Großgrundbesitzer Staat:Gefängnis zu verkaufen

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Ob Heustadel oder Märchenschloss: Dem Freistaat Bayern gehören diverse Immobilien. Manche würde er gerne loswerden.

Von Bernd Kastner

Der Lottomillionär, der Zecher im Hofbräuhaus und der künftige Käufer des Kurhauses in Bad Steben haben eines gemeinsam: Sie sind Kunden eines bayerischen Staatsbetriebs. Lottogesellschaft und Brauerei gehören dem Staat, aber auch eine Firma, die kaum jemand kennt und obendrein einen recht sperrigen Namen trägt: "Immobilien Freistaat Bayern".

Verwaltungsgebäude - Dinkelsbühl, Mittelfranken: Noch wird das schmucke Anwesen mit 1000 Quadratmetern Nutzfläche als Amtsgericht genutzt. (Foto: Foto: www.immobilien.bayern.de)

Umso schillernder ist dagegen oft, womit dieser staatliche Immobilienkonzern handelt: mit Häusern und Grundstücken in bester und teuerste Lage, mit Raritäten oder Ladenhütern der besonderen Art. Letzteres kann schon mal ein Schloss sein. Alles sind landeseigene Immobilien, die der bayerische Staat zur Mehrung des eigenen Haushalts unters Volk bringen will und muss.

Helmut Gropper sitzt in einem bescheiden eingerichteten Büro im dritten Stock eines schmucklosen Verwaltungsbaus im Münchner Stadtteil Neuhausen. "Wenn man nicht so oft in der Presse erscheint", sagt er zum stillen Wirken seines Betriebs, "ist es ja auch nicht verkehrt." Der Geschäftsführer schätzt das geräuschlose Managen, das nun seit einem Jahr in der Münchner Lazarettstraße herrscht.

"Ganzheitliches Immobilienmanagement" angestrebt

Früher wurden die Immobilien von den sieben Bezirksfinanzdirektionen verwaltet, im Zuge der Effizienzsteigerung staatlichen Handelns wurde das im Mai 2006 geändert. Seither gibt es die Immobilien Freistaat Bayern unter der Fittiche des Finanzministeriums, mit der Zentrale in der Landeshauptstadt und sieben Vertretungen in den bayerischen Regierungsbezirken. "Know-how-Center" nennt Gropper die neue Struktur, mit der man ein "ganzheitliches Immobilienmanagement" aufbauen wolle. Das klingt ebenso gestelzt wie es indirekt aussagt, dass früher manches nicht so effizient gelaufen sein muss.

Und tatsächlich scheint die neue Struktur Sinn zu haben. Dass eine "Firma", die irgendwo anzusiedeln ist zwischen Behörde und Aktiengesellschaft, die staatlichen Immobilien aus einer Hand verwaltet. Es ist nämlich keineswegs so, dass Gropper und seine 160 Mitarbeiter nur neue Schlossherren oder Romantiker mit Faible für alte Forsthäuser suchen. Wenn etwa der Landtag noch ein paar Räume in Nachbarschaft zum Maximilianeum braucht, ruft er bei Groppers Immobilienmanagern an.

In vielen Fällen schauen sie auch, ob sie eine Behörde vielleicht von Haus A in Haus B umsiedeln können, weil Haus A viel zu groß, zu teuer oder unpraktisch ist. Oder sie müssen für eine Immobilie einen neuen Nutzer suchen, und den suchen sie zuerst unter öffentlichen Mietern, seien es Ministerien oder kommunale Ämter.

Das Anwesen Lazarettstraße 67 in München ist ein solcher Fall: Die Mitarbeiter des dort ansässigen Landesamtes für Umwelt müssen, ob sie wollen oder nicht, nach Hof und Augsburg umziehen, also muss jemand anderes rein, Groppers "Firma" benötigt nur einen Bruchteil des großen Hauses, das mit speziellen Laborräumen aufwartet.

Streits bis vor das bayerische Kabinett

Immer öfter muss sich der Freistaat auch fragen, ob er Eigentümer eines Amtsgebäudes sein muss, ob es nicht manchmal besser ist, eine Top-Immobilie für viel Geld zu veräußern und dafür woanders zur Miete zu residieren. "Zentrales Flächenmanagement" nennt Helmut Gropper dieses Jonglieren mit Quadratmetern.

Mitunter lässt ein solcher Zwangs-Umzug, weg aus einer 1a-Lage, die Behörden-Mitarbeiter protestieren, deutet Gropper an. Wenn seine Leute die Beamten-Kollegen nicht zum freiwilligen Umzug bewegen können, werde ein "Eskalationsverfahren" eingeleitet, was heißt, dass die zuständigen Ministerien ein Machtwort sprechen. Endet der Streit damit immer noch nicht, kommt er auf die Tagesordnung des bayerischen Kabinetts. Das dürfte dann genügen.

Demnächst wird Groppers Haus neue Besitzer für einen Knast suchen, weil das Justizministerium die alte JVA für Frauen und Jugendliche unterhalb des Nockherbergs wegen eines Neubaus nicht mehr braucht. Doch welcher Beamte möchte schon hinter Gittern Akten wälzen?

Knast zum Verkehrswert?

Das benachbarte Landratsamt jedenfalls will nicht hinter die dicken Mauer, und so machen sich andere Hoffnung auf diese Immobilie: die Macher der Obdachlosenzeitung Biss, die dort ein luxuriöses Themen-Hotel einrichten wollen. Der Clou wäre: Die Gäste würden bedient von Menschen in sozialen Notlagen, die auf diese Weise wieder auf die Beine kommen wollen.

Wer es am Ende kriegt, weiß noch niemand, denn in der Regel gilt: Greift keine staatliche oder kommunale Einrichtung zu, kriegt der den Zuschlag, der am meisten bietet. "Verkehrswert" nennen das die Immobilienhändler.

Dieser Wert werde ganz einfach ermittelt, erklärt Gropper, über eine Ausschreibung nämlich. Manchmal gibt er eine Preisvorstellung an, meist aber nennt er keinen Preis, dann will er "den Markt sprechen lassen": Mal schauen, was Investoren zu zahlen bereit sind. Nun handelt Groppers Haus zwar mit vielen Schmuckstücken, doch die wertvollsten staatlichen Immobilien und Flächen darf er nicht versilbern, auch nicht für noch so viel Geld. Seen sind tabu, der Forst auch, Nationalparks sowieso und auch Schlösser. "Neuschwanstein", sagt Helmut Gropper, "Neuschwanstein darf ich nicht verkaufen."

Lesen Sie auf der nächsten Seite in Zahlen, was dem Freistaat Bayern gehört.

Großgrundbesitzer

Der Staatsbetrieb Immobilien Freistaat Bayern ist zuständig für 39 000 Flurstücke mit einer Fläche von etwa 64 000 Hektar, auf denen sich 11 000 Anlagen - von der Mauer bis zum Ministerium - befinden. Das sind 90 Prozent der dem Freistaat insgesamt gehörenden Immobilien. Dazu kommen Wälder, Straßen und Flächen für die Wasserwirtschaft, die separat verwaltet werden.

© SZ vom 2. Mai 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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