Gebrauchte Häuser:Auf die Innereien achten

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Marode Gemäuer, feuchte Keller und schlecht isolierte Leitungen: Wer ein gebrauchtes Haus kaufen will, sollte sich vorher Expertenrat einholen - sonst könnten die Renovierungskosten explodieren.

Die Verwirklichung ihres Traums von den eigenen vier Wänden gehen Immobilieninteressenten unterschiedlich an. Während die einen lieber einen Neubau hochziehen, machen sich die anderen auf die Suche nach einem gebrauchten Haus. Das hat Vorteile: So stehen die Häuser meist in gewachsenen Umgebungen statt in kahlen Neubaugebieten. Nachbarschaft und Infrastruktur können vor dem Kauf inspiziert werden, und nicht zuletzt gibt es für die Renovierung eines Altbaus unter bestimmten Voraussetzungen Geld vom Staat.

Doch einfacher und mit weniger Risiken verbunden als ein Neubau ist der Kauf eines gebrauchten Hauses damit noch lange nicht. Damit sich das vermeintliche Traumhaus nicht als kostspieliges Sanierungsobjekt entpuppt, kommt es vor dem Kauf auf die richtige Einschätzung der Bausubstanz, der notwendigen Sanierungsarbeiten und der damit verbundenen Kosten an. Dafür sollten Kaufinteressenten die Hilfe von Experten in Anspruch nehmen.

Eigene Ziele definieren

Zunächst gilt es, sich über die eigenen Anforderungen klar zu werden, sagt Ulrich Zink vom Bundesarbeitskreis Altbauerneuerung (BAKA) in Berlin. Dabei ist unter anderem zu klären, welche Lage, wie viele Räume und welche Grundstücksgröße die Immobilie haben soll. Wichtig sei auch, die finanziellen Möglichkeiten auszuloten.

Schon in dieser Vorbereitungsphase sollten Kaufinteressenten Kontakte zu Sachverständigen knüpfen, die bei Besichtigungsterminen ohne langen Vorlauf eingeschaltet werden können, rät der Experte. Denn den Zustand eines älteren Hauses richtig einzuschätzen, funktioniere nicht auf eigene Faust. Laien könnten Mängel an der Bausubstanz viel zu leicht übersehen.

"Ein Experte hat dagegen ein Auge dafür", erklärt Wilm Andreesen, Bausachverständiger in Emden und Stralsund. Er wisse, welche Baufehler für welche Baujahre typisch sind und wo Schwachstellen liegen können. Außerdem weiß ein Experte, wonach er suchen muss, um etwa Feuchtigkeitsschäden im Keller oder Schädlingsbefall am Gebälk zu entdecken.

Nicht immer sind diese offensichtlich: Andreesen kennt Fälle, in denen Verkäufer feuchte Kellerwände überstrichen hatten. "Nach dem Kauf stand dann eine Kellersanierung für 50000 Euro an." Die Kosten für einen Experten sollten Interessenten nicht scheuen, sagt Zink: "Schlimmer wäre es, wenn man das falsche Haus kaufen würde und anschließend viel Geld in die Sanierung investieren müsste." Je nach Art der Beratung werden pro Stunde etwa 100 Euro fällig. Ein schriftliches Gutachten mit Fotos kann bis zu 1500 Euro kosten.

Vorher einen Fachmann fragen

Der Fachmann - das kann zum Beispiel auch ein Architekt oder Energieberater sein - sollte ausreichend Erfahrung besitzen und Aussagen über die "Weiterentwicklung" des Hauses treffen können. Das gilt vor allem dann, wenn Kaufinteressenten einen Umbau planen. Dabei sind eventuell Auflagen zu erfüllen; es können aber bei bestimmten Voraussetzungen auch staatliche Fördermittel beantragt werden.

Wichtige Fragen, die bei einer Hausbesichtigung zu klären sind, betreffen neben der Feuchtigkeit im Keller die Wärmedämmung sowie den Zustand der Heizung. "Es geht dabei um die Beurteilung der Energiekosten. Die werden in Zukunft steigen", sagt Andreesen.

Ulrich Zink empfiehlt, unbedingt auch Fenster, Dach, die Gebäudetechnik sowie die Ver- und Entsorgungsleitungen unter die Lupe zu nehmen. Wilm Andreesen achtet außerdem darauf, ob am Haus ein "Sanierungsstau" vorliegt: "Die Käufer müssen wissen: Was wurde schon am Haus gemacht und was stehen in den nächsten Jahren für Reparaturen an? Was müssen sie zum Kaufpreis noch ins Haus stecken?"

Um einige Sanierungsarbeiten kommen Käufer einer Bestandsimmobilie nicht herum, wenn diese ein bestimmtes Alter hat und privat genutzt werden soll, erklärt Martin Brandis, Energieberater bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Rietberg.

Blick auf die Energiebilanz

So schreibe die Energieeinsparverordnung (EnEV) vor, bei einem Eigentümerwechsel die oberste Geschossdecke zu dämmen, sofern das Dach zugänglich ist. Wurde der Kessel der Heizung vor 1978 eingebaut, muss er laut Brandis außer Betrieb genommen werden. Heizungs- und Warmwasserleitungen, die durch nicht beheizte Räume führen, sind mit Isolierung zu versehen.

Gegebenenfalls muss auch die Regelung von Heizungsanlage und Heizkörpern nachgerüstet werden. Die Kosten für das Dämmen einer Geschossdecke schätzt Brandis auf zehn bis 20 Euro pro Quadratmeter. Für den Austausch eines Heizkessels müssten 5000 Euro veranschlagt werden. "Wenn jemand den Hauskauf knapp finanziert, ist das unter Umständen von erheblicher Bedeutung."

Bei der Begutachtung eines gebrauchten Hauses sollten Kaufinteressenten mit dem Gutachter besprechen, welche Arbeiten sie selbst übernehmen können. Dadurch lassen sich Kosten sparen. So sind Abrissarbeiten durchaus in Eigenleistung möglich: "Den Putz runterklopfen kann jeder", sagt Zink. "Die Trockenlegung eines Kellers würde ich beispielsweise nie selber machen." Auch die Erneuerung der Elektro-Installation sei Aufgabe eines Fachmanns. Das Gutachten sollte darüber Auskunft geben, welche finanziellen Belastungen auf Hauskäufer zukommen.

© SZ vom 15.09.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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