Haftpflichtversicherungen:Schutz vor dem Ruin

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Sie kann vor enormen finanziellen Verlusten schützen: die Haftpflichtversicherung. Trotzdem fehlt sie in jedem dritten Haushalt. Und auf einige Punkte muss unbedingt geachtet werden.

Andreas Kunze

Die private Haftpflichtversicherung ist die mit Abstand wichtigste Police. Dennoch fehlt sie in jedem dritten Haushalt. Ein Grund dafür könnte sein, dass das Angebot mit diversen Tarifen und Extras immer unübersichtlicher wird.

Wenn der Ball mal nicht in's Tor geht: Eine private Haftpflichtversicherung schützt vor unangenehmen Forderungen und Streit mit den Nachbarn. (Foto: Foto: dpa)

Wer anderen einen Schaden zufügt, muss dafür haften, und zwar mit seinem gesamten Einkommen und Vermögen bis zur Pfändungsfreigrenze. Es ist unerheblich, ob man sich nur für einen Moment dumm angestellt hat oder vorsätzlich handelte.

Fährt ein eiliger Radfahrer einen Spaziergänger an, dann ist das so ein typischer Fall. Zerrissene Kleidung könnte der Verursacher vielleicht noch selbst bezahlen; muss der Spaziergänger aber im Krankenhaus operiert werden und bleibt danach über Jahre ein Pflegefall, so ist der Radfahrer ohne Police ruiniert.

Auch grobe Fahrlässigkeit eingeschlossen

Eine private Haftpflichtversicherung deckt das ab. Anders als bei den meisten anderen Versicherungen ist die grobe Fahrlässigkeit eingeschlossen, also das besonders unvorsichtige Verhalten - nicht aber der Vorsatz. Wird ein Spaziergänger absichtlich angefahren, so bleibt der Radler trotz Police auf den Kosten sitzen.

Einen soliden Grundschutz für Familien gibt es bei günstigen Direktversicherern schon für etwa 60 Euro im Jahr. Für Alleinstehende, Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes oder für Rentner liegen die Prämien teils noch deutlich darunter. Am Preis kann es also eigentlich nicht liegen, dass die Versicherung so oft fehlt.

"Einerseits wird das Risiko unterschätzt, andererseits wirkt das Tarif-Wirrwarr abschreckend", sagt der Versicherungsberater Michael Kronenberg. Es gibt Basis- und Kompakt-Tarife, Standard- und Sorglos-Pakete, Premium- und Comfort-Angebote. Jede Gesellschaft wirbt mit anderen Extras. Je nach Lebenssituation sind sie mal sinnvoll, mal nicht.

Ein Überblick:

Mietsachschäden: Schäden an gemieteten und geliehenen Sachen sind üblicherweise ausgeschlossen. Wird also das geliehene Rad zu Schrott gefahren, muss dafür gezahlt werden - die Haftpflichtversicherung übernimmt das aber nicht. Eine Ausnahme sind Sachschäden an gemieteten Immobilien im Inland. Schon im Grundschutz sollten solche Schäden bis zu 100000 Euro mitversichert sein.

Schlüsselverlustrisiko: Ebenfalls wichtig für Mieter. Wird wegen des Verlustes eines Schlüssels aus Sicherheitsgründen der Austausch einer ganzen Schließanlage im Haus notwendig, so kann das mehrere tausend Euro kosten. Dieses Extra muss entweder gegen Aufpreis versichert werden oder ist erst in teureren Tarifen enthalten. Üblich ist im Schadenfall ein Selbstbehalt von einigen hundert Euro sowie eine maximale Leistung von mehreren tausend Euro.

Entbehrlich ist der Schutz für Mieter, die Schlüssel bei Verlust einfach nur nachmachen lassen müssen (Vermieter fragen). Der Verlust von beruflich genutzten Schlüsseln, vor allem bei Selbständigen, lässt sich meist nur schwer versichern.

Schäden durch Kinder: Kinder unter sieben Jahren sind schuldunfähig (im Straßenverkehr bis zehn Jahre). Das hat der Gesetzgeber so geregelt, nicht die Versicherer. Richtet also ein fünfjähriges Kind beim Nachbarn einen Schaden an, besteht gegen das Kind kein Haftpflichtanspruch - und die Haftpflichtversicherung der Familie muss folglich nicht zahlen.

Möglicherweise sind die Eltern (und damit dann doch die Haftpflichtversicherung) wegen Verletzung der Aufsichtspflicht gefordert. Allerdings tritt das nur ein, wenn die Eltern eine Chance hatten, den Schaden zu verhindern. In vielen Fällen hat der Geschädigte keinen gesetzlichen Anspruch. Da dies in der Vergangenheit für viel Frust sorgte, vor allem wenn die Geschädigten beispielsweise gute Bekannte waren, haben manche Haftpflichtversicherer ihre Leistungspflicht erweitert: Sie zahlen für Kinderschäden, selbst wenn das per Gesetz nicht notwendig wäre.

Kinderbetreuung: Wer nur mal zwischendurch auf das Kind von nebenan aufpasst, kann nicht dafür verantwortlich gemacht werden, wenn das Kind in dieser Zeit Schäden verursacht. Anders sieht das bei Babysittern aus - sie übernehmen eine Aufsichtspflicht und können wie Eltern zur Verantwortung gezogen werden. Vor allem wenn Kinderbetreuung regelmäßig gegen Entgelt ausgeübt wird (Tagesmutter), sollte auf eine klare Zusage geachtet werden, dass dies mitversichert ist.

Gefälligkeitsschäden: Wie bei schuldunfähigen Kindern gab es deswegen in der Vergangenheit oft Ärger. Wer einem anderen zum Beispiel bei einem Umzug hilft und einen Schaden anrichtet, kann dafür zumindest bei leichter Fahrlässigkeit nicht zur Kasse gebeten werden. Das geht zurück auf die Rechtsprechung, die zu Hilfsbereitschaft ermuntern wollte.

Haftpflichtversicherer machten sich das zu Nutze und zahlten mit Verweis auf die Rechtsprechung nicht, obwohl die Rechtsprechung nicht die Haftpflichtversicherer schützen wollte. Da das ein Thema war, das außer Juristen kein normaler Mensch verstehen konnte, haben einige Haftpflichtversicherer diese Gefälligkeitsschäden nun ausdrücklich in den Versicherungsschutz einbezogen.

Forderungsausfalldeckung: Eigentlich soll die Haftpflichtversicherung für Schäden bei anderen aufkommen. Mit diesem Extra wird versichert, dass eigene Schäden bezahlt werden, die ein anderer verursacht hat. Von Bedeutung kann das sein, wenn der andere keine Haftpflichtversicherung besitzt.

Allerdings hat es das Kleingedruckte in sich: In voller Höhe springt die Forderungsausfalldeckung meist erst ab einem Schaden von 2500 Euro ein - außerdem muss der Geschädigte alle juristischen Möglichkeiten bereits ausgeschöpft haben, an sein Geld zu kommen.

Das Fazit: Den Ruin verhindert ein günstiger Grundschutz genauso wie ein teures Premium-Paket mit allerlei Erweiterungen, die einem Versicherungsnehmer ohne Kinder und ohne Hang zur Nachbarschaftshilfe vielleicht ohnehin nichts nutzen würden. Je nach persönlicher Situation (zum Beispiel Mieter im Haus mit großer Schließanlage) kann es sinnvoll sein, gezielt Extras gegen Aufpreis mitzuversichern oder Pakete zu wählen, die dies enthalten.

© SZ vom 27.02.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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