Immobilien in New York:Kurz vor dem Platzen

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Die Preise für amerikanische Luxusimmobilien fallen. Eins der prominenteren Opfer ist Britney Spears: Statt 5,5 Millionen Dollar hat sie nur 4,45 Millionen Dollar für ihr New Yorker Apartment bekommen.

Andreas Oldag

Pop-Prinzessin Britney Spears hatte auf ein großes Geschäft gehofft. 5,5 Millionen Dollar sollte ein Käufer für ihr Luxusapartment in Manhattan hinblättern. Wochenlang versuchte ihr Makler, Interessenten zu überzeugen, doch die zögerten. Erst als der Preis auf 4,45 Millionen Dollar reduziert wurde, griff einer zu.

Ein Bild geht um die Welt: Die nackte Britney Spears auf dem Titelblatt von Harper's Bazaar. (Foto: Foto: dpa)

Spears ist keine Ausnahme: Wer in New York seine Wohnung oder sein schickes Stadthaus verkaufen will, hat seit kurzem ein Problem. Jahrelang herrschte Goldgräberstimmung am Immobilienmarkt in der amerikanischen Ostküstenmetropole. Die Preise erklommen sagenhafte Höhen. Den Anbietern wurden die Objekte aus den Händen gerissen. Sogar dunkle Hinterhof-Wohnungen mit defekten Toiletten und zugigen Fenstern wechselten für hohe sechsstellige Summen den Besitzer. Doch die Zeiten sind vorbei. "Die Käufer können wieder erfolgreich über Preisnachlässe verhandeln", sagt Jonathan Miller von der Immobilien-Marktforschungsfirma Miller Samuel.

Doch was für Käufer eine gute Nachricht ist, ist für Verkäufer eine schlechte: Nicht nur in New York, sondern auch in San Francisco, Las Vegas, Atlanta und Chicago geht bei Investoren die Angst um. Kommt es zum großen Crash am amerikanischen Immobilienmarkt? Droht der US-Volkswirtschaft ein Einbruch, weil Investoren wegen Verlusten aus Immobiliengeschäften an anderer Stelle sparen müssen?

Nach Angaben aus dem Washingtoner Wirtschaftsministerium fielen die Hausverkäufe in den USA im Juli um 21,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Die Zahl der Neubau-Immobilien, die bislang keinen Käufer gefunden haben, ist auf den höchsten Stand seit 1993 geklettert. In vielen Regionen der USA sinken die Preise. Zu spüren bekommen die Flaute auch die Baufirmen. Toll Brothers, eine der größten, verzeichnete im zweiten Quartal einen Auftragsrückgang um etwa 50 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Innerhalb kurzer Zeit ist es auf dem Immobilienmarkt zu einem Umschwung gekommen. So waren die Preise angesichts der starken Nachfrage im Zeitraum 2001 bis 2005 jährlich noch um durchschnittlich sieben Prozent gestiegen. In den US-Großstädten Las Vegas, Los Angeles, Miami und New York verzeichneten Luxusobjekte im Laufe der vergangenen drei Jahre traumhafte Wertzuwächse zwischen 50 und fast 100 Prozent.

Angeheizt wurde der Boom durch das billige Geld. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 hatte der frühere US-Notenbankchef Alan Greenspan die Zinsen auf ein extrem niedriges Niveau heruntergeschraubt. Die Banken waren mit der Kreditvergabe nicht zimperlich: Sie boten sogar Hypotheken-Darlehen an, für die in den ersten Jahren keine Tilgung gezahlt werden muss.

Die Rechnung ging lange auf: Die Finanzinstitute verdienten durch die massenhafte Kreditvergabe prächtig. Und die Kunden, deren Kreditwürdigkeit in vielen Fällen nur lax geprüft wurde, konnten auf enorme Wertzuwächse ihrer Immobilien bauen. In Mode gekommen war das so genannte "Flipping": Der rasche Kauf und Verkauf, um Kasse zu machen oder aber mit dem Gewinn ein noch luxuriöseres Haus zu kaufen. Der Immobilienboom wirkte als Turbo für die Konjunktur in den USA.

Experten schätzen, dass mehr als ein Drittel der Konsumausgabensteigerung in den vergangenen Jahren auf das Konto von Immobilienverkäufen zurückgingen. Der Gewinn daraus war für viele Amerikaner mehr als ein Ausgleich für stagnierende Löhne. Nach Berechnungen von Moody"s Economy.com ist die Immobilienbranche für 44 Prozent der seit 2000 neu geschaffenen Jobs verantwortlich gewesen - zehn Prozent der Amerikaner verdienen hier ihr Geld.

Das Problem mit Spekulationsblasen ist, dass sie die Anleger in vermeintlicher Sicherheit wiegen. "Die Leute sind wie in einem Bann. Und niemand weiß bei Blasen genau, wann sie platzen", sagt Robert Shiller, Volkswirt an der renommierten Yale-Universität und Autor des Buches "Irrational Exuberance" ("Irrationaler Überfluss").

Dabei hat sich spätestens seit den Leitzinsanhebungen der Notenbank das Blatt gewendet. Besonders für Käufer, die eine risikoreiche Finanzierung mit ihrer Bank vereinbart haben, wird es nun eng. Sie müssen die Erfahrung machen, dass die monatlichen Kreditkosten für ein mittelgroßes Eigenheim schnell um 1000 bis 2000 Dollar steigen. Amerikaner schulden den Banken und Sparkassen für ihre Immobilien inzwischen die gigantische Summe von mehr als acht Billionen Dollar.

Angesichts steigender Zinsen geraten viele in die Schuldenfalle. Dies könnte im schlimmsten Fall zu einer Preisspirale nach unten führen, vor allem wenn es zu massenhaften Notverkäufen kommt. Nur: Die Bedingungen im gigantischen amerikanischen Markt sind von Region zu Region nach wie vor sehr unterschiedlich. So ist es zum Beispiel in den Kleinstädten des Mittleren Westens in den vergangenen Jahren kaum zu übertriebenen Spekulationen gekommen.

Richard DeKaser, Chefvolkswirt der Bank National City Corp. in Cleveland, US-Bundesstaat Ohio, hat die Entwicklung der Immobilienpreise in 299 US-Städten in den vergangenen 20 Jahren untersucht. Er fand heraus, dass in nur 63 Fällen ein Preisverfall von zehn Prozent oder mehr stattfand. Rekordhalter ist die Stadt Lafayette im Süden der USA, wo in den späten 80er Jahren die Immobilienpreise innerhalb kurzer Zeit um 39 Prozent sanken. Eine der Hauptursachen war allerdings eine Krise der dort beheimateten Ölindustrie, die damals viele Arbeitsplätze verlor. DeKaser zieht daraus den Schluss, dass Immobiliencrashs in Regionen mit gesunder Wirtschaftsstruktur viel seltener sind.

Insofern können New Yorker Immobilienbesitzer hoffen. Die Wirtschaft der Stadt ist in guter Verfassung. Vor allem Immigranten kaufen deshalb zurzeit noch viele Wohnungen.

© SZ vom 5.9.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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