Illegale Transfers nach Liechtenstein:Millionäre zittern

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Es wird eine spannende Woche: Steuerfahnder sollen laut einem Magazinbericht in Richtung prominenter deutscher Millionäre ausschwärmen. Schwerpunkte der Razzien sollen Köln und Düsseldorf sein. Die Bundesregierung riet zu Selbstanzeigen. Laut dem Finanzministerium wird gegen "Leistungsträger" ermittelt.

Für viele Millionäre wird die kommende Woche spannend: Sie dürften Besuch von deutschen Steuerfahndern bekommen. Während Postchef Klaus Zumwinkel, der am Freitag wegen der Steuerhinterziehungs-Affäre zurückgetreten war, eine drohende Untersuchungshaft laut einem Bericht des Focus mit einer Vermögens-Abtretungserklärung für die Finanzbehörden sowie einer Kautionszahlung in Höhe von einer Million Euro abwenden konnte, kann es für andere Personen noch dicker kommen.

Steuerfahnder vor dem Haus von Ex-Postbank-Chef Zumwinkel, Donnerstag 14.2.2008 (Foto: Foto: ddp)

Anfang kommender Woche soll es dem Münchner Magazin zufolge weitere Steuer-Razzien bei prominenten Millionären geben. Schwerpunkte der Aktion sollen Köln und Düsseldorf sein. Mehr als 150 Ermittlungsverfahren seien bereits eingeleitet worden. Die federführende Staatsanwaltschaft Bochum war zunächst nicht zu erreichen.

Den Bericht wollte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Bernd Bienioßek, nicht kommentieren. Seinen Worten nach wäre "fatal", wenn die Behörde Schwerpunkte bekanntgäbe. Nach Angaben des Sprechers geht es um ein "Umfangsverfahren" mit einer Vielzahl von Fällen, es gebe Hinweise auf Steuerhinterziehung von mehreren hundert Personen. Die genaue Zahl nannte die Staatsanwaltschaft nicht.

Die ins Zwielicht geratene LGT-Gruppe mit Sitz im liechtensteinischen Vaduz hat von den deutschen Steuer-Ermittlungen erst aus den Medien erfahren. "Wir waren völlig überrascht. Bislang hat noch keine Strafverfolgungsbehörde, auch keine aus Liechtenstein, mit uns Kontakt aufgenommen", sagte der Sprecher der LGT Group, Bernd Junkers, der Welt am Sonntag laut Vorabmeldung. Er bestätigte, dass es bei der Bank seit dem Sommer vergangenen Jahres interne Ermittlungen gibt. Zuvor seien Hinweise eingegangen, wonach bei der unabhängigen Tochtergesellschaft LGT Treuhand AG Kundendaten illegal weitergegeben wurden.

Neben dem zurückgetretenen Postchef Klaus Zumwinkel sollen auch andere vermögende Bundesbürger zu den Kunden der LGT-Gruppe zählen. Das Institut gehört dem liechtensteinischen Fürstenhaus. Ein Tochterunternehmen, die LGT Treuhand, verwaltet die ins Visier deutscher Steuerfahnder geratenen Stiftungen.

"Behörden zahlten fünf Millionen Euro für Bankdaten"

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wurden beim Amtsgericht Bochum insgesamt 900 Durchsuchungsbeschlüsse gegen 700 mutmaßliche Steuersünder erwirkt. Es gehe um insgesamt 3,4 Milliarden Euro. Die Bundesregierung riet zu Selbstanzeigen. Nach den Worten eines Steinbrück-Sprechers wird gegen "sehr viele" bekannte und weniger bekannte "Leistungsträger" ermittelt. In Regierungskreisen war am Freitag von "tausenden" Verdächtigen die Rede.

Die Ermittlungen waren mit der Razzia beim inzwischen zurückgetretenen Chef der Deutschen Post, Klaus Zumwinkel, am Donnerstag bekanntgeworden. Neuer Post-Chef soll nach Informationen aus Regierungskreisen Post-Logistikvorstand Frank Appel, 46, werden.

Für Montag ist eine Aufsichtsratssitzung angesetzt. Zumwinkel gab auch den Vorsitz in den Aufsichtsräten der Postbank und der Deutschen Telekom ab. Focus berichtet, Zumwinkel müsse für nicht versteuerte Zinserträge aus der Familienstiftung in Liechtenstein vier Millionen Euro an das Finanzamt zahlen. Diese Summe setze sich zusammen aus hinterzogenen Steuern, Zinsen und Geldstrafe.

Am Tag der Razzia bei Zumwinkel sind nach Angaben von Bienioßek insgesamt 13 Durchsuchungsbeschlüsse vollzogen worden, drei Personen seien betroffen gewesen. Darunter sei eine Person aus dem Raum Bochum.

Die Ermittlungsbehörden haben nach Spiegel-Informationen rund fünf Millionen Euro für brisante Liechtensteiner Bankdaten bezahlt, die auf eine gewaltige Steueraffäre hinweisen. Das Geld für den Kauf der CD-ROM stamme aus dem Haushaltstopf des Bundesnachrichtendienstes (BND), berichtet das Nachrichtenmagazin in seiner neuen Ausgabe. Es sei an einen Informanten gegangen, der sich Anfang 2006 bei dem deutschen Auslandsgeheimdienst gemeldet habe. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sei in die Transaktion eingeweiht gewesen. Die Staatsanwaltschaft Bochum äußerte sich dazu nicht.

Nach ZDF-Informationen stammte das Geld aus dem Etat des Bundesfinanzministeriums. Wie Ministeriumssprecher Torsten Albig bestätigte, waren das Bundeskanzleramt und das Ministerium in den Vorgang eingeweiht. Das Finanzministerium sei auf Arbeitsebene mit dem BND in Kontakt gewesen und habe die Aktion "positiv begleitet".

Mitte des letzten Jahres sei schließlich Finanzminister Steinbrück mit der Frage befasst gewesen, ob man den BND bei der Beschaffung von Daten zur Steuerhinterziehung unterstützen würde, so dass dem Dienst keine finanziellen Nachteile entstünden. Dabei habe im Finanzministerium keine Kenntnis darüber bestanden, gegen welche Personen und was konkret ermittelt wurde und welche die Zielbank war, sagte Ministeriumssprecher Torsten Albig sueddeutsche.de.

Die Größenordnung der benötigten Summe sei im Groben bekannt gewesen. Finanzminister Steinbrück habe einer Unterstützung des BND zugestimmt, da durch die Investition von rund fünf Millionen Euro Steuerausfälle in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrages verhindert werden könnten.

Steinbrücks Sprecher hatte zuvor Berichte zurückgewiesen, wonach der Bundesfinanzminister persönlich in die Transaktion eingeweiht gewesen sein soll. Steinbrück sei erst vergangene Woche in Kenntnis gesetzt worden, hieß es.

BND-Sprecher Stefan Borchert sagte auf Anfrage, man müsse zunächst den zuständigen Gremien des Bundestags Bericht erstatten und wolle die Berichte nicht kommentieren. Wie Spiegel und ZDF weiter berichteten, hatte sich der Informant im Jahr 2006 beim Bundesnachrichtendienst gemeldet und brisante Namen und Daten über deutsche Steuerhinterzieher angeboten. In der Folge habe es mehrere Treffen gegeben, an denen auch die nordrhein-westfälischen Steuerfahnder teilgenommen hätten. Diese hätten das Millionenhonorar schließlich auf einem Notarkonto deponiert. Nach Prüfung der Informationen aus Liechtenstein habe der Mann dann seine Belohnung erhalten.

Dem Spiegel zufolge hatte es zunächst im Jahr 2006 mehrere Treffen mit dem Informanten gegeben, an denen auch die nordrhein-westfälischen Steuerfahnder teilgenommen hätten. Erst habe er mehrere Stichproben übergeben, schließlich hätten die Steuerfahnder das Millionenhonorar auf einem Notarkonto deponiert.

Die liechtensteinische LGT-Bank teilte am Freitagabend mit, es gebe den Verdacht auf eine unrechtmäßige Weitergabe im Jahr 2002 gestohlener Kundendaten. Nach Spiegel-Informationen gehen die Unterlagen der deutschen Ermittler aber bis ins Jahr 2005. Eine Sprecherin des Düsseldorfer Finanzministeriums äußerte sich nicht zur Beteiligung nordrhein-westfälischer Steuerfahnder. Herrin des Verfahrens sei die Staatsanwaltschaft Bochum.

Ein LGT-Sprecher sagte der Welt am Sonntag, die Bank habe von den Ermittlungen der Bochumer Staatsanwaltschaft aus den Medien erfahren. "Wir waren völlig überrascht. Bislang hat noch keine Strafverfolgungsbehörde, auch keine aus Liechtenstein, mit uns Kontakt aufgenommen."

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