Hypo Real Estate:Das Schweigen der Banker

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Szenen vor der Hypo-Real-Estate-Zentrale: Die 600 Mitarbeiter in München dürfen offenbar nicht über die Krise reden.

Otto Fritscher und Michael Tibudd

Die Herren Anzugträger haben es eilig in diesem Moment. Um die Mittagszeit vor der Hauptverwaltung der Hypo Real Estate in der Unsöldstraße im vornehmen Münchner Stadtteil Lehel: Vereinzelt kommen Mitarbeiter aus einem Seiteneingang und biegen scharf nach rechts oder links ab, vermutlich zu ihrem jeweiligen Lieblingsrestaurant für die Mittagspause.

600 Mitarbeiter in München

Vermutlich, denn was die Herren und Damen bewegt, darauf kann man lediglich aus den äußeren Umständen dieses Montags schließen. Auffällig einheitlich schauen die Mitarbeiter zielgerichtet nach vorn. Nein, man könne nichts sagen. Nein, man könne auch nicht einen kurzen Moment stehenbleiben und sich eine Frage anhören.

Verschwiegene Mitarbeiter - wenn ein Unternehmen negative Schlagzeilen macht, ist das nichts Ungewöhnliches. Im Falle der sehr negativen Schlagzeilen über den Immobilienfinanzierer, der auf einen Risikoschirm von 35 Milliarden Euro angewiesen ist, ist die Lage doch nicht so gewöhnlich. Anscheinend sind die Mitarbeiter der Hypo Real Estate instruiert, sich auf keinen Fall mit Unbekannten auf der Straße zu unterhalten.

Zirka 600 Mitarbeiter hat das Unternehmen in München. Ob sie sich nach den Hiobsbotschaften Sorgen um ihre Arbeitsplätze machen müssen? Vom Unternehmen ist dazu nichts zu hören, auch die Gewerkschaft hat keine rechte Antwort: "Ich weiß es nicht, und es steht mir nicht zu, jemanden zu beruhigen oder auch zu beunruhigen", sagt Klaus Grünewald, der bei Verdi Bayern für den Finanzsektor zuständig ist. Erfahrungsgemäß müsse aber immer die Belegschaft für Managementfehler büßen.

Schlecht vernetzt

Die Mitarbeiter der Hypo Real Estate in München seien "schlecht vernetzt" mit der Gewerkschaft, sagt Grünewald. Was heißen soll, dass Verdi dort nur wenige Mitglieder hat. "Manche meinen, sie bräuchten keine Gewerkschaft, weil sie alles selber geregelt kriegen", sagt Grünewald. Es klingt sarkastisch.

Das Unternehmen Hypo Real Estate ist in München auf fünf Standorte verteilt. Das soll sich jedoch ändern. Im Frühjahr 2009 will das Unternehmen umziehen. Wenige hundert Meter von der heutigen Hauptverwaltung entfernt, entsteht dazu das "Lehel-Carré", ein Gebäudekomplex, in dem dann die gesamte Belegschaft arbeiten soll. Was die aktuelle Krise für den Umzug im Speziellen und für München als Finanzplatz im Allgemeinen bedeutet, muss sich freilich noch zeigen.

Mit wenig Gutem rechnet Münchens Oberbürgermeister Christian Ude. Der tat vor zwei Wochen die Sorge kund, dass der Finanzsektor seiner Stadt erheblich in Gefahr sei. "Der Dienstleistungssektor wird zum ersten Mal schrumpfen", sagte Ude in einer Rede vor protestierenden Bankmitarbeitern. Das sei für die gesamte Stadt ein Problem, denn in der Vergangenheit habe dieser Teil des Arbeitsmarktes Verluste in anderen Bereichen stets ausgleichen können.

Gewerkschaftsfunktionär Grünewald beschert die Finanzkrise schon Mehrarbeit. "Wir haben genügend dicke Bretter in München: der geplante Stellenabbau bei der Hypo-Vereinsbank, die Fusion von Dresdner und Commerzbank, all das bringt uns schönen Mitgliederzuwachs."

Auf der Gewerbe-Immobilienmesse Expo Real, die kommende Woche in München beginnt, wird die Krise der HRE wohl das bestimmende Thema sein. "Wenn die wackelt, zittern auch die anderen", sagt ein mit den Vorgängen vertrauter Manager.

© SZ vom 30.09.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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