Große Bühne Hauptversammlung:Tchibo bekommt Ärger von Berufskläger

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Im Eigentümerkreis des Tchibo-Konzerns bahnt sich eine neue heftige Auseinandersetzung an: Vier Aktien wurden einem Berufskläger überlassen, damit er an der Hauptversammlung teilnehmen kann.

Meite Thiede

An diesem Donnerstag wird mit Karl-Walter Freitag erstmals ein familienfremder Aktionär an einer Tchibo-Hauptversammlung teilnehmen. Freitag ist als "Berufskläger" bekannt. Tchibo bestätigte, dass er sich mit vier Aktien angemeldet habe; Gegenanträge zur Tagesordnung habe er aber nicht gestellt.

Die Kunden werden von dem Zwist, der sich hinter den Kulissen von Tchibo abspielt, nichts merken. (Foto: Foto: dpa)

Besondere Brisanz beinhaltet das Programm nicht: Neben der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat und der Verwendung des Gewinns geht es um die Umbenennung der Tchibo Holding AG in Max.Ing.Vest, angelehnt an den Unternehmensgründer Max Herz und seine Frau Ingeburg.

Tchibo gehört zu jeweils 35 Prozent den Brüdern Michael und Wolfgang Herz und zu jeweils 15 Prozent dem dritten Bruder Joachim sowie der Mutter Ingeburg. In Unternehmenskreisen wird vermutet, dass Joachim die vier Aktien an Freitag verkauft habe, angeblich für 1500 Euro das Stück. Er soll sich zurückgesetzt fühlen und unzufrieden sein mit dem Kurs des Familienunternehmens und hat sich mit den beiden Brüdern auch bereits vor Gericht gestritten.

Engagiert, um unbequem zu sein

Joachim Herz habe Freitag engagiert, um bei der Hauptversammlung Unbequemlichkeiten und Verdruss zu erzeugen, heißt es. Als Kleinstaktionär hat Freitag zwar keinen direkten Einfluss auf das Geschäft, aber er kann mit Anfechtungsklagen oder Widerspruch für eine Menge Ärger sorgen. Genau das ist auch die Spezialität des Kölners, der angeblich Aktien von etwa 1000 Unternehmen besitzt.

Bei dem Streit handele es sich um ein weiteres Kapitel in dem jahrzehntelangen Bruderzwist, heißt es in Tchibo-Kreisen. Mit dem Unternehmen habe das nichts zu tun. Seit dem Tod des Vaters im Jahr 1965 kämpfen dessen Kinder um die Führung des Familienunternehmens. 35 Jahre lang hat der älteste Bruder, Günter Herz, an der Spitze gestanden. Es herrschte Lageratmosphäre: Auf der einen Seite Günter, auf der anderen Wolfgang und Michael. Joachim fungierte als "das Zünglein an der Waage".

Herz gegen Herz

Vor sechs Jahren drängten die Brüder Günter allerdings aus der operativen Führung des Unternehmens. Erst im Jahre 2003 gelang - nachdem durch den Reemtsma-Verkauf eine Menge Geld in die Kasse gekommen war - im Zuge einer Realteilung die Schlichtung: Günter sowie die Schwester Daniela wurden mit vier Milliarden Euro ausbezahlt. Seither fühle sich Joachim ausgebootet, heißt es.

Der Tchibo-Konzern erzielt einen Umsatz von etwa neun Milliarden Euro und beschäftigt fast 30 000 Mitarbeiter. Neben dem Kaffee- und Gebrauchsartikelgeschäft gehört eine Beiersdorf-Mehrheit zur Gruppe. Das Kerngeschäft muss derzeit restrukturiert werden, nachdem die Strategie im Nonfood-Geschäft fehlgeschlagen war.

Zwar hat der Konzern im vergangenen Jahr sein Ergebnis um 23 Prozent verbessern können, allerdings war das vor allem Beiersdorf sowie Sondereffekten zu verdanken. In der Kaffee- und Gebrauchsartikelsparte verdiente Tchibo hingegen 40 Prozent weniger als im Jahr zuvor.

© SZ vom 04.07.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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