Hypo Real Estate:Sieben Folgen einer Pleite

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Die Rettung der Hypo Real Estate verschlingt möglicherweise Milliarden. Sie pleitegehen zu lassen, hätte allerdings fatale Folgen.

Carsten Matthäus

Am Versagen der Manager der Hypo Real Estate (HRE) gibt es längst keine Zweifel mehr. Nach gesundem Menschenverstand müsste nun die Strafe folgen und das Institut abgewickelt werden. Doch eine Pleite hätte dramatische Folgen für die deutsche Wirtschaft:

Die Skandalbank, zu groß für eine Pleite: Hypo Real Estate. (Foto: Foto: dpa)

Löcher im Staatshaushalt: Der Staat hat bereits zu viel investiert. 87 Milliarden an staatlichen Garantien wurden der Hypo Real Estate bereits gewährt. Was für die Bank eine Garantie ist, ist für den Steuerzahler ein Risiko. Bräche die Bank zusammen, kämen auf die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen Belastungen in Milliardenhöhe zu. Andere Vorhaben zur Ankurbelung der Konjunktur wären damit noch schwerer finanzierbar.

Überforderung der Kommunen: Gemeinden brauchen Geld, um Straßen oder Schulen zu bauen. Das bekommen sie unter anderem von der HRE-Tochter, der Deutschen Pfandbriefbank (Depfa). Diese verlangt dafür Grundstückspapiere als Sicherheiten. Die Depfa wiederum holt sich das Geld bei privaten Investoren, die dafür Pfandbriefe erhalten. Als Sicherheit dienen Grundstücke und Immobilien der Gemeinden. Ginge die Depfa pleite, müssten die Privatinvestoren ihre Ansprüche direkt bei den Kommunen geltend machen. Das würde die Kommunen organisatorisch und finanziell überfordern.

Verschärfung der Bankenkrise: Andere Banken könnten von einer Pleite unmittelbar in den Strudel gerissen werden. Die Deutsche Bank und andere Finanzinstitute haben im Zuge der Rettung der HRE ebenfalls Milliarden-Garantien abgegeben. Müssten sie diese abschreiben, gäbe es voraussichtlich neue Kandidaten für den staatlichen Rettungsschirm. Möglicherweise müsste der Staat dann sogar mehr Garantien abgeben als jetzt für Rettung der HRE.

Massive Verluste für Versicherungen: Versicherungen haben bei der HRE zusätzlich zum Erwerb von Pfandbriefen viel Geld in unbesicherte Anleihen investiert. Sie reichten Prämiengelder - beispielsweise von Lebensversicherungen - an die Hypo Real Estate weiter. Insgesamt haben Banken und Versicherungen allein wegen dieser Anleihen bei der HRE ein Verlustrisiko von 55 Milliarden Euro.

Schockwelle am Aktienmarkt: Die Hypo Real Estate ist zu groß für eine Pleite. Mit einer Bilanzsumme von 400 Milliarden Euro ist sie mit der US-Bank Lehman Brothers vergleichbar, deren Insolvenz als Auslöser der Welt-Finanzkrise gilt. Wie das Beispiel USA zeigt, treffen die Schockwellen vor allem die Banken und Versicherungen des eigenen Landes, die mit der HRE auch stärker verwoben sind als internationale Institute.

Diskreditierung des Pfandbrief-Marktes: Der gute Ruf von Pfandbriefen als sicherer Geldanlage wäre in Gefahr. Hier geht es um einen Markt mit einem Volumen von mehr als 800 Milliarden Euro, mit einem Marktanteil von rund einem Achtel ist die HRE-Gruppe hier einer der Großen. Zweifel an der Sicherheit solcher Papiere würden irreparable Schäden im ohnehin schon erschütterten Anlagemarkt anrichten. In den 200 Jahren seit Einführung dieses Finanzierungsinstruments ist noch kein Pfandbrief ausgefallen.

Politischer Flurschaden: Deutschland hat nach den Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel versprochen, keine Bank pleite gehen zu lassen, die andere Institute mit sich reißen könnte. Bei der HRE wäre dies allerdings hoch wahrscheinlich und würde Deutschland als neuen Brandherd der globalen Finanzkrise auf die Weltkarte setzen. Deutsche Politiker verlören damit in internationalen Verhandlungen - beispielsweise zur besseren Regulierung des Finanzsystems - ihre bisher starke Position.

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