Gerüchte um Liquiditätsengpässe:Ausverkauf bei Fortis

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Die Bankenkrise trifft Fortis mit voller Wucht: Der Finanzkonzern muss Vermögenswerte verkaufen, um liquide zu bleiben. Die Aktie stürzt auf ein 14-Jahres-Tief - und der Chef muss gehen.

Der Druck wächst. Stündlich, fast minütlich. Vor knapp 24 Stunden noch hatte der belgisch-niederländische Finanzkonzern Fortis Marktspekulationen über Liquiditätsengpässe zurückgewiesen. Nach einer Pressekonferenz am Freitag relativiert sich diese Aussage wieder ein wenig. Man wolle weitere Vermögenswerte verkaufen, teilte Fortis mit.

Die Finanzkrise trifft Fortis mit voller Wucht. Jetzt sollen Unternehmensanteile veräußert werden. (Foto: Foto: AFP)

Mit diesem Schritt solle die Liquidität erhöht werden. Die Aktien reagierten sofort: Der Wert des im EuroStoxx 50 notierten Fortis-Papiers stürzte um mehr als fünfzehn Prozent ab.

Man sah sich zum Handeln gezungen. Nachdem das Unternehmen an der Börse so unter Beschuss geriet, gab man bekannt, den Chef auszuwechseln. Der Manager Filip Dierckx wird mit sofortiger Wirkung Herman Verwilst als Chief Executive ablösen. Nach der Billigung durch die Aktionäre werde der 52-Jährige offiziell berufen.

Verwilst, der den Posten übergangsweise bekleidet hatte, bleibe Mitglied des Kontrollgremiums. Dierckx hatte seit 1998 mehrere hochrangige Management-Posten im Unternehmen inne.

Bereits in den vergangenen Monaten hatte die Aktie stark an Wert verloren. Investoren zweifelten daran, ob es Fortis gelingen werde, wie geplant fünf Milliarden Euro aus Verkäufen von Vermögenswerten oder Schuldverschreibungen einzunehmen. Mit den weitergehenden Verkäufen wolle man jetzt fünf bis zehn Milliarden Euro in die Kasse bekommen, hieß es in der Fortis-Mitteilung. Bei allen geplanten Verkäufen gebe es konkrete Interessenten.

Gleichzeitig betonte der Konzern, es gebe keine Liquiditätsengpässe. Die finanzielle Situation der Bank sei solide. Es sei auch keine Kapitalerhöhung geplant. Dafür sollten aber weitere Aktivitäten abgestoßen werden, die nicht zum Kerngeschäft gehören.

14-Jahres-Tief für Aktie

Die Entwicklung des Aktienkurses in den letzten Tagen spiegele vor allem große Nervosität an den Märkten wider, hatte Verwilst vor seiner Abberufung noch gesagt und so versucht, die Situation zu beruhigen. Die Aktie war am Freitag zwischenzeitlich auf 5,50 Euro gefallen und damit auf den tiefsten Stand seit 14 Jahren.

Dem Konzern stünden derzeit rund 300 Milliarden Euro zur Refinanzierung zur Verfügung. Darüber hinaus gebe es weitere Sicherheiten. Die Bonität liege deutlich über dem regulatorischen Minimum.

Weiteren Kapitalbedarf gebe es erst in den nächsten zwölf bis 18 Monaten, wenn der Großteil der übernommenen Aktivitäten von ABN Amro integriert werde. Dafür sollten die Verkaufserlöse verwendet werden. Für alle Bereiche, die für einen Verkauf in Frage kämen, gebe es bereits potenzielle Interessenten und Vereinbarungen.

© sueddeutsche.de/dpa/Reuters/tob/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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