Haushalt im ersten Halbjahr:Staat schafft Überschuss

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Erstmals seit 1989 hat der Staat mehr Geld eingenommen als ausgegeben, berichten Experten. Was der Finanzminister davon hält, jetzt die Steuern zu senken.

Deutschland hat nach Einschätzung von Experten im ersten Halbjahr erstmals wieder einen Haushaltsüberschuss verzeichnet. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) geht für die ersten sechs Monate von einem Plus im Gesamtetat von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialkassen von rund einer Milliarde Euro aus.

Grund dafür ist vor allem die starke Konjunktur, die zu einem Boom bei den Steuereinnahmen führt. Zuletzt hatte der deutsche Staat 1989 mehr Geld eingenommen als ausgegeben. Offiziell werden die Zahlen für das erste Halbjahr an diesem Donnerstag bekannt gegeben.

Überschuss im Gesamtjahr möglich

Mit dem erwarteten Plus von Januar bis Juni werde es immer wahrscheinlicher, dass bereits 2007 ein ausgeglichener Staatshaushalt und sogar ein leichter Überschuss erreicht werde, berichtete das Handelsblatt unter Berufung auf Berechnungen des Instituts am Mittwoch.

"Wir erwarten ein Plus von zwei bis drei Milliarden Euro", sagte IfW-Experte Alfred Boss. Deutschland hätte damit - nur zwei Jahre nach dem jüngsten Verstoß gegen die Defizitgrenze des Maastricht-Vertrages von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts - den Weg aus der Schuldenfalle geschafft. Im Unterschied zum IfW rechnet das Bundesfinanzministerium dagegen für 2007 weiter mit einem Staatsdefizit von rund 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Das Finanzierungsdefizit aller Länder zusammen habe nach den ersten sechs Monaten bei rund 100 Millionen Euro gelegen, heißt es im aktuellen Monatsbericht. Es sei damit um gut 9,7 Milliarden Euro niedriger ausgefallen als vor einem Jahr. Der Bund wies Ende Juli immer noch ein Minus von 25,8 Milliarden Euro aus.

Die Bundesregierung peilt bisher für 2010 einen ausgeglichenen Haushalt von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialkassen an. Der Bund allein will dagegen erst 2011 ohne neue Schulden auskommen.

Zurückhaltende Linie

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) möchte mit seiner zurückhaltenden Linie vor allem wachsende Begehrlichkeiten und Forderungen nach neuen Ausgaben dämpfen. Die Bundesbank hält dagegen wie das IfW bereits in diesem Jahr einen ausgeglichenen Staatshaushalt für möglich.

Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden gibt an diesem Donnerstag seine Schätzung für das Finanzierungssaldo im ersten Halbjahr bekannt. Vor einem Jahr hatte das Defizit von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialkassen noch rund 28 Milliarden Euro betragen.

Trotz der Mehreinnahmen erteilte Finanzstaatssekretär Thomas Mirow Forderungen nach raschen Steuersenkungen erneut eine Absage. "Spielräume für weitere, über die beschlossene Reform der Unternehmensbesteuerung hinausgehende Steuersenkungen sind derzeit nicht vorhanden", schreibt Mirow im Monatsbericht. Ansonsten sei das Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes ohne neue Kredite gefährdet.

Geringerer Anstieg im zweiten Halbjahr

Im Juli machte sich das etwas schwächere Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal bemerkbar. Die Steuereinnahmen ohne Kommunalsteuern legten, nach den bereits vergangene Woche veröffentlichten Zahlen, nur noch um 6,9 Prozent zu. Dies ist nach den zweistelligen Zuwachsraten in den Vormonaten ein deutlich geringerer Anstieg.

In den ersten sieben Monaten insgesamt betrug das Plus allerdings 12,9 Prozent. Das liegt nach wie vor über der Prognose der Mai-Steuerschätzung, in der für das Gesamtjahr 2007 ein Plus von 10,1 Prozent veranschlagt wurde.

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