Gemeinschaftswährung auf Rekordhoch:Hände weg vom Euro!

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Die europäische Devise ist stark wie nie. Die Industrie jault auf und prompt zeigen sich wieder die alten Reflexe: Die Politik will ein bisschen Notenbank spielen. Die Geschichte wird ignoriert und ökonomische Fakten werden verdreht.

Martin Hesse

Der Euro ist stark wie nie. Er steht für stabile Preise in der Euro-Zone - und ist jetzt im Vergleich zu Dollar, Yen und anderen wichtigen Währungen wertvoller denn je.

(Foto: Foto: AFP)

Doch auch auf dem Höhepunkt dieser Erfolgsgeschichte sind die alten Reflexe in Teilen der Politik noch immer lebendig. Nicolas Sarkozy, der neue französische Präsident, legt die alte Platte von der Notwendigkeit zur politischen Intervention auf.

Der starke Euro gefährde die Konjunktur in Europa, weil er Exporte in das Ausland verteure, argumentiert der Franzose. Deshalb solle die EZB gegensteuern und den Euro abwerten. Sarkozy fordert sogar eine stärkere Einmischung der Politik in die Entscheidungen der Notenbank. Sarkozys Attacken sind so unverständlich wie deplatziert.

Achteinhalb Jahre ist der Euro alt. Das ist für eine Währung keine lange Zeit. Doch die gemeinsame europäische Währung hat seit 1999 viele Bewährungsproben bestanden. Der Euro hielt den Anfeindungen seiner Kritiker nach der Einführung stand.

Er erholte sich von seiner Schwächephase der Jahre 1999 bis 2001. Die Europäische Zentralbank (EZB), die für die Stabilität der Währung zuständig ist, fand nach anfänglichen Schwierigkeiten ihre Linie. 2004 hatte der Euro schon einmal ein Hoch erreicht, obwohl die Verfassungskrise die Europäische Union vor existentielle Fragen stellte.

Doch der von Aktionismus getriebene französische Präsident ignoriert die Geschichte und verdreht die ökonomischen Fakten. Der Euro ist heute bei einem Wert von mehr als 1,37 Dollar keine Gefahr für den Aufschwung der europäischen Wirtschaft.

Unsicherheit in den USA

Warum steigt der Euro? Die Stärke der Währung spiegelt zweierlei wider: Erstens wächst die europäische Wirtschaft so schnell wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr. Anleger in aller Welt haben deshalb wieder Vertrauen in die Kraft des alten Kontinents gefasst und schleusen Kapital nach Europa. Anders ist - zweitens - die Situation in den USA.

Zwar läuft auch dort die Konjunktur noch gut, doch schneller als die Wirtschaft wächst derzeit die Unsicherheit. Der amerikanische Immobilienmarkt ist in eine tiefe Krise gerutscht, weil mehr und mehr Hausbesitzer ihre Kredite nicht bedienen können und zahllose Investoren sich verspekuliert haben. Ökonomen und Anleger fürchten, die Probleme könnten sich auf die gesamte US-Wirtschaft ausbreiten.

Investoren wenden sich daher von der amerikanischen Währung ab. Die Euro-Stärke ist vor allem eine Dollar-Schwäche, auch der japanische Yen und das britische Pfund haben gegenüber der US-Devise an Wert gewonnen. Auch die Aktienkurse in Deutschland fallen seit zwei Tagen nicht etwa deshalb steil nach unten, weil der starke Euro deutsche Unternehmen schwächt.

Vielmehr steht auch dahinter die Sorge, die Konjunktur in den USA und im Gefolge in anderen Teilen der Welt könnte sich abschwächen. Lange Zeit haben Anleger das Risiko verdrängt oder unterschätzt, dass Kredite auch mal ausfallen, Wachstum sich verlangsamt und Unternehmensgewinne schrumpfen. Jetzt beginnen sie, Risiken wieder anders wahrzunehmen.

In Europa aber sind diese Risiken zur Zeit geringer als in anderen Teilen der Welt. Deshalb steigt der Euro, deshalb ist es aber auch falsch, diesen Anstieg jetzt bremsen zu wollen. Europäische Unternehmen können Kurse von 1,37 Dollar und mehr verkraften.

Sie haben sich in den vergangenen Jahren restrukturiert und stehen im globalen Wettbewerb besser da als vor zwei Jahren, als der Euro schon einmal 1,36 Dollar kostete. Und selbst damals verhinderte die starke Währung nicht, dass sich Europas Wirtschaft von Jahr zu Jahr besser entwickelte.

Hinzu kommt, dass europäische Firmen heute weniger von Exporten in die USA abhängig sind als noch vor einigen Jahren. Ein wachsender Anteil der Ausfuhren bleibt in Europa oder geht in aufstrebende Regionen wie Asien, Lateinamerika und die Golfstaaten.

Sarkozy und seine Gesinnungsgenossen ignorieren zudem, dass Europa durch den Euro-Anstieg auch Vorteile hat. So fängt seine Stärke zum Teil die höheren Kosten für Öl und andere in Dollar gehandelte Rohstoffe auf, die Europa braucht und die sich zuletzt Rekordpreisen genähert haben.

So bremst der Euro die Inflation, ohne dass die EZB zu stark auf die Zinsbremse treten muss, um den Preisauftrieb zu stoppen. Und höhere Zinsen will ja gerade Sarkozy am wenigsten. Schlimmer als ein teurer Euro im Ausland ist aber ein Preisanstieg im Inland. So sehen es im Übrigen auch die Wähler, wie einst die leidige Teuro-Diskussion gezeigt hat.

Ein weiteres Argument spricht dagegen, in das freie Spiel der Wechselkurse einzugreifen. Keine Notenbank allein ist in der Lage, den Anstieg oder Verfall einer Währung zu stoppen, wenn Investoren, die Hunderte Milliarden Euro verwalten, den Kurs in eine bestimmte Richtung ziehen. Nur gemeinsam könnten die führenden Notenbanken den Kurs beeinflussen und sie sollten es tun, wenn der Dollar unkontrolliert und rasch verfällt. Das aber ist bislang nicht der Fall.

So wird Sarkozys Euro-Getöse im Sommerloch verhallen. Bislang hat die EZB jede politische Einmischung souverän ignoriert und gerade damit den Erfolg des Euro garantiert.

© SZ vom 12.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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