Häuser aus Lehm:Renaissance eines alten Stoffs

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Lehm ist einer der ältesten Baustoffe der Menschheit. In Deutschland war das überall vorhandene Naturmaterial aber lange Zeit in Vergessenheit geraten. Aber mittlerweile setzen wieder mehr Bauherren darauf.

"Mit dem steigenden Bewusstsein für umweltfreundliches und gesundes Bauen erlebt das Bauen mit Lehm seit einigen Jahren eine Renaissance", sagt Prof. Gernot Minke, Leiter des Forschungslabors für experimentelles Bauen an der Gesamthochschule Kassel.

Schon im Mittelalter diente Lehm in Deutschland zum Ausfachen und Verputzen - heute erlebt die Bauweise eine Renaissance. (Foto: Foto: Dachverband Lehm/dpa/tmn)

Schon seit rund 9000 Jahren werden Lehmbautechniken für die unterschiedlichsten Bereiche eingesetzt: Weite Teile der chinesischen Mauer bestanden zum Beispiel ursprünglich aus Lehm. In Deutschland diente Lehm im Mittelalter vor allem zum Ausfachen und Verputzen von Fachwerkhäusern sowie als Brandschutz für Strohdächer.

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts verlor Lehm im Vergleich zu industriell vorgefertigten Baustoffen an Bedeutung. Lediglich nach den beiden Weltkriegen, als Baumaterial und Baugeld knapp waren, wurde für kurze Zeit wieder auf Lehm zurückgegriffen, erzählt Minke. "Diese Nachkriegsbauten mit ihrem ärmlichen Charakter waren nicht gerade vorteilhaft für das Image des Baustoffs Lehm."

Frische Luft

Heutige Lehmhäuser sind keine ärmlichen Hütten. Ganz im Gegenteil, denn Lehm wird wegen seiner positiven Eigenschaften nicht nur in ökologisch geplanten Einfamilienhäusern, sondern auch in Krankenhäusern eingesetzt.

"Lehm ist ein außerordentlich umweltfreundliches Material, das zudem für ein ideales Raumklima sorgt", sagt Stephan Jörchel von Dachverband Lehm in Weimar. Das in der Luft enthaltene Wasser lagere sich an den Lehmporen ab und werde bei Bedarf wieder an den Raum abgegeben. Die Luftfeuchtigkeit im Raum betrage damit stets etwa 50 Prozent. Trockenen Schleimhäuten werde damit ebenso vorgebeugt wie Schimmelpilzen an den Wänden.

Ganze Häuser aus Lehm können laut Minke aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen in Deutschland nur selten errichtet werden. Um der Energieeinsparverordnung zu genügen, müssen Außenwände aus Lehm zusätzlich mit einer Wärmedämmung geschützt werden, erklärt der international anerkannte Lehm-Experte. In solch einer Kombination, etwa mit Strohballendämmung, können auch Energiesparhäuser entstehen.

Ein Nachteil von Lehm: Er ist nicht wasserfest. Deshalb muss er besonders im feuchten Zustand vor Regen und vor Frost geschützt werden, sagt Minke. Das klappt durch entsprechende Konstruktionen wie Dachüberstand oder Spritzwassersockel und durch entsprechende Oberflächenbehandlungen - beispielsweise Anstriche und Putze.

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Günstige Energiebilanzen

"Lehm ist nicht nur hautfreundlich und schallisolierend, sondern vor allem ein sehr guter Wärmespeicher", erklärt Jörchel. Das senke massiv die Heizkosten und schone die Umwelt: Die Kohlendioxid-Emissionen verringern sich in Lehmhäusern gegenüber herkömmlichen Bauten erheblich - schon allein dadurch, dass für die Herstellung von Lehmbaustoffen nur etwa ein Prozent des Energiebedarfs nötig ist, der für herkömmliche Baustoffe aufgewendet werden muss.

"Lehm kann auch in der Altbausanierung verwendet werden", sagt der Architekt Ulrich Zink vom Bundesarbeitskreis Altbauererneuerung in Berlin. Besonders in Häusern, in denen schon früher Lehm etwa bei Decken verarbeitet wurde, kann der natürliche Baustoff wieder verwendet werden. Durch die Verwendung des ursprünglich genutzten Materials ließen sich Eingriffe in die alte Bausubstanz des Hauses vermeiden.

"Trotz der höheren Wohnqualität muss Bauen mit Lehm nicht teurer als vergleichbare Bauten in herkömmlichen Bauweisen sein", sagt Jörchel. Wichtig sei ein kompetenter Partner für Planung und Ausführung. Geeignet ist Lehm aber auch für den Selbstbau, so Gernot Minke. Entsprechende Seminare, in denen Bauwillige Lehmbautechniken erlernen können, bietet zum Beispiel die Universität Kassel an.

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