Forward-Darlehen:Günstiges Baugeld auf Vorrat

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Das Forward-Darlehen sichert das aktuelle günstige Zinsniveau in die Zukunft.

Michael Brückner

(SZ vom 5.12.2001) Mit einem so genannten Forward-Darlehen können sich Immobilien-Eigentümer die derzeit niedrigen Zinsen sichern, selbst wenn die Anschlussfinanzierung erst in zwei oder drei Jahren notwendig wird. Doch die Rechnung geht nur bei steigenden Zinsen auf.

Schon geringer Zinsanstieg macht sich spürbar

Wohin geht der Zinstrend? Diese Frage treibt nicht nur die Profis an den Kapitalmärkten um, sondern vor allem Immobilien-Eigentümer, die in naher Zukunft eine Anschlussfinanzierung planen. Denn steigt die "Miete fürs Geld" nur um wenige Zehntel Prozentpunkte, können die Folgen beträchtlich sein. Bei einem Darlehen über 300.000 DM und zehnjähriger Laufzeit macht ein Zinsunterschied von 0,5 Prozent immerhin rund 20.000 DM aus.

Zinsentwicklung: Reine Spekulation

Ist es schon schwierig bis unmöglich, den Börsentrend der nächsten Monate halbwegs verlässlich einzuschätzen, so nimmt sich die Zinsentwicklung völlig unberechenbar aus. Allein zwischen Anfang und Ende November verteuerten sich die Hypothekendarlehen mit zehnjähriger Zinsfestschreibung um rund 0,4 Prozent. Dennoch ist klar: Die augenblicklichen Konditionen - im Schnitt zwischen 5,3 und 5,5 Prozent - erscheinen nach wie vor günstig. Das Volumen an Hypothekendarlehen, das nach dem Bauboom Anfang der neunziger Jahre 2000 unter das Niveau von 1996 zurückgefallen ist, könnte wieder anziehen, falls viele Häuslebauer zugreifen (Grafik).

Mag sein, dass die Zinsen weiter sinken, wenn die erhoffte Konjunkturbelebung auf sich warten lässt. Doch mit welchem Zinssatz der Haus- oder Wohnungseigentümer in zwei oder drei Jahren rechnen muss, vermag niemand einzuschätzen.

Günstigen Zins festhalten

Da liegt es nahe, sich die derzeit günstigen Konditionen zu sichern. Möglich ist dies mit Hilfe eines so genannten Forward- oder Vorratsdarlehens, wie es mittlerweile viele Banken, Direktbanken und Bausparkassen anbieten. Das Prinzip ist einfach: Die Kunden schließen bereits heute ein Forward-Darlehen in Höhe der Restschuld ab, die am Ende des laufenden Kredits fällig wird. Dabei sind sie nicht auf die bisher finanzierende Bank angewiesen. Vielmehr können sich die Immobilien-Eigentümer für ein Institut entscheiden, das für ihre Bedürfnisse die besten Konditionen bietet.

Wie das Forward-Darlehen bezahlt wird

Das Forward-Darlehen wird erst zum Zeitpunkt der fälligen Anschlussfinanzierung an die bisherige Bank überwiesen. Fortan zahlt der Kunde dem neuen Kreditgeber nur noch den Monate oder Jahre zuvor vereinbarten Zinssatz. "Das schafft eine langfristige Kalkulationsgrundlage", versprechen die Berater des Hypothekenmaklers Dr. Klein in Lübeck, der nach eigenen Angaben das System des Forward-Darlehens Mitte der neunziger Jahre entwickelt hat, um vielen kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen in Ostdeutschland aus der Zinsfalle zu helfen.

Konditionen für die Zusicherung

Mittlerweile sind Forward-Darlehen längst im Privatkundengeschäft eingeführt. Zins-Sicherheit gebe es allerdings nicht zum Nulltarif, heißt es bei den Lübecker Darlehensvermittlern. Tatsächlich zahlt der Kunde einen Aufschlag auf den vereinbarten Zinssatz von derzeit zwischen 0,02 und 0,035 Prozent pro Monat für die Zeit von der Vereinbarung des Forward-Darlehens bis zur Auszahlung.

Rechenbeispiel

Wird also schon heute ein solches Darlehen vereinbart und erst in drei Jahren in Anspruch genommen, beträgt der Zinszuschlag immerhin 0,9 Prozent (0,025 mal 36 Monate). Liegt der vereinbarte Zinssatz bei 5,3 Prozent, zahlt der Kunde somit 6,2 Prozent.

Dieses Beispiel zeigt: Auch mit einem Forward-Darlehen trägt der Kunde einen Teil des Zinsänderungsrisikos. Denn steigen die Hypothekenzinsen in der Zwischenzeit nicht auf mindestens 6,2 Prozent, hat er ein schlechtes Geschäft gemacht, die finanzierende Bank darf sich freuen. Umgekehrt gilt: Fällt die Anschlussfinanzierung in eine Hochzinsphase, ist der Kunde fein heraus. Er zahlt - entsprechend der vereinbarten Laufzeit - nicht mehr als 6,2 Prozent.

Alternative zur Umschuldung

Ein Forward-Darlehen kann eine sinnvolle Alternative zur Umschuldung eines laufenden Kredits sein, bei dem eine üppige Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wird; sofern die Bank die Kunden überhaupt aus den bestehenden Verträgen entlässt, was in der Regel an besondere Voraussetzungen wie etwa den anstehenden Verkauf der Immobilie gebunden ist.

Forward-Darlehen nicht immer sinnvoll

Dass ein Forward-Darlehen nicht in jedem Fall geeignet ist, räumen auch die Anbieter ein: "Das hängt neben der individuellen Situation vom aktuellen Stand der Baufinanzierungskonditionen und dem während der Forward-Laufzeit zu erwartenden Zinsanstieg ab", erläutert Franz Lücke, Baufinanzierungs-Experte der Allgemeinen Deutschen Direkt Bank, der mit steigenden Zinsen infolge einer konjunkturellen Belebung rechnet.

Wenig Sinn macht ein Forward-Darlehen jedoch, wenn der Immobilien- Eigentümer am Ende der Laufzeit seines alten Darlehens einen großen Teil des Restbetrags tilgen möchte, zum Beispiel aus der Ablaufleistung seiner Lebensversicherung. Denn aufgrund des dann geringeren Darlehensbetrags sinken die Zinsbelastungen selbst dann, wenn das Zinsniveau in der Zwischenzeit deutlich gestiegen ist.

Tipps für den Abschluss

Einige Anbieter locken Kunden mit Forward-Laufzeiten bis zu vier Jahren. Das freilich wird dann nicht nur teuer, vielmehr steigt mit der Zeit das Zinsänderungsrisiko. Niemand kann das Zinsniveau des Jahres 2005 auch nur tendenziell einschätzen.

Forward-Darlehen sollten daher maximal für zwei bis drei Jahre abgeschlossen werden. Beim Vergleich der Zinsausschläge gilt es, die Rahmenbedingungen zu beachten. Manche Anbieter gewähren Forward- Darlehen erst ab einer Mindesthöhe von 150.000 oder 200.000 DM. Bei den Zinsbindungsfristen gibt es ebenfalls erhebliche Unterschiede. Manche Banken garantieren den Zins drei, manche 15 Jahre lang. Sinnvoll und überschaubar erscheinen zehn Jahre.

Doch zu welchen Konditionen der Kunde auch immer abschließt, letztlich geht er eine Wette mit der Bank ein. Er setzt auf deutlich steigende Zinsen - und das Geldinstitut hält dagegen.

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