Hypo Real Estate:Schweigen ist Gold

Lesezeit: 2 min

Schwere Vorwürfe von der Finanzaufsicht Bafin: Die angeschlagene Hypo Real Estate soll ihre Lage vor der ersten Rettungsaktion kräftig geschönt haben.

Guido Bohsem

Die Finanzaufsicht Bafin hat schwere Vorwürfe gegen das Management der Hypo Real Estate (HRE) erhoben. Die Bank soll vor der ersten Rettungsaktion wesentliche Informationen über den tatsächlichen Geldbedarf ihrer irischen Tochter Depfa zurückgehalten haben. Das geht aus einem Bericht der Behörde an das Bundesfinanzministerium hervor. Bislang hat das Institut die Darstellung jedoch bestritten.

Die HRE soll wichtige Informationen über die finanzielle Lage der Depfa zurückgehalten haben. (Foto: Foto: AP)

Die Einschätzung der Bafin stärkt die Position des Bundesfinanzministeriums. Glaubt man ihr, war nicht Ressortchef Peer Steinbrück (SPD) für die weiteren Schwierigkeiten bei der Depfa und damit für die Notwendigkeit einer zweiten Rettungsaktion verantwortlich, sondern die HRE selbst.

In Bankenkreisen war Steinbrück angegriffen worden, weil er mehrfach von einer Abwicklung der HRE gesprochen hatte, die im Rahmen der Rettungsaktion anstehe. Er habe damit die Lage des Instituts deutlich verschlechtert, lautete die Kritik.

Bundesbank, Banken und Versicherer hatten dem Institut in der ersten Rettungsaktion insgesamt 35 Milliarden Euro zugesagt. Diese werden durch eine Bürgschaft des Bundes in gleicher Höhe abgesichert. Im zweiten Paket stockten die Finanzinstitute ihre Hilfen um weitere 15 Milliarden auf 50 Milliarden Euro auf.

Nach dem Bericht der Bafin informierte HRE-Chef Georg Funke die Aufsicht am Donnerstag vergangener Woche - also nach dem ersten Rettungspaket - darüber, dass sich die Liquiditätslage der Depfa dramatisch verschlechtert habe. Eine Refinanzierung der Bank sei nicht möglich, die Bank finde keine Geschäftspartner mehr, heißt es in der Aufzeichnung, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Der Manager und sein Vorstandskollege Markus Fell trugen demnach vor, dass die Depfa durch eine niedrigere Bewertung am Finanzmarkt und schlechtere Refinanzierungsbedingungen seit Wochenbeginn mehrere Milliarden Euro an Liquidität verloren habe. Die im ersten Rettungspaket gewährte Notfallliquidität der Bundesbank in Höhe von 7,5 Milliarden Euro werde nur noch bis Freitag reichen.

Zuvor habe die HRE gegenüber der Bafin, der Bundesbank und dem Bankenkonsortium mit anderen Zahlen operiert, heißt es in dem Schreiben weiter. Diese seien "als worst case bezeichnet" worden, also als größter anzunehmender Bedarf. "Ich habe unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass diese Fehlinformationspolitik Konsequenzen nach sich ziehen wird", schreibt der namentlich nicht genannte Bafin-Mitarbeiter an das Finanzministerium.

Nach der Darstellung der Aufsicht informierte die Deutsche Bank Bafin-Chef Jochen Sanio etwa eine Stunde später über den Stand der Prüfungen, die das Institut bei der Depfa in Irland anstellte.

Die Bank hatte den Auftrag erhalten, die Bücher der HRE-Tochter in Dublin genauer zu prüfen, als dies in der Eile der ersten Rettungsaktion möglich gewesen war. Nach dem Eindruck der Banker habe die HRE "wesentliche Informationen zurückgehalten", heißt es in dem Bafin-Bericht.

Es handele sich um ein Commercial-Paper-Programm im Umfang von 20 Milliarden Euro, aus dem die Depfa Bank plc. nun Liquiditätsabflüsse zu verzeichnen habe. Dies sei "ursächlich für die derzeit nochmals verschärfte Liquiditätssituation."

Insgesamt seien die Prüfer der Deutschen Bank zu der Auffassung gekommen, "dass sowohl die zum kurz- als auch längerfristigen Liquiditätsbedarf ermittelten Zahlen stark von den seitens der HRE bisher mitgeteilten Zahlen abweichen", schreibt die Bafin weiter.

Bis Ende des Jahres bestehe ein Liquiditätsbedarf von 51 Milliarden Euro, um das Überleben der HRE zu sichern. Rechne man den Bedarf aus dem kommenden Jahr hinzu, benötige das Institut bis Ende 2009 über 70 Milliarden Euro.

© SZ vom 10.10.08/ld/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: