Finanzplatz unter Druck:Hedge-Fonds attackieren erneut Deutsche Börse

Lesezeit: 2 min

Großaktionär Atticus fordert einen sofortigen Umbau und eine höhere Ausschüttung bei der Deutschen Börse - deren Konzernchef Francioni befürchtet weniger Bewegungsfreiheit.

Martin Hesse

Knapp zwei Jahre nach dem Sturz des früheren Börsenchefs Werner Seifert setzen Hedge-Fonds auch seinen Nachfolger Reto Francioni unter Druck. Der Fonds Atticus verlangt, die Börse sofort in eine Holding umzuwandeln, um eine höhere Ausschüttung zu ermöglichen.

Blick auf das Parkett: Die Frankfurter Börse (Foto: Foto: dpa)

Der amerikanische Finanzinvestor teilte der Börse mit, er habe seinen Anteil erhöht und kontrolliere mittlerweile 11,68 (vorher 8,97) Prozent der Aktien.

Ihre Forderungen formulierten die Atticus-Manager Timothy Barakett und David Slager in einem offenen Brief an den Aufsichtsratschef der Deutschen Börse, Kurt Viermetz, wenige Stunden nach der Bilanzpressekonferenz der Börse. Dort hatte Francioni erklärt, der Vorstand prüfe eine Reorganisation mit dem Ziel höherer Ausschüttungen. Man müsse jedoch abwägen, ob man damit die strategische Flexibilität einschränke, etwa die Fähigkeit, Übernahmen zu tätigen.

Francionis Ankündigungen waren Atticus offenbar zu zögerlich. Atticus fordert, den Geschäftsbereich Clearstream - er umfasst die Abwicklung von Wertpapier-Transaktionen - sofort rechtlich von den Sparten Kassa- und Termingeschäft zu trennen und alle Bereiche unter einer Holding anzuordnen.

Parketthandel bedroht

Dadurch würde auf der Ebene der Holding Spielraum für höhere Ausschüttungen entstehen, weil allein Clearstream auf ein besseres Rating und damit mehr Kapital angewiesen ist. Außerdem verlangt Atticus den beschleunigten Rückkauf von 20 Prozent der Börsen-Aktien über ein spezielles Auktionsverfahren.

Der Hedge-Fonds widersprach kurz nach der Veröffentlichung des Briefes der Interpretation, der Investor fordere einen Verkauf von Clearstream. "Insofern stimmen wir damit überein, was das Management der Börse tun will. Wir ermutigen sie nur, es so schnell wie möglich zu tun", sagte der Sprecher von Atticus. Das Management der Börse will sich allerdings noch nicht festlegen und wiederholte in einer Reaktion auf den Brief Francionis Aussagen vom Vortag. Ein Sprecher der Börse sagte, die Optionen würden jetzt "mit Hochdruck" geprüft.

Unklar blieb am Freitag, wie viele der übrigen Aktionäre Atticus hinter sich hat. Ein Analyst, der damit nicht zitiert werden wollte, sagte, man könne fest davon ausgehen, dass auch die übrigen an der Börse beteiligten Hedge-Fonds wie Atticus eine rasche Umwandlung und Ausschüttung anstrebten.

Höhere Ausschüttungen in London umgesetzt

"Diese Fonds dürften 25 bis 30 Prozent der Aktien halten. Der Hedge-Fonds TCI, der vor zwei Jahren mit Atticus die Front gegene Francionis Vorgänger Seifert angeführt hatte, hielt zuletzt 10,06 Prozent der Aktien. TCI und Atticus hatten 2005 die Übernahme der London Stock Exchange (LSE) durch die Deutsche Börse verhindert und die Ausschüttung der zu diesem Zweck aufgefüllten Kriegskasse durchgesetzt.

Was die Hedge-Fonds bei der Deutschen Börse fordern, hat die LSE bereits umgesetzt. Die Londoner Börse, an der ebenfalls Hedge-Fonds beteiligt sind, hat sich in eine Holding umgewandelt und nach Einschätzung von Analysten das Potential für Ausschüttungen voll ausgereizt. Hedge-Fonds drängen in immer mehr Unternehmen auf eine geringere Eigenkapitalausstattung und eine höhere Verschuldung.

Bei dem Fotoentwickler Cewe Color fordert beispielsweise der Hedge-Fonds M2 Capital höhere Ausschüttungen. Der Deutsche-Börse-Aktionär TCI greift neuerdings auch die niederländische Großbank ABN Amro an. Dort gehen die Forderungen allerdings noch weiter, TCI will eine Aufspaltung. Dabei besitzt der Hedge-Fonds gerade nur ein Prozent der Aktien. Doch allein mit der Veröffentlichung der Forderungen löste TCI einen Kurssprung von sechs Prozent aus, der dem Fonds Millionengewinne eingebracht haben dürfte.

Die Deutsche Börse gerät noch aus einer anderen Richtung unter Druck. Der Kursmakler Renell hatte vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt gegen die Vergabe von Mandaten, den sogenannten Skontren, für Makler geklagt, bei der Renell nicht zum Zuge gekommen war. Das Gericht entscheidet am Dienstag darüber.

Bekommt Renell recht, könnte dies einen Tag nach der Eröffnung des neuen Handelssaals die vorläufige Schließung von Teilen des Parketthandels zur Folge haben. Betroffen wären 800 Aktien des amtlichen und geregelten Marktes. Die Börse erklärte, sie werde sämtliche Rechtsmittel ausschöpfen, um im Interesse der Anleger den Parketthandel weiterzuführen. Sie rechne zudem damit, dass das Land Hessen als Aufsichtsbehörde alle Maßnahmen ergreifen würde, um den Parketthandel fortzusetzen.

© SZ vom 24.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: