Häuser als Bausatz:Jedem seine Größe

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Small, medium oder large? Das "sml-Hauskonzept" verpasst Häusern Konfektionsgrößen und verbindet so industrielle Serienproduktion mit individuellen Ansprüchen.

Von Lars Klaaßen

Was passt: "S", "M" oder "L"? Diese Frage stellt sich regelmäßig beim Kauf von T-Shirts. Für Eigenheime hingegen sind "Small", "Medium" und "Large" keine Kategorien - bislang. Mit dem "sml-Hauskonzept" wird sich das ändern. Anders als in der Bekleidungsabteilung des Kaufhauses stehen die drei Buchstaben allerdings nicht für Standardware. Standardisiert sind lediglich die Baumodule, aus denen Häuser unterschiedlicher Größe zusammengesetzt werden können. "So viel Vielfalt war nie", sagt Joachim Brech, Geschäftsführer der Projektentwicklungsgesellschaft b+m. Das Unternehmen will mit seinem neuen Hauskonzept Raum für neue Wohnformen schaffen: etwa Wohnen kombiniert mit Arbeiten oder Mehrgenerationenwohnen.

Loggia oder Wintergarten, zwei oder drei Etagen: Das "sml-Haus" setzt sich aus verschiedenen Modulen zusammen. (Foto: Foto: sml-Hauskonzept)

Entscheidend ist dabei, dass die künftigen Nutzer an der Planung des Eigenheims beteiligt sind. Vorbild ist der Kauf eines Autos: "Trotz Massenfertigung wird das Angebot individuell zugeschnitten", sagt Brech.

Das Hauskonzept besteht aus dem Grundhaus -einem fertigen Haus mit allen Ausstattungen - und zusätzlichen Ergänzungsmodulen. Jeder Haustyp kann in zweigeschossiger oder dreigeschossiger Ausführung gebaut werden. Bei drei Geschossen kann das Haus zwei Wohnungen enthalten, deren obere durch eine Außentreppe erschlossen wird. Die untere Wohnhälfte kann aber auch mit der oberen über eine interne Treppe mit der oberen verbunden werden, wenn etwa im Erdgeschoss ein Büro oder eine barrierefreie Wohnung eingerichtet werden soll.

Lässt alle Optionen offen

Die Wohnflächen reichen von rund 90 bis 165 Quadratmetern. Beim Dachgeschoss handelt es sich um ein vollwertiges Geschoss. Die Dachterrasse ist obligatorisch, weil damit bei kleinen Grundstücken ein individueller Freiraum möglich wird. Die Dachform ist ungewöhnlich, nämlich eine Mischung aus einem sehr flachen und kurzen Giebeldach und einem Flachdach. Auf diese Weise entsteht, anders als beim Pultdach, kein Dachraum, sondern ein Normalgeschoss. Zugleich kann je nach Himmelsrichtung die Solaranlage aufgeständert und ein zum Himmel offenes Lichtband eingefügt werden. Die Terrasse kann in verschiedene Himmelsrichtungen gedreht werden.

Damit ist die Bandbreite des "Bauentwurfssatzes" noch nicht erschöpft. Weitere Möglichkeiten sind: zweigeschossige Häuser mit Flachdach und ein dreigeschossiges Haus mit integrierten Pkw-Stellplätzen im Erdgeschoss. Vor allem wird Wert auf die Anbauelemente Windfang, Eingangsloggia, Wintergarten gelegt, denn mit diesen Baukörpern entstehen differenzierte Außenräume. Vor allem wenn keine andere Bauform als ein Doppelhaus oder Reihenhäuser möglich sind, kann mit den Anbauten dennoch Abwechslung geschaffen werden, zum Beispiel, indem mit der Eingangsloggia ein separater individueller Eingangshof entsteht.

Dass die Einzelteile als "serielle Produkte" hergestellt werden, senkt die Kosten und beschleunigt den Bau. Das Grundhaus wird in Massivbauweise errichtet. Basis ist das Tragwerk - der "Rohbau" des Hauses - samt "Hülle", also Fassade, Fenster, Eingangstüre, Dach, Innentreppe. Beide werden weitgehend industriell gefertigt. Das Tragwerk besteht aus raumhohen Fertigteilen aus Liapor (Leichtbeton aus Zementgebundenem gebranntem Tongranulat), die Geschossdecken aus Stahlbetonfertigteilen. Das Haus kann in wenigen Tagen aufgestellt und abgeschlossen werden. Der Ausbau und die Endarbeiten erfolgen durch örtliche Unternehmen.

Das sml-Hauskonzept ist Teil des Forschungsfeldes "Kostengünstiger qualitätsbewusster Neubau von Ein- und Zweifamilienhäusern", das vom Bundesbauministerium und vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung gefördert wird. Im Oktober 2001 wurde diese Initiative ins Leben gerufen. Die Modellvorhaben sind auf eine Laufzeit von drei Jahren angelegt. Im Rahmen einer fast zweijährigen Experimentierphase sollen von September 2004 bis Juli 2006 die Modellvorhaben wissenschaftlich begleitet und unterstützt sowie Erfahrungen zum Planen und Bauen von Ein- und Zweifamilienhäusern in prosperierenden Regionen gesammelt und ausgewertet werden.

Die ersten sml-Wohnanlagen werden in Germering, Landsberg und in Ingolstadt errichtet, weitere sind in Vorbereitung. Mit einem ersten kleinen Projekt mit vier Häusern in Landsberg am Lech fiel schon 2004 der Startschuss. Dort werden insgesamt 16 Häuser gebaut. Die ersten Häuser sollen im August dieses Jahres bezugsfertig sein. In Ingolstadt werden etwa 30 Häuser gebaut. In Germering entsteht eine kleine Wohnanlage mit fünf Häusern. Weitere Vorbereitungen laufen in Fürth, Erding und Bayreuth.

© SZ vom 5.1.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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