Hypo Real Estate:Störende Pressefreiheit

Die Fast-Pleitebank Hypo Real Estate überlebte nur, weil der Staat Milliarden zuschoss - doch Fernsehbilder soll es von der außerordentlichen Hauptversammlung nicht geben.

Hans-Jürgen Jakobs

Die Hypo Real Estate ist eine besondere Bank. Vor einem Jahr noch war sie weithin unbekannt, inzwischen ist sie ein Synonym für Fehlsteuerungen im Finanzmarkt. Weil sie aber als "systemisch" gilt, eine Pleite andere Banken und Betriebe nach unten reißen würde, steigt der Staat ein und gewährt Bürgschaften von mehr als 100 Milliarden Euro.

Tag der Abrechnung: In München geht die außerordentliche Hauptversammlung der Skandalbank Hypo Real Estate über die Bühne. (Foto: Foto: dpa)

Es handelt sich also um eine durch und durch öffentliche Bank, die sich doch den Luxus leistet, auf der außerordentlichen Hauptversammlung an diesem Dienstag die elektronischen Medien auszusperren. Es wird in Bild und Ton nichts geben: nicht einmal, wie sonst, Mitschnitte der offiziellen Reden. Die Pressefreiheit verschwindet pikanterweise an einem Tag, an dem die Tagesordnung nur einen Punkt hat: die Übernahme von 90 Prozent der Aktien durch den staatlichen Rettungsfonds Soffin.

Offenbar könnten Bilder von wütenden Aktionären im Saal stören. Die Anleger des aus dem Reich der Hypo-Vereinsbank hervorgegangenen Immobilienfinanzierers haben eine lange Leidenszeit hinter sich. Womöglich soll nicht mittels Krawall-Impressionen der Eindruck vermittelt werden, die Steuerzahler müssten für eine windige Sache geradestehen. Am Ende fliegen noch Schuhe aufs Pult! Der Boykott der Presse ist angesichts dieser wichtigen öffentlichen Angelegenheit ein gedanklicher Irrläufer. Zu Recht protestieren ausgesperrte Fernsehsender.

Die restriktive Politik börsennotierter Unternehmen hat Tradition. 2004 erhielt der damalige Aufsichtsratschef der Hypo-Vereinsbank deshalb stellvertretend den Anti-Medienpreis "Verschlossene Auster". Gelernt haben die Nachfolger nichts - und das im neuen Staatskapitalismus deutscher Art.

© SZ vom 02.06.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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