Geldanlage:Gute Geschäfte mit Steuerdifferenzen

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Geschlossene Fonds sind nicht immer seriös, doch viele Anlageberater empfehlen sie. Kunden sollten sich nichts aufschwatzen lassen.

W. Jaspert

Der Mann, nennen wir ihn Bodo Ballmer, ist Anlageberater. Er rät seinen Kunden gerne zu geschlossenen Fonds, weil er meint, sie seien eine legale Alternative zu illegaler Steuerflucht. Viele geschlossene Fonds sind so konstruiert, dass ihre Ausschüttungen nur minimal oder überhaupt nicht besteuert werden.

Ein beliebtes Steuersparmodell sind Schiffsfonds. (Foto: Foto: ddp)

Doch sie haben nicht selten Risiken oder Nebenwirkungen, die ebenso schwer vorhersehbar sind wie bei Medikamenten. Bei einem Termin mit Bodo Ballmer gewinnt der Kunde einen Eindruck, welche Risiken das sind.

Versteckte Risiken

Schwungvoll kommt Anlegerberater Ballmer auf einen Dubai-Fonds zu sprechen. Da sei nicht nur eine fantastische Rendite drin, er sei auch steuerfrei. "Der importiert die Null-Prozent-Besteuerung des Scheichtums am Persischen Golf nach Deutschland," sagt Ballmer. Er beendet den Satz mit "sozusagen". Kommt jetzt die schlechte Nachricht?

Es kommen drei! Erstens: Die Rechtssicherheit in Dubai und den anderen sechs Mitgliedern der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) werde zwar kontinuierlich besser, habe aber westliche Standards noch nicht erreicht. Zweitens: Die Nähe zu den Krisenregionen des Nahen Ostens sei ein Risiko. Drittens: Seit 2006 herrsche ein zähes Verhandlungsmarathon über ein neues Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und den Emiraten.

DBA sind völkerrechtliche Verträge, die verhindern, dass jemand, der in Staat A seinen Wohnsitz hat und in Staat B Einkünfte bezieht, mit diesen Einkünften in beiden Staaten - also doppelt - besteuert wird.

Für die Emittenten geschlossener Fonds ist das DBA-Verzeichnis mit mehr als 150 Einträgen ein Eldorado. Viele Staaten sind wegen hoher Grundfreibeträge oder niedriger Eingangssteuersätze geeignet, um von Deutschen genutzt zu werden.

Allerdings ist meist der Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen. Er wurde eingeführt, damit sich jemand, dessen Einkünfte einen großen Brocken steuerfreier Posten beispielsweise aus VAE-Fonds enthält, sich nicht ungeschoren der Steuerspirale nach oben (Progression) entziehen kann.

Im Fall von Dubai und den anderen Emiraten gibt es ein ganz anderes Problem: Wenn das Doppelbesteuerungsabkommen nicht verlängert wird, sind die Steuervorteile weg. Berater Ballmer sagt vorsichtig, er habe keine Ahnung, was am Ende bei den Verhandlungen zwischen den Staaten herauskomme. Alles sei möglich. Auch viele andere DBA liefen bald aus. Ziel des Bundesfinanzministeriums sei es, bei neuen DBA die alten Steuervorteile massiv zu kappen.

Große Unterschiede

Ballmer wechselt lieber das Thema. Er habe auch andere geschlossene Fonds, die etwas sicherer und unkomplizierter seien als Emirate-Fonds. Etwa einen Schiffsfonds. Da gelte die Tonnagesteuer. "Das ist so gut wie steuerfrei," sagt Ballmer.

Außerdem hätten inzwischen alle europäischen Küstenstaaten vergleichbare Steuermodelle eingeführt, so dass die deutsche Tonnagesteuer relativ sicher vor negativen Überraschungen durch den Fiskus sei.

Wieder zögert er, ehe er fortfährt: "Es ist nicht sicher, dass die erwarteten Verkaufspreise für das Schiff am Ende der Laufzeit erzielt werden können." Darin liege natürlich ein großes wirtschaftliches Risiko.

Die einen halten geschlossene Fonds für die Königsklasse aller Finanzprodukte, die anderen sehen in ihnen Abzockerpapiere, die in erster Linie den Wohlstand ihrer Initiatoren mehren sollen. Beide Seiten haben recht.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum steuerliche Aspekte inzwischen stärker in den Hintergrund treten.

Es gibt sehr gute Fonds, und sehr ungenügende. Wie gefährlich geschlossene Fonds seien können, zeigen die Insolvenzen des früheren Großinitiators Falk und des zu den Urgesteinen der Branche gehörenden Dr. Amann, der sich vor Jahren nach einer ersten Pleite in die Schweiz abgesetzt hat und dort mit seinem Finanzdienstleistungsunternehmen für geschlossene Fonds nochmal pleite ging.

Auch sorgen Berichte über Nachschusszahlungen, Rückabwicklungen oder die Aberkennung von Steuervorteilen immer wieder für Schlagzeilen. Aber selbst bei größtmöglicher Sorgfalt des Initiators kann es Probleme geben, wenn Gesetze rückwirkend geändert werden oder die Rechtsprechung für Turbulenzen sorgt, die nicht vorhersehbar waren.

Die Initiatoren haben im vorigen Jahr neues Anlegerkapital im Wert von 12,7 Milliarden Euro akquiriert und damit gegenüber 2006 ein Plus von 8,7 Prozent erzielt. Das hat Feri Rating & Research ermittelt.

Totalverlust muss verkraftbar sein

Bei zahlreichen Produkten fällt auf, dass deren Initiatoren mehr auf wirtschaftlich tragfähige Renditekonzepte setzen, während die viele Jahre lang dominierende Steuerorientierung in den Hintergrund rückt. Noch immer entfielen 2007 aber das Gros des Neugeschäfts auf Fonds, die sich entweder ganz oder teilweise der Besteuerung entziehen.

Neben Schiffsfonds waren das für 2,4 Milliarden Euro Fonds, die von Doppelbesteuerungsabkommen profitieren wollen, und für 729 Millionen Euro Lebensversicherungsfonds.

Freie Fondsvermittler verzichten oft von sich aus auf Ausgabenaufschläge. Neuerdings gehen auch immer mehr Initiatoren von Fonds dazu über, keine Ausgabenaufschläge mehr zu erheben. Deshalb fließt aber in aller Regel kein Cent mehr in das Investitionsobjekt.

Die Vertriebsprovisionen werden nur anders verteilt, länger gestreckt und hier und da auf Erfolgsabhängigkeit umgestellt. Im Internet finden sich Hinweise auf Ratingagenturen, die analysieren, ob ein geschlossener Fonds empfohlen werden kann oder nicht.

Die von der Stiftung Warentest herausgegebenen Warnliste des grauen Kapitalmarktes enthält gelegentlich die Firmennamen von Initiatoren, deren Produkte man besser meidet.

Anlageberater Ballmer gibt allen Kunden, die sich zum ersten Mal für geschlossene Fonds interessieren, zwei Ratschläge. Erstens: Finger weg von Finanzprodukten, die man nicht versteht. Zweitens: Stimmt das Konzept nicht, sind auch die schönsten Steuervergünstigungen für die Katz.

Trotz mancher Vorbehalte sollten gut benotete Fonds aber seiner Ansicht nach in keinem Portefeuille eines Geldanlegers fehlen, sofern er einen Totalverlust leicht wegstecken kann.

© SZ vom 01.08.2008/jpm/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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