Gewalt zu Hause:Hilft das neue Gewaltschutzgesetz?

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Das neue Gesetz will Opfer häuslicher Gewalt besser schützen. Erste Erfahrungen einer Opferschutzbeauftragten.

Interview: Berit Schmiedendorf

Opfer häuslicher Gewalt, in erster Linie Frauen, sind seit Anfang des Jahres dank des Gewaltschutzgesetzes besser geschützt. Das neue Gesetz soll unter anderem dafür sorgen, dass nicht das Opfer, sondern der Täter die gemeinsame Wohnung verlassen muss. Über erste Erfahrungen berichtet Maren Leisner, Opferschutzbeauftragte der Kölner Polizei.

SZ: Das Gewaltschutzgesetz gilt seit einem Dreiviertel Jahr. Kennen die Opfer ihre neuen Rechte überhaupt?

Leisner: Das ist unterschiedlich. Da das Medienecho in den letzten Monaten eher nachgelassen hat, würde ich sagen: Längst nicht jedes Opfer kennt das neue Gewaltschutzgesetz.

SZ: Was hat sich seit Einführung des Gesetzes an den Einsätzen geändert?

Leisner: Die Einsätze sind sehr viel aufwändiger geworden. Wir brauchen jetzt im Schnitt mit zwei Beamten zwei Stunden und 15 Minuten für einen Einsatz, weil wir eine Vielzahl von Formularen ausfüllen müssen. Kommt der Fall später vor das Amtsgericht, haben die Richter nun eine Fülle von polizeilichen Informationen, die sie früher nicht hatten.

SZ: Die Polizisten können seit Jahresbeginn selbstständig darüber entscheiden, ob sie den Täter der Wohnung verweisen. Nach welchen Kriterien erfolgt der Rausschmiss?

Leisner: Die Beamten führen dazu eine Gefahrenprognose durch: Sie stellen am Einsatzort die Art und Intensität der Gewaltanwendung, die Gewaltbereitschaft des Täters sowie den physischen und psychischen Zustand möglicher anwesender Kinder fest. Auch Zeugenaussagen, Aussagen des Opfers, eventuell zurückliegende Taten und der Zustand der Tatwohnung entscheiden darüber, ob der Gewalttäter der Wohnung verwiesen wird.

SZ: Angenommen, der Mann muss gehen. Was passiert mit dem Wohnungsschlüssel? Leisner: Die Polizei stellt den Wohnungsschlüssel sicher.

SZ: Und wer überwacht das Rückkehrverbot? Und wie oft? Leisner: Wir überprüfen das zehntägige Rückkehrverbot mindestens einmal. Die Kontrolle erfolgt durch die Bezirksdienstbeamten. Die gehen zur Wohnung.

SZ: Ist das Gesetz erfolgreich? Schützt es die Opfer häuslicher Gewalt tatsächlich so, dass sie in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können?

Leisner: Für Köln können wir das bestätigen. Wir hatten seit Jahresanfang 624 bekannt gewordene Fälle von häuslicher Gewalt in der Stadt. 192 Mal haben wir einen Wohnungsverweis mit Rückkehrverbot ausgesprochen. Ohne das neue Gesetz hätten diese 192 Opfer in ein Frauenhaus oder zu einer Freundin gehen müssen. Einen hundertprozentigen Schutz bietet das Gesetz allerdings trotzdem nicht. Immer noch gehen viele Frauen ins Frauenhaus, weil sie ihren Partner ganz genau kennen und wissen: Der hält sich nicht an einen Wohnungsverweis.

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