohen Preise in Jahren 2005 bis 2007 genutzt und viele große Immobilienpakete verkauft", sagt Piazolo. Die Gesellschaften haben wieder Kapital zum Einkaufen. Auch die Anleger hätten mitbekommen, dass die Investmentgesellschaften ihre Portfolios bereinigt hätten.

Sonja Knorr, Analystin für offene Immobilienfonds bei der Ratingagentur Scope Analysis, räumt den Fondsgesellschaften auch für das laufende Jahr gute Investitionsmöglichkeiten ein: "An vielen Immobilienmärkten wird kräftig investiert werden." Dabei sehen sich die Fonds zunehmend außerhalb von Deutschland oder Europa nach geeigneten Objekten um. So lagen zum Stichtag 30. September 2007 laut BVI mehr als zwei Drittel der von den Fonds gehaltenen Immobilien außerhalb der Bundesrepublik; zwei Jahre zuvor traf das nur auf gut die Hälfte aller Objekte zu.

Fondsanalystin Knorr stellt fest: "Die Diversifikation nimmt zu. Standorte in Südamerika oder Asien sind im Kommen, dort investieren zunehmend mehr Fonds." Da steigen auch die Kosten für Büros am stärksten, was darauf hindeutet, dass Immobilieneigentümer höhere Renditen erwirtschaften können. In Singapur etwa sind die Raumkosten, die neben der Miete auch lokale Steuern und Servicegebühren beinhalten, von November 2006 bis November 2007 um mehr als 80 Prozent und damit am stärksten weltweit gestiegen. Das geht auch einer Studie des Immobiliendienstleisters CB Richard Ellis hervor. In Moskau, Mumbai und Manila zogen die Kosten um mehr als 50 Prozent an; die Metropolen gehören nun zu den zehn teuersten Bürostandorten der Welt.

Der deutsche Markt gilt als schwierig

Andere Nutzungsklassen gewinnen neben dem klassischen Investment in Büros an Bedeutung: "Logistikimmobilien, zum Beispiel große Lagerhallen, werden für die Investoren interessanter." Auf etablierten Märkten wie Europa gehe der Trend auch dahin, in Projektentwicklungen anstatt allein in fertiggestellte Immobilien zu investieren. Wohnimmobilien, die zuletzt von einigen Branchenexperten als geeignete Investitionsobjekte zur Risikostreuung angeführt worden sind, hält Knorr zumindest in Deutschland für wenig geeignet. "Der deutsche Markt ist schwierig: Das Mietrecht ist streng reglementiert, und der Verwaltungsaufwand für Wohnimmobilien ist hoch."

Fraglich ist, ob die Mieten 2008 stabil bleiben oder steigen - insbesondere in Frankfurt, das wie keine andere deutsche Stadt von der Finanzbranche abhängig ist. In diesem und im kommenden Jahr läuft laut BVI jeder fünfte von offenen Immobilienfonds geschlossene Mietvertrag aus. Sollten die Mieten fallen, könnte das erheblich die Wertentwicklung beeinflussen. Bis jetzt sehen Experten wie Wellstein von der Deka-Bank aber "kein Anzeichen für einen Einbruch am Gewerbeimmobilienmarkt". Ganz im Gegenteil: In Frankfurt etwa rechne er mit einem durchschnittlichen Mietwachstum von fünf Prozent im Jahr 2008. Trotz dieser Unsicherheiten erwartet Scope-Analystin Knorr eine steigende Nachfrage: "In diesem Jahr spielt sicherlich auch die von 2009 an gültige Abgeltungsteuer als Vertriebsargument eine Rolle."

© SZ vom 5.3.2008/sme - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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